Saphirtraenen (Gesamtausgabe)
hinauf und begibt sich in sein Zimmer.
Ein muffiger Geruch schlägt ihm entgegen, als er den Schlüssel im Schloss dreht und die Tür öffnet.
Seine Unterkunft besteht aus einem einfachen Bett, das mit modrigem Stroh gefüllt ist, und einem klapprigen Holztisch, auf dem sich eine Schale mit abgestandenem Wasser befindet. Neben dem Gefäß steht zudem eine Laterne mit verschmierten Gläsern, in der eine Kerze brennt. Für jeden Menschen wäre dieses schummrige Licht nicht ausreichend, aber Cedric gehört dem Volk der Berg-Ilyea an und ist dunklere Behausungen gewohnt.
Vor dem zugenagelten Fenster hängen zerrissene Vorhänge, deren ehemals weiße Farbe man nur noch schwer erahnen kann. Silbernes Mondlicht ergießt sich durch die Lücken der Bretter, die Reisenden dürftigen Schutz vor der eisigen Kälte bieten.
Zur Sicherheit dreht Cedric den Schlüssel dreimal herum bevor er sich erschöpft dem Bett zuwendet. Sein Bündel, in dem sich neben frischen Kleidern auch Nahrung, Wasser und Geld befinden, benutzt er als Kopfkissen. Eine Decke benötigt er dank des warmen Mantels, den er anbehält, nicht.
Während er es sich auf seinem Nachtlager gemütlich macht, überlegt er, wo er die junge Ilyea, wegen der er hier ist, am besten abfängt. Jeder Wanderer, der ins Gebirge unterwegs ist, muss Arg’e durchqueren. Direkt hinter der Stadt beginnt der einzig begehbare Pass, der zu den Berg-Ilyea führt und hier ist die letzte Möglichkeit, sich Vorräte zu besorgen. Obwohl Cedric sich sicher sein sollte, dass sie hier vorbeikommen wird, lässt ihn das merkwürdige Gefühl nicht los, dass etwas schief gehen wird. Noch nie wurde jemand aus seinem Volk nach Arg’e geschickt, um ein Mischlinsgblut in das versteckte Dorf zu geleiten. Allein diese Tatsache bringt den sonst so besonnenen Ilyea ins Schwitzen und lässt ihn Ängste sehen wo keine sind. Seine bernsteinfarbenen Augen leuchten in der Dunkelheit während er vergebens versucht, Schlaf zu finden.
Entzückt lausche ich der warmen Melodie, die meinen Körper anfüllt. Bei jedem Ton glaube ich, dass sie nun die vollkommene Perfektion erreicht hat, doch jeder neue Ton erscheint mir wunderbarer als der Vorangegangene.
Ich schließe die Augen und die Musik malt mir ein Bild in die Finsternis. Ein kleiner Vogel mit braunrotem Gefieder sitzt auf einem knospenden Ast. Rosafarbene Blumen erblühen in der Baumkrone und die Sonnenstrahlen zeichnen helle Lichtpunkte ins Grün. Eine einsame Raupe kriecht den zerfurchten Baumstamm hinauf um sich dort zunächst in eine enge Hülle zu weben und später als farbenprächtiger Schmetterling in die Welt hinauszufliegen.
Am Fuß des Baumes windet sich ein glitzernder Bach, in dessen Mitte einige Steine die Wasseroberfläche durchbrechen. Auf einem dieser Kiesel sonnt sich ein rosafarbener Lurch. Seine glänzende Haut funkelt mit dem Fluss um die Wette.
„Wo ist er denn nun?“
Wütend öffne ich die Augen und starre Edan an. Dieser tigert seit einiger Zeit nervös hin und her während ich gemütlich auf dem Boden sitze, mich an einem sonnengewärmten Stein anlehne und der Musik des Rings lausche. Alles in mir schreit danach endlich das Schmuckstück zu finden und berühren zu dürfen. Ich möchte den Ursprung der wunderbaren Melodie fest an mein Herz pressen und nie wieder loslassen. Doch eine ganz leise Stimme in meinem Kopf möchte Edan leiden und warten sehen. Sie möchte diese Situation auskosten, in der ich und nicht er die komplette Kontrolle habe. Mir ist bewusst, dass meine Gefühle mehr als ungebührlich sind, aber das ist mir egal.
„Wenn du mich ständig unterbrichst, dauert es länger“, zische ich zurück und grinse innerlich triumphierend.
Mein Innerstes weiß schon lange, wo sich das kostbare Schmuckstück befindet. Der unscheinbare Baum mit der weißen Rinde und den tiefen Furchen schreit das Lied so laut heraus, dass ich mich wundere, wieso Edan es nicht selbst wahrnimmt, auch wenn er den Wald nicht in sich trägt. Die Blätter des Baumes scheinen im Rhythmus der Melodie zu zittern und der Boden unter meinen Füßen vibriert. Selbst die Vögel haben ihr Gezwitscher den sanften Tönen angepasst. Nach einer Weile der Stille erhebe ich mich schließlich, klopfe den Staub von meinen schwarzen Reiseumhang und gehe zielsicher auf die Birke zu.
Die letzten Strahlen der Sonne lassen sie orangerot erstrahlen, als wollen sie meine Eingebung bestätigen. Während ich mit meiner Hand sanft über die Rinde
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