Saphirtraenen (Gesamtausgabe)
streiche überlege ich mir, ob ich dieses kostbare Schmuckstück einem Halbdämon ausliefern soll. Mein Herz möchte ihm noch immer vertrauen, aber ich habe es seit meiner Erkenntnis über den Grund meiner Gefühle in eine dunkle Ecke meines Körpers verbannt, so dass seine verzweifelte Stimme nur leise zu mir durchdringt. Ich überlege fieberhaft, wie ich aus dieser verfahrenen Situation entkomme, bis sich meine verkrampften Muskeln entspannen und ein Lächeln über mein Gesicht huscht. So einfach.
„Seit Anbeginn der Zeit besitzen wir diesen Ring und genau so lange hatten wir die Möglichkeit, ihn mit vielen Schutzzaubern zu belegen. Wie alle Schmuckstücke kann auch er nur von Angehörigen seines Elementes berührt werden.“
Alriels Stimme hallt in meinem Kopf wieder. Die Regelmäßigkeit mit der ich mich seit kurzem an ihre Unterrichtsstunden erinnere, überrascht mich selbst. Ein leises Kichern im Wind scheint mir mitteilen zu wollen dass es kein Zufall ist und der Wald schon öfter seine Erinnerungen mit mir teilte.
Ich schüttele den Kopf und schließe die Augen.
Der Ring. Ihn gilt es aus seinem Gefängnis zu befreien, damit er nicht Deargh in die Hände fällt. Mit aller Überzeugung die ich aufbringen kann drücke ich meine Hand fest gegen den Stamm. Das Holz bohrt sich unwirsch in meine Haut und ich stöhne ob des Schmerzes. Feste Rinde, keine Lücke öffnet sich.
„Bitte gib ihn frei“, flüstere ich und eine Träne der Verzweiflung rinnt über meine Wange.
„Bitte.“
„Warum sollte ich ihn dir überlassen, Tochter des Meeres?“, dröhnt es in meinem Kopf und ich zwinge mich, meine Hand weiterhin gegen den Baum zu drücken, anstatt sie erschrocken wegzuziehen.
„Weil ich auch deine Tochter bin“, presse ich zwischen meinen Zähnen hervor. Irgendetwas in mir sagt, dass ich die Hand auf keinen Fall von der Birke nehmen darf. Panisch wende ich all meine Kraft auf, um meinen Arm nicht sinken zu lassen.
„Das weiß ich. Aber nur zu einer Hälfte. In deinem Kopf lebe zwar ich, jedoch ruht in deinen Augen das Meer.“
Ich schlucke.
„Ein Dämon möchte kommen und den Ring stehlen. Ich muss ihn in Sicherheit bringen.“
Ein donnerndes Lachen ertönt und die Erde zittert.
„Denkst du wirklich, ein Kind des Feuers könne den Ring finden, geschweige denn berühren? Nein, er ist sicher. Hier in meinem Herzen. Zudem habe ich den Dämon schon längst entdeckt. Er ist hier. Und er ist schwach.“
Die Worte des Waldes lassen mich innerlich jubeln. Er hält Edan für schwach.
„Jedes Wesen ist schwach, denn sie erkennen nicht den wahren Sinn des Lebens.“
Bevor ich mich darüber wundern kann, dass der Wald meine Gedanken lesen kann, ermahne ich mich innerlich selbst. Mir war vorher bewusst, dass der Wald jeden Gedanken kennt, der unter seinem Blätterdach geboren wird.
„Dann weißt du auch über Deargh Bescheid.“
Zu meiner Überraschung schweigt der Wald für einige Augenblicke. Weder das Rascheln der Blätter noch das Zwitschern der Vögel ist zu hören.
„Ja“, antwortet er schließlich.
„Dann gib mir bitte den Ring. Ich muss ihn in Sicherheit bringen. Deargh hat unser Dorf überfallen und...“
„Denkst du, das weiß ich nicht?“, entgegnet der Wald empört.
„Er hat meine Kinder von mir genommen. Aber ich spüre, dass einige von ihnen noch leben.“
Ein Funken Hoffnung glimmt in meinem Herzen auf.
„Hoffe nicht zu sehr, meine Strahlende. Weder sind jene dabei, die du als Eltern kennst noch jene, die dir unter dem Namen Alriel bekannt ist.“
Die kleine Flamme erlischt als hätte man sie in strömenden Sommerregen gestellt und alleine gelassen.
„Dennoch könnte er einen von ihnen hierher bringen und ihn zwingen, ihm den Ring zu übergeben. Dann wäre der Zauber gebrochen, der ihn schützt“, versuche ich ihn zu überzeugen. Dass wieder einige Momente der Stille vorüberziehen zeigt mir, dass dieser Gedanke neu für den Wald ist.
„Du denkst wie ein Kind des Meeres“, bestätigt er meine Annahme und ich bin mir nicht sicher, ob es als Kompliment gemeint ist.
„Komplimente liegen im Auge des Betrachters“, antwortet er auf meine stumme Frage und ich lächle traurig. Wenn ich diese Verbindung schon früher gefunden hätte, hätte ich wenigstens einen Freund gehabt.
„Aber ich war doch immer bei dir, Niamh. An die freudig raschelnden Blätter bei deiner Geburt erinnerst du dich bestimmt nicht. Aber die blühenden Blumen in deiner Kindheit, den kleinen Vogel,
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