Sarum
fürchtete sogar eine Invasion, so daß ein Schutzwall um die neue offene Stadt begonnen und teilweise auch fertiggestellt wurde. Die Kirche war mittlerweile gespalten. Über ein halbes Jahrhundert lang sahen sich die Päpste gezwungen, zu ihrer Sicherheit in Avignon in Südfrankreich zu leben. Zumindest übten sie von dort ihre Amtsgewalt weiterhin aus. 1378 jedoch begann das Große Schisma. Wie die rivalisierenden Kaiser im Römischen Imperium gab es das gleiche jetzt bei den Päpsten: Den einen unterstützten die Franzosen, den anderen die Engländer und Niederländer.
»Man kann in nichts mehr Vertrauen haben«, klagte Stephen Shockley im Kreise seiner Familie.
Durch all diese finsteren Zeiten bildete Edward Wilson sich seine eigene Meinung und vermittelte mit gutem Grund seinen Kindern eine ganz eigene Weltsicht. »Die meisten Menschen sind Idioten«, sagte er. »Wenn die Dinge schlecht stehen, ist die Welt voller Gelegenheiten.« Neben ihren kapitalkräftigen Beteiligungen am Tuchgeschäft besaß die Familie jetzt über tausend Schafe auf dem Hochland. Mit jedem Jahr wurden die Wilsons, wie viele andere Familien auch, reicher. Der neue Tuchhandel blühte. Als Richard II. im Jahre 1377 auf den Thron kam, war Salisbury die sechstgrößte Stadt im Königreich. Obwohl er mit anderen Methoden arbeitete als sein Vater, zog Edward Wilson doch aus jeder Gelegenheit einen Vorteil. Eine davon war ein Gemeinschaftsunternehmen mit den Shockleys in der Tuchproduktion. »Das wird euch und eure Kinder ernähren«, sagte er seiner jungen Familie, als er ihnen stolz das neue Tuch zeigte.
Es war haltbares Tuch, und bald stellten die Shockleys und die Wilsons es in großen Mengen her.
In Anbetracht der sich wandelnden Welt prägte der vorausschauende Edward seinen Kindern vor allem ein: »Bleibt dem Handel treu, dann muß sogar der König unseren Willen respektieren.« Denn jetzt endlich wurde die Macht, von der Peter Shockley nur geträumt hatte, als er im Jahrhundert zuvor Montforts Parlament miterlebte, zur Wirklichkeit. Das ganze Jahrhundert hindurch waren die weniger bedeutenden Männer, Ritter und Bürger in den Parlamenten, die König Eduard III. einberufen mußte, allmählich in den Vordergrund gerückt. Hinsichtlich des Stapelrechts war es ihnen im Jahr 1353 gelungen, dem König gegenüber ihre Wünsche durchzusetzen. In den 1360ern war die verhaßte Wuchersteuer auf Wolle fast ganz abgeschafft. Am dramatischsten war das sogenannte Gute Parlament von 1376, im Jahr vor König Eduards III. Tod. Die Magnaten und Bischöfe hatten sich im White Chamber des Königspalastes versammelt; doch der niedere Adel und die Bürger – die Commons – hatten ihre eigene Sitzung im achteckigen Kapitelsaal der Westminster Abbey anberaumt.
Jetzt waren sie zum erstenmal vor die Schranken des Magnatenhauses getreten und stellten ihre Forderungen: Sie wollten keine Gelder bewilligen, bevor der König nicht einige seiner Minister entlassen hätte, die die zuvor bewilligten Gelder veruntreut hatten. Außerdem sollte der König seiner Mätresse, die mit den Ministern im Bunde stand, den Laufpaß geben. Die Commons bekamen ihren Willen. Dieser politische Fortschritt hatte auch einen finanziellen Hintergrund. Trotz seiner Erfolge in den französischen Kriegen, deren Lösegelder allein enorme Summen in die Schatztruhen des Königs gebracht hatten, war Eduard III. zunehmend in finanzielle Schwierigkeiten geraten.
Um das Jahr 1340 hatte er angeblich skrupellos die italienischen Bankiers Peruzzi und Bardi in den Bankrott getrieben, da er sich weigerte, seine Schulden an sie zurückzuzahlen, und als später die monopolistischen Wollhändler ihm Geld liehen, führte das Zusammenwirken seiner Verschwendungssucht und des Schwarzen Todes auch viele von ihnen in den Bankrott. Eduard war gezwungen, sich nach weiteren Einkommensquellen umzusehen: die Händler aus London, die Kirche, Zölle. Das Prinzip »Keine Besteuerung ohne Vertretung im Parlament« wurde ohnehin eingeführt, aber jetzt betraf es nicht nur die Kaufleute – wie einst Peter Shockley –, die hofften, daß der König auf ihren Rat hören würde. »Er wird sich die Forderungen der Commons anhören«, behauptete Wilson kurz und bündig.
Im allgemeinen begünstigten die Commons ortsansässige Magistraten, die von ihresgleichen gewählt wurden, am Ort zu Gericht saßen und den Frieden aufrechterhielten – auf diese Weise entwickelte sich allmählich das System der örtlichen
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