Sara Linton 01 - Tote Augen
Autos gebraucht. Und die Prostituierten schienen jetzt fast zehn Jahre zu brauchen, um die Entscheidung zu treffen.
Schließlich schlenderte eines der Schulmädchen herüber. Sie beugte sich ins Auto, zog den Kopf aber ebenso schnell wieder zurück. » Ihhh«, machte sie. » Auf gar keinen Fall. Ich ficke keine Hunde.«
Will hielt einen Zwanzig-Dollar-Schein in die Höhe. » Ich suche Lola.«
Ihre Lippen zuckten, und sie schnappte sich schnell den Schein. » Ja, diese Schlampe fickt deinen Hund. Ist auf der Eighteenth. Am alten Postamt.«
» Danke.«
Das Mädchen schlenderte zur Gruppe zurück.
Will kurbelte das Fenster wieder hoch und wendete. Im Rückspiegel sah er die Mädchen. Das Schulmädchen hatte die zwanzig Dollar ihrer Aufpasserin gegeben, die sie wiederum an den Zuhälter weitergeben würde. Will wusste von Angie, dass die Mädchen das Geld so gut wie nie behalten durften. Die Zuhälter kümmerten sich um Unterkunft, Essen und Kleidung. Die Mädchen mussten nichts anderes tun, als jede Nacht ihr Leben und ihre Gesundheit zu riskieren und jeden Freier, der mit genügend Kohle auftauchte, über den Tisch zu ziehen. Es war moderne Sklaverei, was einer gewissen Ironie nicht entbehrte, wenn man sich überlegte, dass fast alle Zuhälter Schwarze waren.
Will bog auf die Eighteenth Street ein und fuhr langsam an eine unter einer Straßenlaterne geparkte Limousine heran. Der Fahrer saß hinter dem Steuer und hatte den Kopf in den Nacken gelegt. Will wartete ein paar Minuten, dann tauchte ein Kopf aus dem Schoß des Mannes auf. Die Tür ging auf, und die Frau versuchte auszusteigen, aber der Mann streckte die Hand aus und packte sie an den Haaren.
» Scheiße«, murmelte Will und sprang aus dem Auto. Er schloss mit der Fernbedienung seinen Wagen ab, während er zu der Limousine rannte und die Tür aufriss.
» Was soll die Scheiße?«, schrie der Mann, der die Frau noch immer an den Haaren festhielt.
» Hey, Baby«, sagte Lola und streckte Will die Hand entgegen. Er nahm sie, ohne nachzudenken, und sie stieg so schnell aus, dass der Mann ihre Perücke in der Hand hielt. Er fluchte und warf sie auf die Straße und fuhr dann so schnell los, dass die Tür von allein zufiel.
Will sagte zu Lola: » Wir müssen reden.«
Sie bückte sich nach der Perücke. » Ich arbeite hier.«
Will versuchte es auf eine andere Art. » Wenn du das nächste Mal Hilfe brauchst …«
» Angie hat mir geholfen, nicht du.« Sie zupfte an ihrem Rock. » Hast du die Nachrichten gesehen? Die Bullen haben in dem Penthouse genug Koks gefunden, um die ganze Welt zum Singen zu bringen. Ich bin eine verdammte Heldin.«
» Balthazar kommt wieder in Ordnung. Das Baby.«
» Baltha-was?« Sie verzog das Gesicht. » Mann, der Junge hatte ja kaum eine Chance.«
» Du hast dich um ihn gekümmert. Er hat dir etwas bedeutet.«
» Ja, ja.« Sie setzte sich die Perücke wieder auf. » Ich habe zwei Kinder, weißt du. Hab sie im Knast bekommen. Konnte ein bisschen Zeit mit ihnen verbringen, bevor der Staat sie mir wegnahm.« Ihre Arme waren knochendünn, und das erinnerte Will an die Thinspo-Videos, die sie in Paulines Computer gefunden hatten. Diese Mädchen hungerten freiwillig, weil sie dünn sein wollten. Lola hungerte, weil sie sich nicht genug Essen leisten konnte.
» So«, sagte er und schob ihr die Perücke zurecht.
» Danke.« Sie setzte sich in Bewegung, wollte zurück zu ihrer Gruppe etwas weiter unten an der Straße. Es war die übliche Mischung aus Schulmädchen und Flittchen, aber das hier waren ältere, abgebrühte Frauen. Je höher die Straßennummern, umso härter wurde normalerweise die Szene. Bald würden Lola und ihre Truppe an der Twenty-first stehen, eine Straße, die so übel war, dass das örtliche Polizeirevier immer wieder Krankenwagen losschicken musste, um Frauen aufzulesen, die während der Nacht gestorben waren.
Er sagte: » Ich könnte dich wegen Verdunkelung verhaften.«
Sie ging weiter. » Könnte ganz nett sein im Knast. Ist heute Nacht ziemlich kühl.«
» Wusste Angie über das Baby Bescheid?«
Sie blieb stehen.
» Sag es mir einfach, Lola.«
Sie drehte sich langsam um und gab die Antwort, die er hören wollte. » Nein.«
» Du lügst.«
Ihr Gesicht blieb ausdruckslos. » Ist er wirklich okay? Der Junge, meine ich.«
» Er ist jetzt bei seiner Mutter. Ich glaube, er kommt wieder in Ordnung.«
Sie wühlte in ihrer Handtasche und zog ein Päckchen Zigaretten und Streichhölzer heraus. Er wartete, bis
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