Saphirtraenen (Gesamtausgabe)
eine gute Wegbegleiterin sein.“
Tiefschwarze Augen fixieren die junge Ilyea.
„Alea.“
Die spitzen Ohren richten sich aufmerksam in Enyas Richtung.
„Du bist wunderschön.“
Als Antwort wird die Meer-Ilyea sanft gestupst. Ihre Miene hellt sich sichtlich auf. Die bevorstehende Reise scheint ihr auf einmal weniger schlimm, die Anwesenheit dieses magischen Wesens wirkt beruhigend auf sie.
In seiner Nähe scheint kein Leid geschehen, kein Hass bestehen zu können.
„Gib bitte gut auf sie Acht.“
„Selbstverständlich, Vater.“
„Hier, nimm noch das.“
Er drückt ihr einige Goldmünzen in die Hand und lächelt zaghaft.
„Danke.“
Unbeholfen schließt er sie kurz in die Arme, dann steckt sie das Geschenk in ihren Rucksack und schwingt sich auf den Rücken des fliegenden Pferdes. Ohne Umschweife erhebt Alea sich in die Lüfte.
Enya blickt nach unten, krallt sich mit einer Hand in der Mähne fest und winkt mit der anderem ihrem Vater, der immer kleiner zu werden scheint.
„Zuerst müssen wir das Diadem in Sicherheit bringen, Alea. Ich weiß nicht warum, schließlich können nur Mitglieder unserer Familie das Schmuckstück berühren. Aber Vater wird seine Gründe haben.“
Alea wiehert zustimmend und korrigiert ihre Flugbahn. Unter sich sieht Enya das glitzernde Meer dahinfliegen. Da ihr Volk sehr nah an der Küste lebt, haben sie ihre kleine Heimatinsel schnell hinter sich gelassen. Wogende Wellen funkeln im Sonnenlicht und entlocken der Ilyea einen Seufzer.
Sie betrachtet den azurblauen Himmel, der sich mit wenigen weißen Wolken schmückt. Die Sonne leuchtet grell und die andere Insel, auf der das Diadem versteckt wurde, liegt schon in Enyas Sichtfeld. Dunkelgrün hebt sie sich aus dem Meer wie ein schwimmender Smaragd. Dass der Frieden trügerisch ist, ist der Reisenden bewusst. Schon seit sie auf der Welt ist, erzählt ihr Vater ihr die Geschichten. Eigentlich wäre das die Aufgabe ihrer Mutter gewesen, doch diese starb bei Enyas Geburt. Da die Ilyea in der Naturheilkunde sehr bewandert sind, geschieht so etwas sehr selten. Sehr selten bedeutet aber nicht, dass es nie passiert und so war eines der wenigen Opfer die Frau des Dorfältesten. Laut den Geschichten des Dorferzählers veränderte sich Niall an diesem Tag.
Enya drückt ihr Gesicht in die warme Mähne Aleas. Sie hat den wahren Charakter ihres Vaters nie kennengelernt, nur jenen Mann, der vom Schicksal gebrochen wurde. Sehnsucht nach ihrer leiblichen Mutter ergriff sie selten. Dann, wenn sie die tiefe Trauer des Verlustes in den Augen ihres Vaters sah. Seine zerbrochene Seele.
Vorsichtig richtet Enya sich wieder auf.
„Wir landen dort vorne.“
Gehorsam lässt sich der Pegasus weiter nach unten sinken, bis seine Hufe den Strand berühren. Er galoppiert einige Schritte über den Sand und verringert dabei sein Tempo, bis er zum Stehen kommt.
Dankbar seinen Hals tätschelnd schwingt sich die Reiterin herab, stolpert und fällt in den weichen Sand. Enya richtet sich fluchend wieder auf und klopft die kleinen Körnchen von ihrem samtblauen Kleid. Das edle Kleidungsstück scheint ihr in diesem Moment hinderlich, fast lächerlich angesichts ihrer bevorstehenden Aufgabe. An Reisekleidung hat sie nicht gedacht. Sie schultert ihren Rucksack, in dem die wertvollen Münzen klimpern. Sobald sie das Festland erreicht, wird sie sich eine neue Ausstattung besorgen müssen.
Die junge Ilyea wirft einen kurzen Blick zurück auf das azurblaue Meer, dessen Wellen fordernd den Strand erklimmen zu scheinen. Vor ihr erhebt sich ein dichtbewachsener Wald. Zwischen den Bäumen wuchert Buschwerk. Ein wildes Gemisch aus verschiedenen Grüntönen, so weit das Auge reicht.
Zögernd macht sie wenige Schritte auf die unbekannte Vegetation zu, Alea treu an ihrer Seite. Die Sandkörner knirschen laut unter ihren Sandalen, aus dem Wald dringt ein einzelner Vogelruf. Der salzige Geruch des Meeres mischt sich mit dem nasser Blätter und feuchter Erde.
Energisch schiebt Enya einige Blätter und Zweige beiseite und bahnt sich einen Weg durch das Dickicht. Neben ihr trabt der Pegasus, unbeeindruckt und zielsicher. Fast glaubt die Ilyea, dass die Bäume dem magischen Tier freiwillig Platz machen.
Ein wenig neidisch schielt sie hinüber und übersieht dabei eine Wurzel, die aus dem Boden ragt. Mit einem leisen Aufschrei fällt sie auf den belaubten Boden. Geschockt bleibt sie für einige Augenblicke liegen, dann rappelt sie sich auf und zupft bräunliche Blätter
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