Sassinak
Sonderurlaub bitten und sicher sein, daß er einem gewährt wird; selbst wenn es bedeutet, daß der Kommandowechsel auf dem eigenen Kreuzer nicht ganz protokollgemäß erfolgt. Sie hatte ihre Hausarbeiten gemacht und auf dem Weg vom Sektorhauptquartier die Dateien durchgesehen. Huron zum Beispiel hatte seinem jüngsten Eignungsbericht zufolge seinen Captain nicht allzu sehr beeindruckt. Aber angesichts der geheimen Befehle, die sie mit sich führte, verließ sich Sassinak auf keine Eignungsberichte, die dieses Schiff betrafen. Der Mann wirkte intelligent und fähig – außerdem war er gut in Form und sah ziemlich gut aus. Sie würde ihm eine faire Chance geben.
»Er hat mich gebeten, Ihnen seine herzlichsten Glückwünsche auszurichten, und er wünscht Ihnen viel Erfolg mit dem Schiff. Ich kann Ihnen versichern, daß Ihre Offiziere alles daran setzen werden, daß die Mission ein Erfolg wird.«
»Die Mission? Was wissen Sie darüber?« Angeblich waren ihre Befehle geheim; aber schließlich ging es unter anderem darum, daß die Verstöße gegen die Sicherheitsvorkehrungen immer ernstere Ausmaße annahmen.
Huron runzelte die Stirn. »Nun … wir waren draußen auf Patrouille und sind nur durch diesen Sektor gekreuzt. Ich dachte mir, das würden wir auch weiterhin tun.«
»So ungefähr. Ich werde die Senioroffiziere zu einer Einsatzbesprechung bestellen, wenn wir auf Kurs sind; wir haben doch noch zwei Tage Wartung, stimmt’s?«
»Ja, Commander.« Er sah sie forschend an. »Bei allem Respekt, Ma’am, ich nehme an, es stimmt, was man sich über Sie erzählt.«
Sassinak lächelte; sie wußte, was erzählt wurde, und sie wußte warum. »Lieutenant Commander Huron, ich bin mir sicher, Sie geben nichts um müßigen Klatsch … so wenig, wie ich um den Klatsch über Sie und Ihre Leidenschaft für Rennwagen gebe.«
Es tat gut, wieder auf einem Schiff zu sein; sie genoß es, das Kommando innezuhaben, das sie sich immer gewünscht hatte. Sassinak warf einen Blick auf die vier goldenen Ringe um ihren fleckenlosen weißen Ärmel und auf den goldenen Ring an ihrem Finger, der sie als Akademieabsolventin auswies und mit dem kleinen Diamanten für einen außergewöhnlich guten Abschluß verziert war. Nicht schlecht für eine Waise, eine ehemalige Sklavin, überhaupt nicht schlecht. Einige ihrer Klassenkameraden meinten, sie habe Glück gehabt; und einige glaubten ganz sicher, ihr Ehrgeiz erschöpfe sich darin, einen Kreuzer in einem aktiven Sektor zu befehligen.
Aber ihre Träume gingen darüber hinaus. Sie wollte einen Stern auf der Schulter, vielleicht sogar zwei: Sektorkommandeur, Kommandeur einer Schlachtformation. Dieses Schiff war für sie erst der Anfang.
Sie wußte bereits mehr über die Zaid-Dayan 218, als ihre Offiziere ahnten. Sie kannte nicht bloß die Pläne für diese Schiffsklasse, deren Kenntnis von jedem Offizier ihres Ranges erwartet wurde, sondern außerdem die detaillierten Pläne dieses besonderen Kreuzers und die Protokolle aller Wartungsarbeiten. Man kann nie zuviel wissen, hatte Abe immer gesagt. Was immer man weiß, gereicht einem zum Nutzen.
Sie hatte ihre Reichtümer immer bei sich. Besser als Gold und Juwelen, sagte sie sich, waren die Kenntnisse, die ihr den Respekt der Offiziere und der Mannschaft einbringen würden. Derlei konnte man sich auch mit einem unbegrenzten Kreditrahmen nicht kaufen. Natürlich hatten die finanzielle Spielräume auch etwas für sich. Sie fuhr mit der Hand leicht die Kante des in ihrem Büro installierten Schreibtischs entlang; aus echtem Holz, eine Seltenheit, und dazu mit wunderschönen Schnitzereien. Sie hatte in sich einen Geschmack für Qualität und Schönheit entdeckt und gab ihm nach, soweit es ihr Gehalt zuließ. Ein eigener Schreibtisch, einige schöne Kristallobjekte und Skulpturen, Kleider, die die Schönheit betonten, zu der sie erwachsen war. Sie hielt all das immer noch für Luxus, für Zierde, fühlte sich aber nicht mehr schuldig, wenn sie in Maßen ihre Freude daran hatte.
Die Zaid-Dayan hatte äußerlich die Gestalt der meisten schweren Kreuzer, ein leicht abgeplatteter eiförmiger Rumpf mit Trauben von Antriebsdüsen sowohl back- wie steuerbord, in Richtung der Längsachse. Sassinak sah das Schiff natürlich nie von außen; das konnten nur die Wartungsmannschaften. Was sie sah, waren die Menschen zugänglichen Bereiche, die ›Aufenthaltsdecks‹, wie sie genannt wurden, und die Kriechtunnel, die es einem schlanken Servicetechniker erlaubten, in
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