Sarah Maclean
blinzelte. „Ich habe nichts dergleichen getan."
Callie konnte ein leises Lächeln nicht unterdrücken. „Ah, ha-
ben wir endlich eine Geschichte gefunden, die keinen wahren
Kern hat." Er betrachtete sie mit zusammengekniffenen Au-
gen, als sie sich zu ihrer vollen Größe aufrichtete und mit dem
Stolz einer Königin sagte: „Ich brauche dich nicht, weißt du.
Ich kann mich allein bei White's reinschleichen - mit einem
Empfehlungsschreiben von Benedick."
Gabriel sah sie ungläubig an. „So etwas würde er nie schrei-
ben."
„Braucht er auch nicht", erwiderte sie nüchtern. „In seinen
Fechtclub habe ich mich ja auch ohne seine Hilfe eingeschli-
chen."
„Aber du hast mich gebraucht, um dich dort wieder rauszu-
holen!", sagte er eine Spur lauter, als es sich für ihren verstoh-
lenen Treffpunkt empfahl.
„Sagst du, du nimmst mich nicht mit?"
„Genau das."
„Schade. Ich hatte mich so auf deine Begleitung gefreut."
Fassungslos schüttelte er den Kopf. „Das kannst du nicht ma-
chen."
„Warum nicht? Weil ich eine Frau bin?"
„Nein! Weil du verrückt bist! Die werden dich ertappen!"
„Bisher hat mich noch keiner erwischt."
„Ich habe dich erwischt. Zwei Mal!"
„Wie ich schon sagte", spottete sie, „du bist etwas anderes."
„Inwiefern?", fragte er erbost.
„Nun, mir scheint, dass du mein Komplize bist." Sie lächelte,
ein breites Grinsen, das dem Lächeln, das sie Oxford vorhin ge-
schenkt hatte, nicht unähnlich war.
Er hörte auf zu schimpfen, spürte die geballte Kraft ihrer
Anerkennimg, worauf ihn eine Welle unsinnigen Stolzes über-
lief ... Stolz darauf, dass er derjenige war, an den sie sich in
ihrer Aufregung wandte, Stolz darauf, dass er derjenige war,
den sie bei einem solchen Abenteuer um Begleitung bat. Und in
diesem sonnendurchfluteten Augenblick, während wenige Zoll
von ihrem Versteck entfernt halb London tobte, sah er plötzlich,
wie schön sie war - sah ihre strahlenden braunen Augen und
ihr Haar, das im Sonnenlicht mahagonifarben glänzte, und ih-
ren Mund, so breit und einladend und herrlich genug, um einen
Mann in die Knie zu zwingen.
Sie war wirklich etwas ganz Außergewöhnliches.
Diese Erkenntnis raubte ihm den Atem, so intensiv war sie.
„Mein Gott. Du bist wunderschön."
Ihre Augen weiteten sich schockiert, als sie die Worte hör-
te, und wurden dann schmal vor Misstrauen. „Versuche nicht,
mich mit Komplimenten von meinem Vorhaben abzulenken."
„Ich würde nicht im Traum daran denken."
„Weil ich es tun werde. Ich werde spielen. Ich lasse mich von
meinem Ziel nicht abbringen."
„Natürlich nicht."
„Mir zu sagen, ich sei... ich sei..."
„Wunderschön."
„Ja, genau. Also, das wird mich nicht abhalten."
„Sollte es auch nicht."
„Ich bin kein Dummkopf, weißt du."
Er kam einen Schritt näher. „Ich weiß. Ich nehme dich mit."
„Selbst wenn du mich nicht mitnimmst ..." Sie hielt inne.
„Wie bitte?"
„Ich habe gesagt, ich nehme dich mit."
„Oh. Na dann."
„Ja, ich finde auch, dass das ziemlich großherzig von mir ist."
Er steckte eine Locke hinter ihrem Ohr fest.
„Ich bin nicht wunderschön", platzte sie heraus.
Er lächelte schief. „Na, na", meinte er ruhig und betrachtete
sie forschend, als wollte er sich diese neue Callie, die er eben
erst entdeckt hatte, genau einprägen. „Da bin ich anderer An-
sicht."
Und dann legte er seine Lippen auf die ihren, und sie war wie
trunken von seinem Kuss und seinen Worten, die beide gleicher-
maßen berauschend waren. Der Kuss war anders als die ande-
ren - weicher, vorsichtiger, als entdeckten sie beide etwas ganz
Neues, ein Konzert der Zärtlichkeit. Gabriel hob den Kopf und
wartete darauf, dass sie die Augen öffnete. Als sie es tat, war er
wieder überrascht von ihrer Schönheit. Er musterte ihr Gesicht,
beobachtete, wie sie von dem sinnlichen Ort zurückkehrte, an
den der Kuss sie versetzt hatte.
„Du hast gesagt, ich wäre reizlos."
Langsam schüttelte er den Kopf, wie verzaubert von den kla-
ren, gefühlstiefen braunen Augen. „Du bist überhaupt nicht
reizlos." Und dann küsste er sie noch einmal.
Ihr Mund war sein Festmahl. Er nippte an ihren Lippen, ge-
noss ihren Geschmack, ihre Weichheit. Sie schlang die Hände
um seinen Hals, grub die Finger in seine dunklen Locken. Diese
Liebkosung schickte ihm einen Schauer den Rücken hinunter.
Er knabberte an ihr, an ihren Lippen, leckte die Stelle, an der
sie vorher herumgekaut hatte.
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