Sara Linton 01 - Tote Augen
als die Männer.«
Er wusste, dass sie das wahrscheinlich über Amanda dachte. » Vielleicht hat genau das unseren Mörder motiviert. Er ist wütend, dass diese Frauen erfolgreich sind und in ihrem Leben keine Männer brauchen.«
Faith verschränkte die Arme und dachte darüber nach. » Vielleicht ist das sein Trick: Er sucht sich zwei Frauen aus, die nicht vermisst werden, Anna und Jackie Zabel. Eigentlich drei Frauen, wenn man Pauline McGhee dazuzählt.«
» Sie hat lange braune Haare und braune Augen wie die anderen beiden Opfer. Normalerweise haben diese Kerle ein Muster, bevorzugen einen bestimmten Typ.«
» Jackie Zabel war erfolgreich. Sie haben gesagt, dass Anna gut betucht ist. McGhee fährt einen Lexus und ist alleinstehende Mutter, was, glauben Sie mir, nicht einfach ist.« Sie verstummte kurz, und er fragte sich, ob sie an Jeremy dachte. Faith ließ ihm nicht die Zeit, nachzuhaken. » Prostituierte umzubringen, das ist eine Sache – das kann man fünf oder sechs Mal machen, bevor es irgendjemandem auffällt. Er hat es auf Frauen abgesehen, die wirklich Macht in der Welt haben. Wir können deshalb davon ausgehen, dass er sie beobachtet hat.«
Daran hatte Will noch gar nicht gedacht, aber wahrscheinlich hatte sie recht.
Faith fuhr fort: » Vielleicht betrachtet er es als Teil der Jagd – sie auskundschaften, sich mit ihrem Leben vertraut machen. Er verfolgt sie, und dann verschleppt er sie.«
» Wovon reden wir dann hier – von einem Kerl, der für eine Frau arbeitet, die er nicht besonders mag? Einem Einzelgänger, der sich von seiner Mutter im Stich gelassen fühlt? Einem gehörnten Ehemann?« Will brach diesen Versuch eines Profils ihres Verdächtigen lieber ab, weil ihn das Gefühl beschlich, dass die Charakteristika ein bisschen zu sehr auf ihn selbst zutrafen.
» Es kann irgendeiner sein«, sagte Faith. » Das ist das Problem – es kann irgendeiner sein.«
Will spürte die Frustration, die er in ihrer Stimme hörte, auch selbst. Sie wussten beide, dass der Fall allmählich einen kritischen Punkt erreichte. Entführungen von Fremden waren Verbrechen, die am schwierigsten aufzuklären waren. Die Opfer wurden für gewöhnlich willkürlich ausgesucht, der Entführer war ein erfahrener Jäger, der seine Spuren sehr gut verwischen konnte. Dass Will gestern Nacht die Höhle gefunden hatte, war reines Glück gewesen, aber er musste auch darauf hoffen, dass der Entführer schlampig wurde; zwei seiner Opfer waren ihm entwischt. Vielleicht war er verzweifelt, nicht mehr Herr seiner Sache. Das Glück musste auf ihrer Seite sein, wenn sie ihn fangen wollten.
Will steckte sich das Handy wieder in die Tasche. Weniger als zwölf Stunden waren vergangen, und sie standen so gut wie vor einer Wand. Wenn Anna nicht aufwachte, wenn Felix ihnen keinen soliden Hinweis geben konnte oder die Tatorte keine Spur ergaben, die sie verfolgen konnten, dann standen sie noch immer am Anfang und konnten nichts anderes tun, als abzuwarten, bis eine dritte Leiche auftauchte.
Faith dachte offensichtlich über dasselbe Problem nach. » Für eine neue Gefangene bräuchte er jetzt ein neues Versteck.«
» Ich glaube nicht, dass es wieder eine Höhle ist«, sagte Will. » Das Graben war sicher ziemlich aufwändig. Ich hätte mich beinahe umgebracht, als ich letzten Sommer dieses Loch für den Teich in meinem Garten aushob.«
» Sie haben einen Teich in Ihrem Garten?«
» Koi«, erläuterte er. » Ich habe zwei ganze Wochenenden gebraucht.«
Sie schwieg einige Augenblicke, als würde sie über seinen Teich nachdenken. » Vielleicht hatte unser Verdächtiger ja Hilfe beim Graben der Höhle.«
» Serienmörder arbeiten normalerweise allein.«
» Was ist mit diesen beiden Typen in Kalifornien?«
» Charles Ng und Leonard Lake.« Will kannte den Fall, vorwiegend weil es eine der längsten und teuersten Ermittlungen in der Geschichte Kaliforniens gewesen war. Lake und Ng hatten in den Hügeln einen Bunker aus Schlackesteinen gebaut und die Kammer mit Folterinstrumenten und anderen Gerätschaften ausgestattet, die sie brauchten, um ihre kranken Fantasien auszuleben. Sie hatten sich gegenseitig dabei gefilmt, wie sie sich über ihre Opfer hermachten – Männer, Frauen und Kinder, von denen einige nie identifiziert wurden.
Faith fuhr fort: » Auch die Hillside Stranglers haben zusammengearbeitet.«
Die beiden Cousins hatten es auf Frauen am Rand der Gesellschaft abgesehen gehabt, Prostituierte und Ausreißerinnen.
Will
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