Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sara Linton 01 - Tote Augen

Sara Linton 01 - Tote Augen

Titel: Sara Linton 01 - Tote Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
Vom Netzwerk:
auf die Knie. » Ich will deine Mutter finden.«
    Felix schluckte, als wollte er seinen Kummer hinunterwürgen. » Der große Mann hat sie mitgenommen.«
    Will wusste, dass für ein Kind alle Erwachsenen groß waren. Er richtete sich auf und fragte: » So groß wie ich?«
    Zum ersten Mal, seit Will den Raum betreten hatte, schaute Felix ihn an. Er schien über die Frage nachzudenken und schüttelte dann den Kopf.
    » Was ist mit dem anderen Detective, der eben hier war – dem Stinker. War der Mann so groß wie er?«
    Felix nickte.
    Will versuchte, es langsam, beiläufig anzugehen, damit Felix weiter Fragen beantwortete, ohne das Gefühl zu bekommen, er würde verhört. » Hatte er Haare wie ich, oder waren sie dunkler?«
    » Dunkler.«
    Will nickte und kratzte sich das Kinn, als würde er über mehrere Möglichkeiten nachdenken. Kinder waren berüchtigt unzuverlässige Zeugen. Sie wollten den Erwachsenen, die sie befragten, gefallen, oder sie waren so empfänglich für Einflüsterungen, dass man ihnen praktisch jede Idee in den Kopf setzen konnte und sie schwören würden, dass es tatsächlich so passiert war.
    Will fragte: » Was war mit seinem Gesicht? Hatte er Haare im Gesicht? Oder war es glatt wie meines?«
    » Er hatte einen Schnurrbart.«
    » Hat er mit dir gesprochen?«
    » Er hat mir gesagt, dass meine Mommy gesagt hat, ich soll im Auto bleiben.«
    Will ging sehr behutsam vor. » Trug er eine Uniform wie ein Hausmeister oder ein Feuerwehrmann oder ein Polizist?«
    Felix schüttelte den Kopf. » Ganz normale Klamotten.«
    Will spürte, wie ihm die Hitze ins Gesicht stieg. Er wusste, dass Sara ihn anstarrte. Ihr Ehemann war Polizist gewesen. Die Implikation gefiel ihr mit Sicherheit nicht.
    Will fragte: » Was für eine Farbe hatten seine Sachen?«
    Felix zuckte mit den Achseln, und Will fragte sich, ob der Junge jetzt keine Lust mehr hatte zu antworten oder ob er sich wirklich nicht erinnerte.
    Felix zupfte an der Kante seines Buchs. » Er hatte einen Anzug wie Morgan an.«
    » Morgan ist ein Freund von deiner Mommy?«
    Er nickte. » Er ist bei ihr in der Arbeit, aber sie ist wütend auf ihn, weil er lügt und versucht, sie in Schwierigkeiten zu bringen, aber das wird sie sich nicht gefallen lassen wegen des Safes.«
    Will fragte sich, ob Felix einige Telefongespräche mitbekommen hatte oder ob Pauline McGhee eine Frau war, die mit einem sechsjährigen Jungen über ihre Probleme sprach. » Erinnerst du dich sonst noch an was über den Mann, der deine Mommy mitgenommen hat?«
    » Er hat gesagt, er tut mir was, wenn ich irgendjemandem von ihm erzähle.«
    Will machte eine unbewegte Miene wie Felix. » Du hast keine Angst vor dem Mann«, sagte er, keine Frage, sondern eine Feststellung.
    » Meine Mommy sagt, sie wird nie zulassen, dass mir jemand was tut.«
    Er wirkte so selbstsicher, dass Will nicht anders konnte, als großen Respekt zu empfinden vor Pauline McGhees elterlichem Geschick. Will hatte schon viele Kinder befragt, und viele von ihnen hatten zwar ihre Eltern geliebt, aber nur wenige diese Art von blindem Vertrauen gezeigt.
    Will sagte: » Sie hat recht. Niemand wird dir was tun.«
    » Meine Mommy wird mich beschützen«, beharrte Felix, und Will wunderte sich allmählich über seine Sicherheit. So etwas sagte man einem Kind nicht so nachdrücklich, außer man hatte eine reale Angst, die man bekämpfen wollte.
    Will fragte: » Hat sich deine Mom Sorgen gemacht, dass jemand dir was tun könnte?«
    Felix zupfte wieder an dem Buchumschlag. Dann nickte er fast unmerklich.
    Will wartete, er wollte die nächste Frage nicht zu überstürzt stellen. » Vor wem hatte sie Angst, Felix?«
    Er antwortete leise, seine Stimme war fast nur ein Flüstern. » Vor ihrem Bruder.«
    Ein Bruder. Das konnte also doch eine Art Familienzwist sein. Will fragte: » Hat sie dir gesagt, wie er heißt?«
    Er schüttelte den Kopf. » Ich habe ihn nie gesehen, aber er ist schlecht.«
    Will schaute den Jungen an und überlegte, wie er die nächste Frage formulieren sollte. » Schlecht inwiefern?«
    » Gemein«, sagte Felix. » Sie hat gesagt, er ist gemein, und sie wird mich vor ihm beschützen, weil sie mich mehr liebt als sonst jemanden auf der Welt.« Sein Tonfall hatte nun etwas Endgültiges, als sei das alles, was er zu diesem Thema sagen wollte. » Kann ich jetzt nach Hause?«
    Will hätte sich lieber ein Messer in die Brust rammen lassen, als diese Frage beantworten zu müssen. Er schaute Sara hilfesuchend an, und sie

Weitere Kostenlose Bücher