Sarah Boils Bluterbe (German Edition)
Aber woher hast du gewusst, was zu tun ist? Und wo wir waren? Und was war in dieser Flasche beziehungsweise in meiner Tapetenpumpe?“
„Das sind viele Fragen auf einmal,“ sie lächelte mit einem Lächeln, dass so hell und leuchtend war, dass es mir für einen Moment die Sprache verschlug.
„Aber ich beantworte sie dir gern. Ich habe auch diese Szene vorher gesehen. Es war, so Gott will, reiner Zufall. Ich bekomme nicht ständig so präzise Bilder. Und Mary bestätigte noch einmal, dass es sich um Vampire handelt, die dich verfolgen.“
Sie sprach das Wort `Vampire` aus, als wäre es für sie alltäglich, dass Untote frei in unserer Stadt umhergehen. Als wäre es das normalste auf der Welt, dass sich mitten unter Menschen auch Vampire tummelten.
„Und das Zeug in der Flasche ist eine Mischung aus einem Schlangengift und einer Kräuterpflanze, sowie ein paar Kleinigkeiten, die jetzt nicht aufzuzählen lohnen.“
Ich stutzte. „Schlangengift und Grünzeug? Und das hilft gegen Vampire? Wo ist der Haken?“
„Es ist das Gift von einem Oxyuranus microlepidotus, also von einem Inlandtaipan. Man kommt kaum an dieses Gift heran. Das ist der erste Haken, der zweite Haken, es lähmt nur kurzfristig den Organismus der Vampire, beseitigt sie jedoch nicht. Diese Schlangen leben in Australien und das wenige Gift, dass man aus ihnen melken kann, ist hier zu Lande kaum erhältlich. Ich hatte eine kleine Menge zuhause. Zwar habe ich das Gift jetzt sinnvoll eingesetzt, jedoch ist mein Vorrat auch erschöpft.“
Mary quiekte in ihrem Übereifer: „Dann kannst du ja jetzt was neues brauen, dass diese Viecher platt macht, oder?“
Die blonde Schönheit lächelte und verneinte mit der Erklärung, dass es kein Mittel gegen Vampire gäbe, dass man zielgerecht gegen Untote einsetzen konnte.
Lionel hatte die ganze Zeit geschwiegen. Nun brummte er: „Da bin ich jetzt aber beruhigt.“
Er sah schrecklich aus. Blut triefte immer noch aus seinen offenen Wunden über sein weißes Satinhemd. Einer der Vampire hatte ihn ziemlich schwer verletzt. Das rote Nass lief unaufhörlich an seinem Körper hinunter und sickerte über seine Jeans in die Polster seines Sitzes.
Mein Gott, die Wunde muss sich langsam schließen, sonst verliert er noch mehr Blut.
Aber was interessierte es mich eigentlich? Es hätte mir egal sein können. Schließlich war er genauso ein Untoter wie diese Jungvampire auch. Er war und blieb eine Bestie. Das war etwas, dass man niemals vergessen durfte. Egal wie menschlich Lionel sich auch gab, er war nicht menschlich und würde es nie mehr sein. Seinem Anblick ließ mein Herz dennoch schneller schlagen. Ohne zu überlegen, riss ich einen langen Streifen von meinem Pulli ab, zog den Gürtel von meiner Jeans aus und versuchte, ihn um seinen Brustkorb zu binden.
„Schitt, Mary, gib mir deinen Gürtel.“
„Wieso? Du hast doch selber einen.“
„Bitte. Mach schon.“ Ich schrie.
„Warum soll ich meinen wunderschönen, handgenähten Gürtel ausziehen?“
„Maryyy! Meiner passt nicht, er ist zu kurz. Nun mach schon. Lionel verliert sonst zu viel Blut.“
Es macht endlich klick bei Mary.
„Oh, ach so, ja schon gut. Da kann man mal sehen, wie sinnvoll es ist, ein klein wenig kräftiger zu sein.“
Umständlich zog sie den Riemen aus den Schlingen und warnte mich mit ermahnender Tonlage: „Den will ich aber sauber zurück haben. Der ist aus Spanien.“
„Ist gut,“ sagte ich laut und deutlich und schüttelte mit dem Kopf.
Wer wollte in diesem Moment noch wissen, wo das dämliche Teil herkam? Ich nicht! Hauptsache die Blutung konnte ein wenig gestoppt werden, bis Lionels Selbstheilung einsetzte.
Er war zwar unsterblich, doch eine gewisse Menge Blut musste ständig durch seine Adern fließen, sonst würde er seine Kräfte verlieren und vermutlich in sich zusammen fallen, wie die Vampire, die wir bereits vernichtet hatten. Um den starken Verlust auszugleichen, konnte ich mein Blut nicht zur Verfügung stellen und wollte es auch nicht. Und ein frisches Reh lief uns gerade nicht vors Auto. Lionels Augen wirkten müde, seine Gesichtszüge entglitten ihm zusehends. Ich hingegen erholte mich auf wundersame Weise recht schnell. Von Minute zu Minute ging es mir besser.
„Scheiße, Mary, hättest du mal deinen Führerschein gemacht. Lionel kann nicht mehr lange fahren, er ist völlig am Ende.“
„Wieso ich?“
Mary verdrehte die Augen und rümpfte die Nase.
„Weil ich jetzt fahren muss. Guck ihn dir doch
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