Sassinak
Hollisters behelfsmäßige Reparaturen kritisierten, wurde Sassinak zunehmend ungehaltener über ihre Inquisitoren. Sie war schließlich mit einem ganzen Schiff und relativ wenigen Verlusten zurückgekehrt und hatte außerdem eine Schiffsladung von Kindern gerettet, während sie wahrscheinlich in Fetzen geschossen worden wäre, hätte sie sich streng an die Vorschriften für Konfliktfälle gehalten. Aber diese Sesselfurzer konnten sich einfach nicht vorstellen, daß ein ›zusammengeschustertes kleines Piratenschiff‹, wie es einer von ihnen ausdrückte, einen Kreuzer wie die Zaid-Dayan an Feuerkraft übertreffen könnte. Sassinak übergab ihnen die Datenkuben, die im Detail die Spezifikation des Begleitschiffs enthielten, und sie rümpften die Nase und schoben sie beiseite. War sie sich der Genauigkeit dieser Daten denn wirklich sicher?
Des weiteren bestand das Problem, daß sie eine feindliche Macht praktisch dazu eingeladen hatte, das Schiff zu entern. »Völlig unverantwortlich!« empörte sich ein Commander, über den Sassinak aus dem Verzeichnis wußte, daß er seit Jahren kein Schiff befehligt und noch nie einen Kampfeinsatz geleitet hatte. »Es hätte in einer Katastrophe enden können«, sagte ein anderer. Nur einer in dem Ausschuß, ein einbeiniger Commander, der auf seiner ersten Reise im Kälteschlaf in einer Rettungskapsel ausgesetzt worden war, stellte die Art von Fragen, die Sassinak selbst gestellt hätte. Der Vorsitzende der Untersuchungskommission, ein Zweisterne-Admiral, sagte weder in der einen noch in der anderen Richtung etwas, sondern machte sich bloß Notizen.
Nach der Sitzung war Sassinak soweit, daß sie alle hätte in eine Recyclingtonne stopfen können, und stellte fest, daß Arly auf sie wartete.
»Was gibt’s?« fragte Sass.
Arly faßte sie am Arm. »Sie brauchen einen Drink -das habe ich gleich gesehen. Gehen wir zu Gino, bevor es am Abend wieder so voll wird.«
»Ich spüre, daß Ärger in der Luft liegt«, sagte Sass und sah sie streng an. »Wenn Sie noch mehr schlechte Nachrichten haben, will ich sie hören.«
»Hier nicht. Diese Beamtenärsche verdienen es nicht, etwas als erste zu erfahren. Kommen Sie.«
Sassinak folgte ihr mit einem Stirnrunzeln. Arly war selten aufdringlich, und soweit Sassinak wußte, mied sie gewöhnlich die Bars bei den Docks. Was auf sie alle zugekommen war, machte auch ihr zu schaffen.
Ginos Bar war die bevorzugte Freizeitstätte der Seniorschiffsoffiziere in dieser Saison. Einen Moment lang dachte Sassinak über ihren Geschmackswandel im Bardekor nach. Fähnriche mochten verrufene, exotische Lokale, wo sie sich verwegen und erwachsen fühlen konnten; bei Jigs und Lieutenants war das ähnlich, obwohl einige von ihnen eine Spur Eleganz bevorzugten, eine Vorliebe, die sich im Laufe ihrer Karriere verstärkte. Bisher, hatte Sassinak festgestellt, waren die Leutnant Commander und Commander sich ihres Rangs sicher genug gewesen, um sich in zwangloseren, sogar schäbigen Lokalen zu treffen. So wie Ginos Bar, die das abgewetzte, aber gewienerte Ambiente eines traditionellen Speisewagens hatte. In Ginos Bar brachten auch lebendige, menschliche Kellner Getränke und Speisen an die Tische, und Gerüchte sprachen von einem lebendigen, menschlichen Koch in der Küche.
Arly führte sie an einen Ecktisch im hinteren Teil. Sassinak ließ sich mit einem Seufzen nieder und drückte auf der Servicetaste herum, bis ihr Licht anging. Nachdem sie bestellt hatten, sah sie Arly von der Seite an.
»Also?«
»Eine IFTL-Nachricht. Für Sie.« Arly gab ihr den Umschlag mit dem Ausdruck. Sassinak wußte sofort, noch bevor sie ihn öffnete, worum es sich handeln mußte. Eine IFTL-Botschaft für einen Captain, dessen Schiff gerade überholt wurde? Das konnte nur eine offizielle Todesnachricht sein, und sie kannte nur eine Person, die … Sie faltete den Umschlag auseinander, warf einen Blick auf den Text und versuchte ihn zu lesen, ohne wirklich hinzuschauen, so als könnte dieser Trick sie vor dem Schmerz bewahren. Die Sprache offizieller Dokumente stellte die Fakten klar und unumwunden fest: Huron war tot, während des Angriffs auf die Piratenbasis ›in Ausübung seiner Pflicht‹ getötet worden. Sie versuchte die Tränen wegzublinzeln, die ihr in die Augen traten, und sah Arly an.
»Sie haben es gewußt.« Es war keine Frage.
»Ich … ich hab’s vermutet. Es war schließlich eine IFTL-Nachricht … warum sonst?«
»Also gut. Er ist tot. Ich nehme an, das haben Sie
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