Sassinak
Flüstern, die Stimme einer Sklavin, die sich vor Entdeckung fürchtete.
»Du könntest zu uns ziehen«, sagte Sass und hoffte insgeheim, daß Caris zustimmen würde. So sehr sie Abe liebte, sie vermißte eine enge Freundin, und ihr Zimmer war groß genug für zwei. Außerdem kannte sie Caris schon ihr ganzes Leben lang. Sie konnten über alles reden; das hatten sie immer getan. Ihre Wärme konnte Caris ins Mädchenalter zurückholen, ihre Hoffnungen neu beleben. Aber Caris wich zurück und entzog sich Sassinaks Berührung.
»Nein. Das möchte ich nicht … Sass, wir waren Freundinnen, und wir waren glücklich, und vielleicht kann ich es eines Tages ertragen, daran zurückzudenken. Aber wenn ich dich jetzt ansehe …« Ihre Stimme erstarb, und sie wandte sich ab.
»Caris, bitte!« Sass packte sie an den Schultern, aber Caris zuckte zusammen und riß sich los.
»Es ist alles vorbei, Sass! Ich kann nicht. Ich kann niemandem mehr eine Freundin sein. Es ist nichts mehr übrig. Ich will nur irgendwo allein in Frieden arbeiten.«
Sass weinte jetzt auch. »Caris, du bist alles, was ich habe.«
»Du hast mich nicht. Ich bin gar nicht hier.« Und mit diesen Worten lief sie aus dem Zimmer. Sass erfuhr später, daß man sie für eine weitere Behandlung wieder ins Krankenhaus eingeliefert hatte. Später verließ sie den Planeten, ohne Sass darüber zu unterrichten, und Sass mußte die Krankenhausakten konsultieren, um herauszufinden, daß ihre Freundin für immer gegangen war. Gegen diesen Kummer, behauptete Abe, war Arbeit das einzige Mittel – und Rache, wenn sie eines Tages gegen jene vorgehen würde, die hinter dem Sklavenhandel standen. Sass vertiefte sich in ihre Hausarbeiten, und als die Zugangsexamen zur Akademie anstanden, hatte sie die äußerlich sichtbaren Spuren ihres Kummers überwunden. Zu Abes Freude bestand sie mit einer Note unter den besten fünf Prozent. Sein vernarbtes Gesicht verzog sich zu einem Grinsen, als er mit ihr die erforderliche Ausrüstung kaufen ging.
»Ich wußte, daß du es schaffen kannst, Sass. Ich habe es die ganze Zeit gewußt. Wenn du nicht vergißt, was ich dir beigebracht habe, kann ich dir in ein paar Jahren zu deinem Abschluß gratulieren.«
Aber er wollte sie nicht zu dem großen Bogen begleiten, der den Eingang der Akademie überwölbte. Er ging an diesem Morgen so wie jeden Tag zur Arbeit (sie erfuhr nie, welcher der halbmilitärischen Bürokraten einen Platz für ihn gefunden hatte; freiwillig rückte er nie mit dieser Information heraus), und sie blieb zurück, blickte nervös in den Spiegel und rückte immer wieder eine widerspenstige Strähne ihres Haars zurecht, bis sie sich beeilen mußte, wenn sie nicht zu spät kommen wollte. Sie hatte nach ihrem Vorstellungstermin noch Zeit übrig und lief bei ihrem ersten Gang über den Vorderhof einem streitsüchtigen Älteren über den Weg. Sie hatte sich sorgfältig das kleine Heft eingeprägt, das man ihr zugeschickt hatte, und reagierte auf seine Aufforderung so, wie sie es gelernt hatte.
»Sir, Kadett Sassinak meldet sich zum Dienst.« Ihre Stimme versagte. Der Kadettenoffizier, dem sie salutierte, hatte die Augen verdreht, die Zunge herausgestreckt und hielt die Hände hinter den Ohren. Sein Gesicht nahm aber sofort wieder einen normalen Ausdruck an, und er stemmte die Hände in die Hüften, aber das Lächeln in seinem Gesicht blieb grimmig.
»He, du Holzkopf, hat dir noch niemand beigebracht, wie man sich bei einem Älteren meldet?« Seine Stimme versuchte die kalte Arroganz der Planetenpiraten nachzuahmen und kam ihr bemerkenswert nahe. Sass begriff, das man sie reingelegt hatte, kämpfte ihren Ärger nieder und schaffte es, in einem gleichmütigen Ton zu antworten. Abe hatte ihr nicht gesagt, daß die neuen Kadetten als ›Holzköpfe‹ bezeichnet wurden.
»Sir, ja, Sir.«
»Nun denn … mach weiter.«
»Sir, Kadett Sassinak meldet sich zum Dienst!« Diesmal verdrehte er beide Augen nach außen, spitzte die Lippen, als habe er in eine saure Frucht gebissen, und kratzte sich wild in beiden Achselhöhlen. Aber sie ließ sich nicht noch einmal austricksen, und brachte es fertig, sich förmlich vorzustellen, ohne den Tonfall oder den Gesichtsausdruck zu ändern, und endete mit einem scharfen: »… Sir!«
»Nachlässig, langsam und viel zu blasiert«, lautete der Kommentar des Seniorkadetten. »Du bist doch das Waisenmündel von diesem kleinen Offizier, oder?«
Sass spürte ihre Ohren brennen, nickte mit
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