Satanica
alle beide. Schnell…«
»Nein«, widersprach ich. »Warum sollten wir gehen? Es gefällt uns hier auf dem Friedhof.«
»Niemand hat euch eingeladen.«
»Stimmt. Aber was tun Sie hier?«
»Ich gehöre dazu.«
»Wie schön für Sie. Zu wem gehören Sie?«
»Zu meiner Herrin.«
Zwar hatte sie den Namen Satanica nicht ausgesprochen, aber sie allein mußte mit dieser Herrin gemeint sein. Ich ging auch nicht darauf ein, sondern wollte nur wissen, wo wir die Herrin finden konnten.
»Es ist nicht euer Platz.«
Die Person zeigte sich stur. Sie stand unter einem fremden Einfluß und unter Druck. Deshalb war sie sich ihrer Sache auch so sicher. Sie ging davon aus, daß ihr nichts geschehen konnte. »Wenn ihr nicht geht, werdet ihr als Leichen auf dem Fest der Göttin zurückbleiben.«
Bevor ich noch über ihre Antwort nachdenken konnte, war sie auf mich zugegangen, hatte den Arm ausgestreckt und drückte mir die gespreizte Hand gegen den Leib, wobei mir ihre Finger vorkamen wie dicke stählerne Nägel. Auch die Stofftasche mit ihrem Inhalt war ins Schwanken geraten und prallte dabei gegen mein linkes Bein. Der Inhalt war rund. Für einen Augenblick konnte ich mich auf ihn konzentrieren.
Eine Idee wischte durch meinen Kopf, aber ich stand wie eine Eins und ließ sie nicht vorbei.
Mein Gegendruck irritierte die Frau. Sie starrte zu mir hoch. Ihr Mund verzerrte sich. Es war wie eine Botschaft und eine Warnung zugleich, auf die ich nicht achten konnte, denn ich zerrte ihr die Tasche vom Arm.
Sie schrie. Dann sprang sie mich an und klammerte sich an mir fest. Sie riß den Mund auf. Ihr Kopf schnellte dabei auf mein Gesicht zu, als wäre sie ein Vampir, der mir seine Zähne in den Hals schlagen wollte. Das jedoch hatte sie nicht vor, sie wollte mir Hautfetzen von den Wangen reißen.
Mit einem Kniestoß, der ihren Leib traf, stieß ich die Frau nach hinten.
Sie schüttelte den Kopf und knurrte dabei, bevor sie ihre Hände gegen die getroffene Stelle preßte. Ich bekam Zeit, um mich um den Inhalt der Tasche zu kümmern.
Das hatte Suko bereits übernommen. Bisher hatte er die Tasche nur abgetastet, aber er mußte etwas Schlimmes gefühlt haben, denn sein Gesicht war bleich geworden.
Dann kippte die Stofftasche um.
Der Inhalt rollte heraus.
Es war ein Kopf – Perry Brixtons Kopf…
Die graue Frau mußte ihn abgeschnitten haben!
***
Satanica hatte den Friedhof verlassen, und niemand hatte sie dabei gesehen. Ihr Gewissen konnte sich nicht melden, weil sie einfach keines mehr hatte. Sie bewegte sich in einer völlig anderen Welt, obwohl die normale um sie herum war.
Aber sie fühlte sich nicht mehr wie ein Mensch. Sie hatte den richtigen Weg eingeschlagen und den Kontakt zur Göttin und deren Geliebten endlich erreicht.
Sie selbst war durch eine Lücke in der Mauer geschlüpft und lief auf ihr neues Zuhause zu. Es war eine Hütte im nahen Wald. Sie selbst und ihre Helferinnen hatten sie aus Holz und Lehm gebaut. Nicht mehr als ein primitiver Unterstand, aber er reichte ihr.
Zudem lag er sehr versteckt, wo der Wald wirklich am dichtesten war und kaum jemand hinkam. Nicht mal ein Förster oder einer dessen Helfer ließ sich dort blicken. So konnte sich Satanica in aller Ruhe ihren Beschwörungen hingeben und vor allen Dingen auf das große Ziel hinarbeiten, wo der Geist der Kriegsgöttin endlich voll und ganz von ihr Besitz ergreifen würde. Bei dem großen Fest am Abend und in der Nacht. Dort würde die Verwandlung perfekt werden.
Satanica schlängelte sich zwischen den dicht stehenden Fichten hindurch und sah dann ihr Haus vor sich. Das Dach hatte seinen Platz zwischen zwei Buchenstämmen gefunden, und genau dieser Zwischenraum diente ihr als Wohnstatt.
Ein einfaches Lager aus alten Fellen. Ein paar Konservendosen, aus denen sie ihre Mahlzeiten nahm. Einige mit Mineralwasser gefüllte Raschen, mehr brauchte sie nicht zum Leben.
Auf dem Lager ließ sie sich nieder. Gedankenversunken schaute sie nach draußen und gegen die Mauer aus wippenden Fichtenzweigen.
Neben ihr stand das Gefäß mit den Kerzen, die für die große Feier nicht zahlreich genug waren. Darüber sorgte sie sich nicht. Ihre Helferinnen würden Kerzen genug mitbringen und sie auf dem Friedhof aufstellen.
Wenn die Beschwörung dann hinter ihr lag, würde sie die Kraft der Kriegsgöttin in sich spüren und auch so handeln wie sie.
Die Köpfe ihrer Feinde sollten an ihrem Gürtel baumeln. Das Zeichen des Triumphes, zu Ehren der großen Anat und
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