Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sara Linton 01 - Tote Augen

Sara Linton 01 - Tote Augen

Titel: Sara Linton 01 - Tote Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
Vom Netzwerk:
war.«
    » Beschreiben Sie mir jeden Schritt, den Sie unternommen haben.«
    Will hatte ihr das Wichtigste bereits am Telefon gesagt, aber jetzt berichtete er ihr noch einmal, wie er die Sperrholzplatte gefunden hatte und in das Loch hinabgestiegen war. Nun ging er bei der Beschreibung der Kaverne mehr ins Detail, versuchte, ihr ein Gefühl für die Atmosphäre zu vermitteln, ohne ihr zu verraten, dass er dort unten noch mehr Grauen empfunden hatte als Charlie Reed. » Die Latten auf der Pritsche waren von unten zerkratzt«, sagte er. » Das zweite Opfer – es musste sich die Hände befreit haben, damit es diese Spuren hinterlassen konnte. Der Täter hatte ihm die Hände sicher gefesselt, wenn es dort unten allein war, weil es sich sonst hätte befreien und fliehen können.«
    » Sie glauben wirklich, dass er eine Frau unter und eine auf der Pritsche gefangen hielt?«
    » Genau das glaube ich.«
    » Wenn sie beide gefesselt waren und eine es schaffte, an ein Messer zu kommen, dann wäre es plausibel, dass die Frau unten es versteckte und sie beide warteten, bis der Entführer wieder verschwunden war.«
    Will erwiderte nichts. Amanda konnte sarkastisch und kleinlich und unverblümt gemein sein, aber auf ihre Art war sie auch fair, und er wusste, dass sie, sosehr sie sich über sein Bauchgefühl auch lustig machte, im Lauf der Jahre gelernt hatte, ihm zu vertrauen. Er kannte sie jedoch viel zu gut, um von ihr so etwas wie Lob zu erwarten.
    Sie hatten die Straße erreicht, an der Will vor vielen Stunden seinen Mini abgestellt hatte. Inzwischen dämmerte es, aus der Blauschattierung des Lichts waren Sepia-Töne geworden. Dutzende von Streifenwagen des Rockdale County sperrten das Gebiet ab. Noch immer wimmelte es von Männern, doch man spürte keine Dringlichkeit mehr. Auch die Medien waren irgendwo da draußen, und Will sah einige Hubschrauber, die über ihren Köpfen schwebten. Für Aufnahmen war es noch zu dunkel, das hielt sie wahrscheinlich aber nicht davon ab, über jede Bewegung zu berichten, die sie unten auf dem Boden sahen – oder zumindest über das, was sie zu sehen glaubten. Genauigkeit hatte nicht unbedingt höchste Priorität, wenn man vierundzwanzig Stunden pro Tag Nachrichten liefern musste.
    Will hielt Amanda die Hand hin, um ihr vom Bankett herunterzuhelfen, als sie auf der anderen Seite in den Wald gingen. In der Gegend waren Hunderte von Helfern, einige aus anderen Countys, alle in Gruppen eingeteilt. GEMA , die Georgia Emergency Agency, die Behörde, die Notfalleinsätze organisierte, hatte das zivile Hunde-Corps gerufen, Leute, die ihre Hunde auf Leichensuche trainiert hatten. Die Hunde hatten schon vor Stunden aufgehört zu bellen. Die meisten Freiwilligen waren nach Hause gegangen. Jetzt waren vorwiegend noch Polizisten hier, Leute, die keine andere Wahl hatten. Irgendwo da draußen war auch Detective Fierro und verfluchte Will.
    Amanda fragte: » Wie geht es Faith?«
    Die Frage überraschte ihn, andererseits hatte Amanda aber eine Verbindung zu Faith, die mehrere Jahre zurückreichte. » Gut«, sagte er und deckte ganz automatisch seine Partnerin.
    » Ich habe gehört, sie ist ohnmächtig geworden.«
    Er spielte den Überraschten. » Haben Sie?«
    Amanda schaute ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. » Sie sieht in letzter Zeit nicht besonders gut aus.«
    Will nahm an, dass sie die Gewichtszunahme meinte, die ein bisschen viel war für ihre zierliche Gestalt, aber er hatte heute herausgefunden, dass man über das Gewicht einer Frau nicht sprach, vor allem nicht mit einer anderen Frau. » Für mich scheint sie ganz in Ordnung zu sein.«
    » Sie wirkt reizbar und abgelenkt.«
    Will sagte nichts, weil er nicht wusste, ob Amanda sich wirklich Sorgen machte oder nur wollte, dass er tratschte. Es stimmte allerdings, Faith war in letzter Zeit wirklich reizbar und abgelenkt gewesen. Er arbeitete lange genug mit ihr, um ihre Launen zu kennen. Meistens war sie ausgeglichen. Einmal im Monat, immer ungefähr zur selben Zeit, hatte sie für ein paar Tage eine Handtasche bei sich. Ihr Ton wurde dann etwas schnippisch, und sie bevorzugte Radiosender, auf denen Frauen zu akustischer Gitarre sangen. Will wusste, dass er sich besser für alles entschuldigte, was er sagte, bis sie ihre Tasche nicht mehr trug. Amanda würde er das zwar nie sagen, aber er musste zugeben, dass in letzter Zeit jeder Tag so wirkte wie ein Handtaschentag.
    Amanda streckte die Hand aus, und er half ihr über einen umgestürzten

Weitere Kostenlose Bücher