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Saphirtraenen (Gesamtausgabe)

Saphirtraenen (Gesamtausgabe)

Titel: Saphirtraenen (Gesamtausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Jaeger
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diesen alten Märchen?“
    Schaurige Bilder ziehen vor meinem inneren Auge vorbei. Schatten, dunkler als die Nacht. Tote Kinder, die von den alten Bäumen hängen. Ihr warmes Blut tropft auf die aufgesprungenen Wurzeln, welche den Lebenssaft mit einem schmatzenden Geräusch aufsaugen.
    „Natürlich nicht“, zische ich, doch die grausigen Bilder haben sich tief in mein Gedächtnis eingebrannt. Die Erzählungen Alriels waren immer sehr lebendig, aber der Reisende der einmal im Jahr Cad’e durchquerte konnte mit wenigen Wörtern farbige Bilder in die Nacht zaubern. Manchmal erzählte er von Burgen aus goldenen Steinen oder von glitzernden Feenfesten. Seine Vorliebe galt jedoch den Schauermärchen aus dem toten Wald. Ich lauschte immer seinen Geschichten, auch wenn seine dunklen Worte mich bis heute verfolgen.
    Ich ziehe meinen Umhang enger um meine Schulter und beschließe, Edan zu ignorieren. Die Äste der abgestorbenen Bäume malen Schatten auf den ausgedörrten Boden.
    Das Lith scheint sich in der Umgebung sichtlich wohl zu fühlen, denn es scheint noch schneller zu laufen. Vielleicht hat es auch Angst und möchte den Wald so schnell wie möglich hinter sich lassen.
    „Wir reisen nach Arg’e, richtig?“
    „Das stimmt.“
    „Dann müssen wir den Wald sowieso verlassen. Wieso nicht schon jetzt?“
    „Du hast doch Angst.“
    Ich werfe ihm einen wütenden Blick zu.
    „Und du hast keine Ahnung, wo wir uns befinden.“
    „Doch, die habe ich, kleine Prinzessin.“
    Erstaunt schaue ich ihn an. Unter seinen glasigen Augen liegen dunkle Schatten, sein Haar scheint jeden Glanz verloren zu haben.
    „Wir nähern uns der Grenze des Dämonenreiches.“
    Meine Nackenhaare stellen sich auf.
    „Wie meinst du das?“
    „Du kennst die Wahrheit hinter diesem toten Stück Land nicht. Ich hingegen schon.“
    Er atmet tief ein.
    „Der Wald grenzt im Westen an das Dämonenreich. Dort, wo der Erdmantel zu dünn war, um die Dämonen in ihrem Verlies zu knechten, spucken die Berge Feuer. Die Asche, die aus dem inneren des Dämonenverlieses dringt, wird vom Wind hierher geweht.“
    Unwillkürlich halte ich den Atem an und blicke nach oben. Der Himmel scheint grau, obwohl keine Wolke am Himmel ist.
    „Aber Asche ist doch gut für die Pflanzen, sie sollten hier gedeihen und...“, setze ich an.
    Edan lacht freudlos auf.
    „Diese Asche besteht aus dem Hass und den gestorbenen Träumen der Dämonen. Glaubst du wirklich, dass Pflanzen in diesem Gemisch die Nahrung finden, die sie brauchen?“
    Erneut schweift mein Blick umher und plötzlich scheinen die abgrundtiefen Hassgefühle der Dämonen allgegenwärtig. Sie lauern in den schwarzen Schatten, in den ausgedörrten porösen Stämmen der Bäume und in der toten Erde. Aus jeder Ritze und jedem Spalt dringen schwarze Gestalten, werden größer und greifen mit spinnenartigen Fingern nach mir.
    Erschrocken weiche ich zurück und blinzle. Der Wald ist wieder leblos, die schwarzen Gestalten verschwunden. Dennoch scheint ihre Aura bestehen zu bleiben und mir fällt das Atmen schwer.
    „Wir sind auf der Flucht vor einem Dämon und reiten mitten durch sein Reich?“
    „Es gehört allen Dämonen“, erinnert Edan mich zynisch, aber meine Angst kann er mir so nicht nehmen. Innerlich wünsche ich mir meine alten Gedanken zu diesem toten Landstrich zurück. Halbwahre düstere Märchen sind besser als eine tiefschwarze Wahrheit.
    „Bitte lass uns hier verschwinden. Ich habe ein ungutes Gefühl“, versuche ich es erneut. Edans Blick bringt mich sofort zum Schweigen, erstickt jede Hoffnung im Keim und erinnert mich daran, dass ich ihm auf Gedeih und Verderben ausgeliefert bin.
    „Na schön. Aber sag nachher nicht, ich hätte dich nicht gewarnt“, fluche ich und ziehe mir meine Kapuze über den Kopf, um die toten Bäume wenigstens für einige Augenblicke aus meinem Blickfeld zu verbannen.
    „Wir könnten auch endlich mal mit der versprochenen Lektion über Magie beginnen.“
    Edans Worte machen mich hellhörig und ich beäuge ihn misstrauisch.
    „Ja, das könnten wir.“
    Er schnalzt einmal laut mit der Zunge und das Lith kommt zum Stillstand.
    „Was...?“
    Der Halbdämon schwingt sich geschickt vom Rücken seines Tieres und schlängelt sich zwischen den Bäumen hindurch. Schließlich bückt er sich und kehrt mit einem toten Blatt zurück. Es ist völlig ausgedörrt und seine Ränder zerbröckeln, als Edan es mir vorsichtig in die Hand legt.
    „Mach es wieder grün.“
    Überrascht sehe

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