Satans Bruder
sie.
»Wie bitte?«
»Haben Sie Ihre Pistole bei sich?«
Sie lächelte. »Nein. Bei dem vielen Wasser würde sie wahrscheinlich sowieso nicht funktionieren. Aber warum fragen Sie? Meinen Sie, es wäre nötig?«
»Wer weiß, wer sich da draußen herumtreibt. Die Leute im Dorf sind wirklich aufgebracht. Der Regen mag sie davon abhalten, hier hochzukommen, doch wer weiß? Ich wäre jedenfalls vorsichtig ...«
»Na gut, dann bin ich eben vorsichtig.«
Ich öffnete die Tür einen Spaltbreit und schaute ihr nach, bis sie mit dem dunkelgrauen Regenschleier verschmolzen war.
»Warum hast du die Pistole erwähnt?«, fragte Robin, nachdem ich die Tür wieder geschlossen hatte.
»Damit sie weiß, dass ich sie im Visier habe. Vielleicht hält sie das davon ab, Dummheiten zu machen, vielleicht aber auch nicht.«
Wir warteten eine Weile und ich schaute noch zweimal nach draußen. Es war niemand zu sehen und schließlich schlüpften wir hinaus.
Der Regen war wie ein Wasserfall, aber ich war schon so nass, dass ich nicht mehr darüber nachdachte.
Schließlich standen wir vor dem Insektenhaus. Der Schlüssel passte in alle drei Schlösser. Ich schaute mich ein letztes Mal um, schob die Tür auf und wir waren drinnen.
Es war vollkommen dunkel. Wir standen in dem fensterlosen Vorraum und konnten also ruhig das Licht einschalten.
Es war genau so, wie ich es in Erinnerung hatte: leer, weiß gekachelt, makellos sauber.
Und trocken. Niemand war hier drinnen gewesen, seit es zu regnen begonnen hatte.
Wir wrangen unsere Kleider aus, dann löschte ich das Licht wieder und wir öffneten die Tür zum Insektensaal.
Das Metallgeländer war kalt, doch Robins Hand war noch kälter. Die Finsternis wurde unterbrochen von blassblauen Punkten in manchen der Glaskästen, und durch die beiden Fenster, die Jo und Pam eingeschlagen hatten, stahl sich gedämpfter Mondschein. Das Glas war zerbrochen, ich sah die Splitter unter den Fenstern, doch der Maschendraht zeigte keine Spur von Beschädigung, wie Jo gesagt hatte. Es kam jedoch Wasser herein, das die Wände hinunterlief und sich in schimmernden Pfützen auf dem Betonboden sammelte.
Wir warteten, bis sich unsere Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Ich roch wieder den Gestank faulenden Gemüses, an den ich mich noch erinnerte.
Dreizehn Stufen, hatte Moreland gesagt.
Ich schaute zu dem Mittelgang hinunter, den Tischreihen zu beiden Seiten und dem Wandtisch am Ende, wo er den Insekten ihre Mahlzeiten anrichtete.
In manchen der Kästen bewegte sich etwas. Zu hören war jedoch nichts, da selbst hier drinnen der Regen noch alles übertönte.
Dreizehn Stufen. Er hatte es zweimal gesagt, und dann hatte er die Stufen laut abgezählt.
Hatte er gewusst, dass diese Nacht irgendwann kommen würde? Wollte er uns vorbereiten auf einen Abstieg im Dunkeln?
Ich nahm Robin bei der Hand.
Eins ... zwei ...
Jetzt, da wir näher an den Glastanks waren, hörte ich es rascheln und krabbeln.
Ich wusste, wir würden Moreland hier nicht finden. Der hatte etwas ganz anderes im Sinn.
Willkommen in meinem kleinen Zoo ... Gustaves Mädchen wird Ihnen weiterhelfen ...
Die kleinen Glashäuser waren dunkel und sahen alle gleich aus. Wo war noch die Tarantel gewesen? Links, ziemlich weit hinten.
Ich suchte noch nach der Stelle, doch Robin führte mich bereits hin.
Der Käfig war dunkel. Der Torfboden rührte sich nicht.
Vielleicht hatte Moreland das Monstrum weggebracht und etwas anderes für uns hinterlassen.
Ich bückte mich und schaute durch die Glasscheibe.
Vielleicht hatte ich alles missverstanden. Vielleicht war der Kasten leer. Doch dann schoss Emma unter Moos und Blättern hervor und ich zuckte zurück.
Acht borstige Beine, ein fleischiger, pulsierender Körper - mehr als eine Hand voll Spinne.
Sie bewegte sich langsam und selbstsicher und klopfte mit ihren Beinen an die Glasscheibe.
Das ist meine verwöhnte Emma ... sie ernährt sich von kleinen Vögeln, Eidechsen ... die sie zuerst lähmt, dann zerquetscht.
»Guten Abend, Emma«, sagte ich.
Sie streichelte noch ein wenig die Glasscheibe und setzte sich dann wieder auf ihr Moosbett. Das Licht von einem Nachbarkäfig ließ ihre Augen wie Blaubeeren schimmern.
Und die starrten Robin an.
Robin brachte ihr Gesicht vor die Glasscheibe und der Spinnenmund presste sich erst zusammen und stülpte sich dann vor, als versuchte er ein Wort zu formen.
Sie tippte mit einem Finger ans Glas und die Spinne beobachtete sie.
Als Robin nach dem Deckel
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