Sassinak
imstande, sie auf Befehl mit ruhiger Stimme so zu wiederholen, daß sie fast so dumm klangen, wie sie waren.
Abe behielt recht; man nahm sie so hart ran wie die Sklavenhalter, und Sass spürte, daß die Kadettenoffiziere eine ähnliche Neigung zur Grausamkeit hatten, aber sie verlor nie ihr Ziel aus den Augen. Dieser Kampf würde sie stärker machen, und wenn sie erst einmal eine Flottenoffizierin war, konnte sie die Piraten verfolgen, die ihre Familie und ihre Kolonie vernichtet hatten.
Diese schweigsame Zurückhaltung hätte sie unter ihren Klassenkameraden zu einer Außenseiterin machen können, doch sie entwickelten unversehens freundschaftliche Gefühle füreinander. Sie hätte am liebsten den Rest ihres Lebens mir ihnen gearbeitet – und sie wünschte sich Freunde –, und bevor das erste Halbjahr vorüber war, stand sie wieder im Mittelpunkt einer Clique.
»Weißt du, Sass, wir sollten wirklich etwas wegen Dungars Vorlesungen unternehmen.« Pardis, ein eleganter Sprößling der Aristokratie dieses Sektors, fläzte sich ausgesprochen unelegant auf dem Boden der Neukadettengarderobe und wich einem angetäuschten Tritt von Genris aus, der auch zu ihren Freunden gehörte.
»Wir müssen sie nur auswendig lernen; das genügt.« Sass zog ein Gesicht und trank ihren Becher Tee aus. Dungar brachte es fertig, das verlangte Studium fremder Rechtssysteme zu unerträglicher Langeweile verkommen zu lassen, und sein Vortrag – mit einer monotonen Stimme, die kaum über ein Flüstern hinausging -machte es noch schlimmer. Er erlaubte aber keine Recorder; die Studenten mußten sich anstrengen, um jedes langweilige Wort zu hören.
»Sie sind so … so vorhersehbar. Mein Bruder hat mir schon von ihnen erzählt, weißt du, und ich könnte schwören, er hat in den letzten zwanzig Jahren nicht ein Wort geändert.« Pardis beendete den Satz mit einer Parodie von Dungars Flüstern, und die anderen kicherten.
»Was hast du dir denn gedacht?« Sass grinste auf Pardis hinunter. »Und steh besser auf, bevor einer der älteren Aufseher auftaucht und dich für eine Haltung tadelt, die sich für einen Offizier nicht schickt.«
»So früh schnüffeln sie noch nicht herum. Ich dachte mir etwas in der Art, daß wir … äh … ihm eine Kleinigkeit unter seine Notizen schieben.«
»Dungars Notizen? Meinst du denn, daß er sie nach so vielen Malen überhaupt noch braucht?«
»Wir müssen unseren Ausbildern Respekt erweisen«, sagte Tadmur. Er war so groß und massig wie die meisten Schwerweltenbewohner und nahm daher, auch wenn er steif und aufrecht dasaß, einen beträchtlichen Anteil der Garderobe ein. Die anderen stöhnten, wie sie es gewöhnlich taten. Sass fragte sich, ob er wirklich die ganze Zeit so ernst sein konnte.
»Ich erweise ihm Respekt«, sagte Pardis und rollte genervt mit den grünen Augen. »Genauso wie dir, und das jeden Tag …«
»Ihr macht euch über seine Beständigkeit lustig.« Tadmurs Vrelanakzent verlieh seiner Stimme noch mehr Biß. »Dabei ist Beständigkeit etwas Positives.«
»Beständigkeit ist langweilig. Und etwas beständig Falsches zeugt von Dummheit …« Pardis verstummte unvermittelt und sprang auf, als die Tür aufschwang und dahinter das grimmige Gesicht eines Älteren auftauchte. Für dieses Wochenende war ein weiterer Schwerweltler von Tadmurs Heimatplanet zum Dienst eingeteilt worden.
»Sie haben wieder auf dem Deck herumgelegen, Mr. Pardis, stimmt’s?« Der Ältere wartete nicht auf eine Antwort und fuhr fort: »Typisch für Sie und für jeden einzelnen hier, die Sie nicht an Ihre Pflicht erinnern.« Er sah Tadmur mit einem Stirnrunzeln an. »Über Sie bin ich am meisten überrascht.«
Tadmur errötete, sagte aber nicht mehr, als daß er »Sir, ja, Sir« brummte, wie es die Vorschriften verlangten.
Sassinak machte sogar gewisse Fortschritte mit Tadmur und Seglerin, den beiden Schwerweltlern in ihrer Einheit. Als sie sich ihr schließlich öffneten, erkannte sie allmählich, daß die Schwerweltler tiefen Groll gegen die anderen menschlichen Gruppen in der FES hegten. »Sie wollen uns wegen unserer Kraft«, sagte Tadmur. »Sie brauchen uns als Handlanger. Schau nur mal in die Archive – zum Beispiel in die Abschriften von der Seress-Expedition. Wie oft, meinst du, ist das medizinische Personal für schwere Arbeiten eingeteilt worden, hm? Aber von Parrih, die nicht bloß eine Physikerin, sondern eine Spezialistin ist, eine Chirurgin, hat man erwartet, daß sie neben ihrer üblichen
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