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Sara

Sara

Titel: Sara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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größeren Anteil an dem Verfahren nahm, als er erwartet hatte, aber es schien ihn nicht zu stören. Er war ein verschlafen dreinschauender Mann mit dem traurigen, vertrauenerweckenden Gesicht eines Bluthunds. »Dies ist kein Gerichtssaal, und Sie führen kein Kreuzverhör durch.«
    »Ich muß an das Wohlergehen des kleinen Mädchens denken«, sagte Durgin. Er hörte sich anmaßend und bescheiden an, eine Mischung, die zusammenpaßte wie Schokoladensauce auf Maisbrei. »Das ist eine Verantwortung, die ich sehr ernst nehme. Sollte ich den Eindruck erweckt haben, ich wolle Sie ungebührlich antreiben, bitte ich um Entschuldigung.«
    Ich nahm die Entschuldigung nicht an, das hätte uns beide zu Heuchlern gemacht. »Ich wollte nur sagen, daß Ki lachte, als sie es sagte. Sie hat gesagt, sie und ihre Mutter hätten einen Seifenblasenkampf ausgefochten. Als ihre Mutter den Hörer wieder nahm, lachte sie ebenfalls.«
    Durgin hatte den Ordner aufgeschlagen, den Footman gebracht hatte, und blätterte ihn hastig durch, während ich sprach, als würde er gar nicht zuhören. »Ihre Mutter … Mattie, wie Sie sie nennen.«
    »Ja. Mattie, wie ich sie nenne. Woher wissen Sie überhaupt von unserem privaten Telefongespräch?«
    »Das geht Sie nichts an, Mr. Noonan.« Er nahm ein einzelnes Blatt Papier und klappte den Ordner zu. Das Blatt hielt er kurz hoch, wie ein Arzt, der eine Röntgenaufnahme studiert, und ich sah, daß es einen einzeilig getippten Text enthielt.
»Kommen wir zu Ihrer ersten Begegnung mit Mary und Kyra Devore. Das war am vierten Juli, nicht wahr?«
    »Ja.«
    Durgin nickte. »Am Morgen des vierten. Und Sie haben Kyra Devore zuerst kennengelernt.«
    »Ja.«
    »Sie haben sie zuerst kennengelernt, weil ihre Mutter zu dem Zeitpunkt nicht bei ihr war, richtig?«
    »Das ist eine schlecht formulierte Frage, Mr. Durgin, aber ich schätze, die Antwort lautet ja.«
    »Es freut mich, daß meine Grammatik von einem Mann verbessert wird, der auf den Bestsellerlisten war«, sagte Durgin lächelnd. Das Lächeln gab zu verstehen, daß er mich gern neben Romeo Bissonette im ersten Güterwaggon Richtung Gulag sitzen sehen würde. »Erzählen Sie uns von Ihrer Begegnung, zuerst mit Kyra Devore, danach mit Mary Devore. Oder Mattie, wenn Ihnen das besser gefällt.«
    Ich erzählte ihm die Geschichte. Als ich fertig war, rückte Durgin den Kassettenrecorder vor sich. Die Nägel seiner Wurstfinger sahen so glänzend aus wie seine Lippen.
    »Mr. Noonan, Sie hätten Kyra überfahren können, stimmt das nicht?«
    »Auf gar keinen Fall. Ich fuhr fünfunddreißig - das ist die Geschwindigkeitsbeschränkung bei dem Laden. Als ich sie sah, hatte ich genügend Zeit zu bremsen.«
    »Angenommen, Sie wären aus der anderen Richtung gekommen - statt nach Süden nach Norden gefahren. Hätten Sie sie dann auch rechtzeitig gesehen?«
    Das war sogar eine fairere Frage als manche seiner anderen. Jemand, der aus der anderen Richtung kam, hätte sehr viel weniger Zeit gehabt zu reagieren. Trotzdem …
    »Ja«, sagte ich.
    Durgin zog die Augenbrauen hoch. »Sind Sie sicher?«
    »Ja, Mr. Durgin. Ich hätte vielleicht ein wenig fester auf die Bremse treten müssen, aber -«
    »Mit fünfunddreißig.«
    »Ja, mit fünfunddreißig. Ich sagte Ihnen, das ist die Geschwindigkeitsbegrenzung -«

    »- an diesem speziellen Abschnitt der Route 68. Ja, das haben Sie mir gesagt. Das haben Sie. Halten sich Ihrer Erfahrung nach die meisten Menschen auf diesem Straßenabschnitt an die Geschwindigkeitsbeschränkung?«
    »Ich habe seit 1993 nicht viel Zeit im TR verbracht, daher kann ich nicht -«
    »Kommen Sie, Mr. Noonan - dies ist keine Szene aus einem Ihrer Bücher. Beantworten Sie nur meine Frage, sonst sitzen wir den ganzen Morgen hier.«
    »Ich tue mein Bestes, Mr. Durgin.«
    Er seufzte. »Sie besitzen Ihr Haus am Dark Score Lake seit den achtziger Jahren, nicht? Und das Tempolimit vor dem Lakeview General Store, dem Postamt und Dick Brooks’ All-Purpose-Werkstatt - das sogenannte North Village - hat sich seither nicht geändert, oder?«
    »Nein«, gab ich zu.
    »Womit wir wieder bei meiner ursprünglichen Frage wären - was meinen Sie, halten sich die meisten Menschen auf dieser Strecke an das Tempolimit von fünfunddreißig Meilen pro Stunde?«
    »Ich kann nicht sagen, ob es die meisten sind, weil ich nie eine Verkehrsüberwachung durchgeführt habe, aber ich schätze, eine Menge halten sich nicht daran.«
    »Möchten Sie gern die Zeugenaussage von Deputy Sheriff

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