Sarah Pauli 03 - Tod hinter dem Stephansdom
Schlafzimmertür geöffnet und seinen Namen geflüstert hatte. Er hatte sich schlafend gestellt und sich gefragt, warum sie ihn so leise ansprach. Wenn sie ihn tatsächlich hätte wecken wollen, hätte sie seinen Namen laut sagen oder ihn gar wachrütteln müssen. Aber sie war ebenso leise wieder hinausgegangen. Leise und unauffällig. So wie sie war.
Philipp Brand versuchte die Schwere, die ihn am Aufstehen hinderte, zu überwinden. Er hatte die halbe Nacht nicht geschlafen und deshalb gegen zwei Uhr morgens eine Schlaftablette eingenommen. Jetzt kam er nicht aus dem Bett.
Ein Läuten an der Haustür riss ihn aus seiner Lethargie. Er fuhr herum und sah auf seine Armbanduhr auf dem Nachtkästchen. Halb zehn. So lange hatte er schon lange nicht mehr im Bett gelegen. Er griff nach seinem Handy, erkannte die Nummer der Firma und die Durchwahl Ulrike Kastlers. Sie hatte offenbar schon zum zweiten Mal versucht ihn zu erreichen. Unglaublich. Diese Frau arbeitete sogar am Feiertag. Kein Wunder, dass sein Vater sie geschätzt hatte.
Er lag eine Weile still da, starrte an die Decke und wunderte sich, dass seine Tochter Lara nicht schon längst im Elternschlafzimmer aufgetaucht war. Normalerweise kuschelte sie sich morgens gerne noch einmal an ihn oder Anita, erzählte Geschichten aus dem Kindergarten oder hopste so lange auf dem Bett herum, bis einer von ihnen aufstand und mit ihr Frühstück machte.
Er schlug die Decke zurück und stand auf. Während er ins Bad ging, hörte er die Mailbox ab. Ulrike Kastler hatte ihm keine Nachricht hinterlassen, sondern lediglich um einen Rückruf gebeten. Dringend, hatte sie hinzugefügt. Ihrer aufgeregten Stimme konnte er entnehmen, dass etwas passiert war.
Einigermaßen verstimmt darüber, dass er nicht einmal an einem Feiertag seine Ruhe haben konnte, stellte er sich unter die Dusche. Anita klopfte an die Badezimmertür. Er drehte das Wasser ab. Sie teilte ihm mit, die Polizei sei da und wünsche ihn zu sprechen. Er rief durch die geschlossene Tür, dass er sofort da sei.
Die Polizei war an einem Feiertag in sein Haus gekommen.
Philipp Brand machte sich auf schlechte Nachrichten gefasst.
Wenig später ging er in seinem grauen Jogginganzug die Treppe in den Wohnbereich hinunter. Es duftete nach frisch gemahlenen Bohnen.
Zwei Polizisten saßen im Wohnzimmer und unterhielten sich mit Anita über seinen Vater. Einer von ihnen war dieser Martin Stein, der von der Mordkommission, der unlängst in seinem Büro gewesen war und dessen Kollegen das Büro seines Vaters durchsucht hatten.
Anita wirkte unsicher und angespannt. Sie wich Martin Steins Blick aus.
Philipp Brand sah seine Frau an und musste unvermittelt daran denken, dass sie nicht mehr miteinander geschlafen hatten, seit er seinen Vater tot aufgefunden hatte. Was ihm ungewöhnlich vorkam, denn er liebte und begehrte Anita. Er nahm sich fest vor, sie heute Nacht endlich wieder in den Arm zu nehmen und sie zu verführen.
» Philipp … die Herren sind von der Mordkommission. «
» Ich weiß. «
Er begrüßte die Polizisten mit Handschlag.
» Was führt Sie zu mir nach Hause? «
» Wir dachten, dass Sie am Feiertag nicht in der Firma sind. «
» Und deswegen haben Sie beschlossen, mich hier aufzusuchen? «
Er nahm neben seiner Frau Platz und sah sich im Raum um.
» Wo ist Lara? «
» In ihrem Zimmer. Sie darf sich ausnahmsweise schon jetzt eine DVD von Benjamin Blümchen ansehen « , erklärte Anita die Abwesenheit seiner Tochter. » Weil ich dachte … «
Sie brach ab, weil klar war, dass sie es nicht weiter erklären musste. Stattdessen schenkte sie ihm einen Kaffee ein.
» Was gibt es denn so Dringendes? « , fragte er.
Martin Stein sah Philipp Brand und seine Frau abwechselnd an, als müsste er abwägen, wen er bei der Botschaft, die er gleich überbringen würde, ansprechen wollte. Er entschied sich für Philipp Brand und überbrachte die schreckliche Nachricht.
» Heute Morgen wurde die Leiche von Gerhard Levic gefunden. «
Eine lange Pause trat ein. Anita griff nach Philipps Hand und drückte sie.
» Das ist doch Blödsinn « , sagte Philipp Brand, als hätte sich der Inspektor einen Scherz mit ihm erlaubt. Doch der ernste Blick des Ermittlers verriet ihm, dass es sich hier um keinen bösen Witz handelte.
» Wo? Wie? Was ist denn passiert? «
Er spürte, wie ihm der Boden unter den Füßen weggezogen wurde.
Martin Stein sah zu Anita Brand.
» Seine Frau hat ihn gefunden. Er lag in der Küche seiner
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