Sassinak
Tarnfähigkeiten verleihen sollten, wurden als nützliche Ergänzungen für den normalen Betrieb erklärt.
Im Laufe der Tage dachte Sassinak immer wieder über die Warnungen der Flotte nach. »Rechnen Sie auf jedem Schiff mit Rebellen.« Gut, aber wenn sie keine weiteren Hinweise erhielt, wie sollte sie dann einen finden? Rebellen verrieten sich nicht mit lautem Gerede darüber, daß sie die FES-Konventionen umstoßen wollten. Außerdem beruhte das Ganze auf Mutmaßungen. Sie mochte einen einzigen Rebellen an Bord haben oder ein ganzes Dutzend oder gar keinen. Sie mußte zugeben, daß sie selbst, wenn sie Agenten einschleusen wollte, sie auf Kreuzern unterbringen würde, weil es die leistungsfähigsten und am weitesten verbreiteten aktiven Schiffe waren. Doch im Personalarchiv, das sie vorher gründlich durchgesehen hatte, war sie auf keinen Hinweis gestoßen – und wahrscheinlich hatte der Sicherheitsdienst die Daten ohnehin schon überprüft.
Sie wußte, daß viele Kommandeure zuerst die Schwerweltler an Bord in Betracht gezogen hätten, aber während einige von ihnen zweifellos in subversive Organisationen verwickelt waren, traf das auf den Großteil von ihnen nicht zu. Wie schwierig Schwerweltler auch sein mochten – und einige von ihnen, hatte sie festgestellt, hatten sich ihren Ruf als empfindliche Griesgrame redlich verdient –, hatte Sassinak nie die Einsichten vergessen, die sie ihren Freunden auf der Akademie verdankte. Sie versuchte hinter die grobknochigen, teilnahmslosen Gesichter, die übermäßig muskulösen Körper zu sehen, um die menschliche Persönlichkeit dahinter zu entdecken – und meistens, nahm sie an, hatte sie damit Erfolg gehabt. Einige echte Freundschaften waren daraus hervorgegangen und viele angenehme Arbeitsbeziehungen … und sie stellte fest, daß ihr Ruf als Offizierin, die sich den Schwerweltlern gegenüber fair verhielt, sich im Offizierskorps bereits herumgesprochen hatte.
Als Aliens irritierten die Weber viele menschliche Kommandeure, aber auch in diesem Fall genoß Sassinak den Vorzug, daß sie frühe Freundschaften geschlossen hatte. Sie wußte, daß die Weber keine Sehnsucht nach den von Menschen bevorzugten Welten hatten – die Weber, die sich für den Raumflug entschieden hatten, waren sogar steril und hatten ihre Chance auf die Zeugung von Nachkommen für die Möglichkeit aufgegeben, durch den Weltraum zu reisen und Abenteuer zu erleben. Außerdem waren sie nicht die perfekten geistigen Spione, als die sie von vielen eingeschätzt wurden. Ihre telepathischen Fähigkeiten waren ziemlich begrenzt; der Geist eines durchschnittlichen Menschen war für sie ein chaotisches Durcheinander von Gefühlen und Unvernunft, das sie unmöglich durchschauen konnten, wenn das betreffende Individuum sich nicht anstrengte, eine Botschaft zu übermitteln. Sass, die früh jene besondere Form der Selbstdisziplinierung erlernt hatte, konnte sich mit den Webern leicht auf ihre natürliche Art verständigen, aber sie wußte, daß sie eine Ausnahme war. Und wenn einer der Weber an Bord einen Rebellen aufgespürt hätte, dann hätte sie ohnehin längst davon erfahren.
Nach einigen Wochen fühlte sie sich ausgesprochen wohl unter ihrer Mannschaft und konnte behaupten, daß sie gut miteinander auskamen. Huron hatte sich als ebenso einfallsreicher Liebhaber wie Verseschmied erwiesen – nachdem sie eines Abends in der Offiziersmesse einige seiner flotteren Schöpfungen gehört hatte, konnte sie sich kaum vorstellen, daß er den Reim über den Sohn des Captains und die Kaufmannstochter nicht verfaßt hatte. Er beharrte aber weiterhin darauf, daß er daran ganz unschuldig war. Die Waffenoffizierin, eine Frau, die nur ein Jahr nach ihr die Akademie besucht hatte, stellte sich als eine regionale Sho-Meisterin heraus – und hatte sichtlich ihre Freude daran, es zu demonstrieren, indem sie Sassinak bei fünf von sieben Partien schlug. Es war gut für die Moral, und außerdem hatte Sassinak noch nie etwas dagegen gehabt, wenn sie von einem Experten lernte. Einer der Köche war ein Genie von Natur aus – so gut, daß Sassinak versucht war, ihn permanent ihrer eigenen Schicht zuzuteilen. Sie verzichtete darauf, aber ihre Geschmacksknospen stritten mit ihr, und mehr als einmal fand sie einen Vorwand, die Kombüse zu ›inspizieren‹, wenn er gerade etwas buk. Er hatte für seine Vorgesetzte immer etwas übrig. All das war Routine – selbst als sie einen heimwehkranken, traurigen Juniortechniker fand,
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