Sara Linton 01 - Tote Augen
betteln. Ich kenne nicht einmal ihre Telefonnummern. Verstanden?« Er ließ ihr keine Zeit für eine Antwort. Er schaltete ab und legte das Handy behutsam auf den Schreibtisch. Das Klebeband löste sich, die Schnur lockerte sich. Er hatte Angie gebeten, ihm mit dem Handy zu helfen, bevor sie ging, aber wie viele Dinge, die Will betrafen, war das für sie nicht sonderlich wichtig gewesen.
Er schaute auf seine Hand hinunter, den Ehering am Finger. War er blöd oder einfach nur erbärmlich? Er konnte es nicht mehr unterscheiden. Er würde wetten, dass Sara Linton nicht die Frau war, die in einer Beziehung eine solche Scheiße abzog. Allerdings würde Will auch wetten, dass Saras Ehemann nicht der Schlappschwanz gewesen war, der sich so etwas gefallen lassen hätte.
» O Gott, ich hasse Autopsien.« Faith, die noch immer ziemlich blass war, zwängte sich in sein Büro. Will wusste, dass sie Autopsien hasste – es war eine offensichtliche Abneigung –, aber nun hörte er zum ersten Mal, dass Faith es tatsächlich zugab. » Caroline hat mir eine Nachricht auf dem Handy hinterlassen.« Sie meinte Amandas Assistentin. » Wir dürfen mit Joelyn Zabel nur in Anwesenheit eines Rechtsberaters sprechen.«
Jackie Zabels Schwester. » Will sie die Abteilung wirklich verklagen?«
Sie stellte ihre Handtasche auf den Schreibtisch. » Sobald sie in den Gelben Seiten einen Anwalt gefunden hat. Gehen wir?«
Er schaute auf die Zeitangabe auf seinem Computer. Sie sollten die Coldfields in einer halben Stunde treffen, aber die Tagesstätte war weniger als zehn Minuten entfernt. » Reden wir lieber noch ein bisschen über das Ganze«, schlug er vor.
An der Wand lehnte ein Klappstuhl, und Faith musste die Tür schließen, bevor sie sich setzen konnte. Ihr eigenes Büro war nicht viel größer als Wills, aber man konnte wenigstens die Beine ausstrecken, ohne an eine Wand zu stoßen. Will wusste nicht recht, wieso, aber irgendwie landeten sie immer in seinem Büro. Vielleicht, weil Faiths Büro früher eine Vorratskammer gewesen war. Es hatte kein Fenster, und auch jetzt noch roch es nach Duftstein und WC -Reiniger. Als sie zum ersten Mal die Tür geschlossen hatte, wären sie fast ohnmächtig geworden.
Faith nickte in die Richtung des Computers. » Was haben Sie?«
Will drehte den Monitor so, dass Faith Amandas E-Mail lesen konnte.
Mit finsterer Miene starrte Faith den Monitor an. Er hatte den Bildschirmhintergrund auf ein leuchtendes Pink eingestellt, und die Schrift war marineblau, was es für ihn aus irgendeinem Grund einfacher machte, die Buchstaben zu lesen. Vor sich hinmurmelnd korrigierte sie die Farbeinstellungen und zog dann die Tastatur zu sich, damit sie eine Antwort eintippen konnte. Will hatte sich beschwert, als sie das zum ersten Mal gemacht hatte, aber in den letzten Monaten hatte er begriffen, dass Faith schlicht und einfach nur herrisch war, egal, mit wem sie es zu tun hatte. Vielleicht wurde man so, wenn man schon mit fünfzehn Jahren ein Kind bekam, vielleicht war es aber einfach nur eine Veranlagung, auf jeden Fall fühlte sie sich erst wohl, wenn sie alles selbst in die Hand nehmen konnte.
Da Jeremy jetzt auf dem College und Victor Martinez offensichtlich von der Bildfläche verschwunden war, bekam Will die volle Wucht ihres Dominanzverhaltens ab. Andererseits verhielt sich Angie Will gegenüber genauso, und er schlief mit ihr. Wenn sie gerade mal da war.
Faith sagte: » Den Autopsiebericht zu Jacquelyn Zabel sollte Amanda inzwischen auf dem Tisch haben.« Sie tippte, während sie sprach. » Was haben wir? Keine Fingerabdrücke, keine Spuren, mit denen wir arbeiten könnten. Jede Menge DNS in Sperma und Blut, aber bis jetzt keine Übereinstimmungen. Keine Identifikation oder wenigstens einen Familiennamen zu Anna. Ein Angreifer, der seine Opfer blendet, ihnen die Trommelfelle zerfetzt, sie Drano trinken lässt. Die Mülltüten – Scheiße, das kapiere ich einfach überhaupt nicht. Er foltert sie mit weiß Gott was allem. Einer wurde eine Rippe entfernt …« Sie drückte auf die Cursor-Rücktaste, um etwas in einer früheren Zeile einzufügen. » Zabel wäre wahrscheinlich als Nächstes dran gewesen.«
» Das Aspirin«, sagte Will. Die Menge an Aspirin, die man in Jacquelyn Zabels Magen gefunden hatte, war zehnmal mehr, als ein normaler Mensch nehmen würde.
» Nett von ihm, dass er ihnen etwas gegen die Schmerzen gibt.« Faith ließ den Cursor zum Ende des Textes wandern. » Können Sie sich das
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