Satanica
Eingang.«
»Okay, schauen wir uns dort um.«
»Ich bin dabei.«
Meine Nase juckte plötzlich. Ich kratzte mich und nickte dann. Der Fall gefiel mir nicht. Mich hatte wieder das Gefühl erfaßt, auf dem Präsentierteller zu stehen, und der Hinweis auf Anat war ein verdammt böses Omen. Der Grabtext hatte genug gesagt. Wenn Satanica ihr nacheifern wollte, dann mußte sie einfach töten, um so zu werden wie sie – eine Kriegsgöttin eben.
Wir gingen, und das mit einem verdammt flauen Gefühl im Magen…
***
Es war wieder der berühmte Kampf durch den mitteleuropäischen Dschungel gewesen, doch schließlich konnte Suko triumphieren, denn es gab dieses Gebäude, das in früheren Zeiten einmal ein Leichenhaus gewesen sein mußte.
Auch an ihm hatte der Zahn der Zeit genagt, und die sich ausbreitende Natur hatte keine Rücksicht gekannt. Wer einige der Fensterscheiben zerstört hatte, war für uns nicht nachvollziehbar, aber es gab diese Lücken in der Mauer. Von außen her wuchsen die Pflanzen in das Innere der alten Leichenhalle hinein. Wir hätten durch eines der zerstörten Fenster klettern können, entschieden uns aber für einen anderen Weg, da wir beide gern den Eingang hatten sehen wollen. Eine Tür hing schief in den Angeln und war auch überwuchert.
Zu hören war hier ebenfalls nichts. Die Stille des offenen Grabes hielt an.
Ich betrat als erster das alte Leichenhaus. Unter meinen Füßen knickten die Zweige eines Buschs.
Eine muffige Halle empfing mich. Es roch irgendwie alt, aber auch nach Pflanzen. Wenn ich mich nicht zu sehr irrte, bestand diese Halle aus einem einzigen Raum. Türen, die woanders hinführten, sah ich nicht, und so bewegte ich mich nach vorn. Hinein in das Halbdüster, denn die zugewachsenen Fensteröffnungen ließen nicht eben viel Tageslicht herein.
Der Raum war leer. Er war schmutzig. Sogar hier wuchs das Unkraut. Es schaute aus den Lücken im Steinboden hervor. Es gab keine Bänke mehr, auch kein Podest, wo früher einmal ein Sarg gestanden hatte.
Trotzdem war für mich der Hauch des Todes noch zu spüren. Er wehte mir unsichtbar entgegen, und ich glaubte auch nicht daran, daß es nur ein Überrest aus der Vergangenheit war.
Hier hatten sich bestimmt noch bis vor kurzem Menschen aufgehalten.
Ein besseres Versteck und gleichzeitig eine Aktionsbühne gab es eigentlich nicht.
Auf den Wänden lagen Schatten wie Tücher. Die Decke über uns zeigte Risse, und noch ein Geruch störte mich, den ich allerdings erst später wahrnahm.
Blutgeruch!
Ich schnupperte und blieb stehen. Auch Suko ging nicht mehr weiter. Er sprach mich an. »Riechst du Blut, John?«
»Ja.«
»Dann hab ich mich auch nicht geirrt.« Stellte sich die Frage, woher es stammte.
Blutlachen hatten wir auf dem Boden nicht entdeckt. Auch keine frischen Leichen, und trotzdem war der Gestank da.
Er wehte mir entgegen, und da gab es nur eine Möglichkeit. Er mußte aus der Wand gedrungen sein.
Mit wenigen Schritten hatte ich sie erreicht. Sie war schmutzig, zeigte eine graue Farbe. Schimmel hatte sich gebildet. Er schimmerte grünweiß.
Ich ging an der Wand entlang. Irgendwo war ich mir sicher, daß ich etwas entdeckte. Ich glaubte auch, daß es mittlerweile kälter geworden war. Auch die Stille empfand ich nicht mehr als normal.
Suko war in der Mitte der leeren Leichenhalle stehengeblieben. Er beobachtete mich, stellte allerdings keine Frage und zog nur die Stirn kraus, als er sah, daß ich stehengeblieben war.
Ich hatte etwas entdeckt.
Ungefähr in der Mitte der Wand war die Zeichnung zu sehen. Eine Frau, die auf dem Boden kniete und sich dabei von einem Stiergott besteigen ließ.
Anat und Baal!
So wie ich es kannte und es Suko gesagt hatte. Ich winkte ihn zu mir. Er schaute sich die Zeichnung an, holte durch die Nase Luft und nickte.
»Kompliment, du hast dich nicht geirrt.«
»Das weiß ich.«
»Dann hat Satanica oder Anat auch diese Halle besetzt. Sie scheint hier die Herrin zu sein.«
»Leider unsichtbar.«
»Wie schätzt du Baal ein?«
»Das kann ich dir nicht sagen. Keiner von uns weiß, ob er mitmischt oder nur als symbolische Figur dargestellt wird. Ich komme damit wirklich nicht zurecht.«
»Gräber, wie wir sie draußen gesehen haben, sind Verstecke, John. Dieser Friedhof ist nicht tot. Hier lebt noch etwas, das uns verdammt nicht gefallen kann und…«
Er stoppte mitten im Satz, denn beide hatten wir die Geräusche gehört, die uns starr werden ließen, weil sie einfach nicht in diese
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