Sarah Maclean
„Ich glaube, dass sämtliche
Mitglieder des ton dann Krämpfe bekommen würden."
„Was es nur umso verlockender macht", sagte er und gab ihr
einen letzten Kuss. Und dann war er fort, und sie blieb benom-
men, erschöpft und glücklich zurück.
Beinah im nächsten Augenblick war sie eingeschlafen. Und
als sie träumte, träumte sie von ihm und ihrer gemeinsamen
Zukunft.
„Oh, Callie! Ein Marquess!"
Callie quittierte diesen begeisterten Ausruf ihrer Mutter mit
einem Augenrollen und sah Hilfe heischend zu ihren Geschwis-
tern hinüber, die ihr gegenüber in der Kutsche saßen. Doch sie
brauchte nicht lange, um zu erkennen, dass von dort keine Un-
terstützung zu erwarten war. Mariana grinste über das ganze
Gesicht, offensichtlich begeistert, dass ihre eigene Hochzeit an
diesem Abend nur das zweitaufregendste Ereignis der Saison
sein würde, und Benedick sah aus, als überlegte er ernsthaft,
aus dem fahrenden Wagen zu springen, um dem aufgeregten
Getöse der Mutter zu entgehen.
„Ich kann einfach nicht fassen, dass du dir einen Marquess
geangelt hast, Callie! Und dann auch noch Ralston! Und du,
Benedick", fuhr die Dowager Countess an ihren Sohn gewandt
fort, „ich kann einfach nicht fassen, dass du mir Raistons Pläne
so lange vorenthalten hast!"
„Ja nun, Callie und Ralston wollten die Sache eben geheim
halten, Mutter." Die Countess brach darauf in andauerndes Ge-
schwätz aus, worauf Benedick eine Augenbraue hob und laut-
los die Worte formte: Vor uns allen.
Callie konnte nicht verhindern, dass ihr Fuß sich selbststän-
dig machte. „Au!", rief Benedick aus und rieb sich das malträ-
tierte Schienbein.
„Oh, tut mir so leid, Benedick", sagte Callie freundlich. „Ich
bin wohl vor lauter Nervosität ein bisschen fahrig."
Aus schmalen Augen sah Benedick sie an, doch ihre Mutter
sprang ihr unabsichtlich bei: „Natürlich sind es die Nerven!
Ach, man stelle sich vor! Unsere Callie! Verlobt! Mit Ralston!"
„Mutter, bitte versuche doch, heute Abend kein allzu großes
Tamtam um diese Neuigkeit zu machen, ja?", bat Callie. „Ich
möchte Ralston ungern in Verlegenheit bringen."
Benedick und Mariana platzten beide mit einer Lachsalve
heraus bei der Vorstellung, ihre Mutter solle zu solcher Zurück-
haltung fähig sein. „Dafür ist es jetzt ein bisschen zu spät, Cal-
lie, findest du nicht?", zog Benedick sie auf, und im nächsten
Moment kam die Kutsche zum Stehen, und er sprang herunter,
um seiner Mutter und seinen Schwestern beim Aussteigen be-
hilflich zu sein.
Bevor sie die Kutsche verließ, legte die Countess Callie trös-
tend eine Hand aufs Bein. „Unsinn, Callie. Ralston ist schon so
lange in der Gesellschaft unterwegs, er weiß, wie derartige Din-
ge gehandhabt werden. Er wird einer Mutter in Hochstimmung
bestimmt vergeben."
Callie stöhnte, nachdem ihre Mutter ausgestiegen war. „Ich
hätte Ralston bitten sollen, mit mir durchzubrennen."
Mariana grinste breit. „Jetzt weißt du, wie ich mich fühle."
Sie zwinkerte ihrer Schwester zu und folgte dann der Dowager.
Als Callie den Wagen verlassen hatte, erklomm ihre Mutter
schon die Treppe von Chilton House. Sie konnte es gar nicht ab-
warten, ihre Neuigkeiten all jenen mitzuteilen, die ihr zuhören
wollten. Callie hatte das dumpfe Gefühl, dass sich dieser Abend
noch zu dem grässlichsten ihres Lebens entwickeln könnte. Sie
sah in die lachenden Augen ihrer Geschwister und meinte: „Ihr
seid mir auch keine Hilfe."
Der älteste und der jüngste Hartwell-Sprössling lächelten,
nicht in der Lage, ihre Erheiterung zu bezähmen. „Solltest du
nicht lieber nach Ralston suchen, Callie? Aber besser, bevor
Mutter ihren Zauber gewirkt hat", schlug Mariana hilfreich
vor.
„So nennst du das also? Zauber?" Callie beobachtete, wie ihre
Mutter, ein Leuchtsignal in Hellgrün, samt riesigem Kopfputz
aus Spitze und Straußenfedern, aufgeregt auf Lady Lovewell
einredete und dazu mit dem Fächer auf den Arm dieser größten
Klatschbase des ton klopfte. „Lieber Himmel", klagte Callie.
„Ich habe es auch schon mit Beten versucht", meinte Bene-
dick leutselig. „Bei ihr scheint es aber nicht zu funktionieren.
Ich glaube, sie hat ein Abkommen mit unserem Schöpfer."
„Oder mit jemand anderem", meinte Callie, zupfte ihr Schul-
tertuch zurecht und ging ihrer Mutter hinterher. Das Gelächter
ihrer Geschwister folgte ihr.
In Chilton House machte Callie sich auf die Suche nach Rals-
ton, doch der
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