Satans Erbe (German Edition)
es nicht verantworten, dass Abraham so lange Zeit allein sein würde. Und an einen gemeinsamen Umzug war nicht zu denken. Abraham hätte es nicht verkraftet. Zu sehr hing er an seiner gewohnten Umgebung.
»Einen alten Baum verpflanzt man nicht«, pflegte er zu sagen.
Lotte versprach, in den Osterferien für zwei Wochen zu kommen und mit Lisa alles einzukaufen, was sie für den Schulanfang benötigen würde. Lisa freute sich darauf. Täglich zählte sie Benni auf, wie lang es jetzt noch dauerte, bis ihre Oma kam.
Er schmunzelte vor sich hin. Die süße Maus.
Seine Gedanken glitten ab. Er fragte sich wie so oft vor Weihnachten, ob er zurück nach Australien gehen sollte. Wie viel hatte er für Arno und Lisa aufgegeben. Um sein leichtes und angenehmes Leben unter der heißen Sonne des faszinierenden Kontinents tat es ihm weniger leid als um die sich anbahnende Beziehung zu Ahriman, die er damals gern fortgeführt hätte. Was hätte wohl aus ihnen werden können? Hätte, Wenn und Aber … das brachte ihn nicht weiter. Benni erhob sich aus dem Bett. Er war entschlossen, ein erneutes Gespräch mit Arno zu führen und das am besten sofort.
Er schleppte sich hinunter ins Wohnzimmer. Der Fernseher lief, doch der Raum war leer. Benni ging zu Arnos Büro und klopfte an die Tür. Als keine Antwort kam, öffnete er sie einen Spaltbreit und warf einen Blick hinein. Leer. Wo konnte Arno sein? Er lief durch die Küche nach draußen. Das Außenlicht schaltete sich automatisch ein. An der Garage lugte er durch das vergitterte Fenster. Die Wagen standen an ihrem Platz. Er stapfte durch den Schnee zum Haus zurück und ging wieder ins Wohnzimmer. Als er die Hände vor dem Kaminfeuer ausstreckte, raschelte es hinter ihm. Arno kam herein.
»Warst du auf dem Klo?«
Sein Bruder schaute ihn verwundert an. »Wieso?«
»Weil ich dich nirgends finden konnte.«
»Ach so. Was willst du denn?«
»Wir müssen noch mal miteinander reden.«
»Worüber jetzt schon wieder?«
»Das weißt du genau.«
»Bist du nicht zufrieden? Ist doch alles in Ordnung.«
»Nicht mehr. Seit mindestens vier Wochen bist du wieder unerträglich.«
»Worüber beschwerst du dich eigentlich?«
»Du bestimmst zu sehr über mein Leben. Und erst recht über Lisas.«
»Es ist mein Recht, über Lisas Leben zu bestimmen.«
»Du darfst es dennoch nicht so reglementieren.«
»Ich will nur Ordnung in ihr Leben bringen.«
»Aber doch nicht, indem du ihren Tagesablauf minutiös festlegst. Du befiehlst, wann sie aufstehen muss, wann sie am Tisch zu sitzen hat, was sie essen darf …«
»Moment, Moment. Das sind alles Dinge, die sie lernen muss, wenn sie in die Schule geht.«
»Ja schon, regelmäßig aufstehen – aber doch nicht, was sie essen darf.«
»Ich will nicht, dass sie von falschem Essen krank wird. Zu viel Fett macht dick.«
»Lisa hat ohnehin nichts auf den Rippen. Warum darf sie nicht mal einen Pudding essen oder Schokolade naschen?«
»Weil das ungesund ist. Lisa soll nicht krank werden.«
»Ich glaube, dass du krank bist, Arno. Merkst du nicht, dass du die Dinge übertreibst?«
»Ich übertreibe gar nichts. Was ich mache, ist richtig. Und du solltest mich gefälligst unterstützen, anstatt ständig gegen mich zu arbeiten.«
»Ich arbeite nicht gegen dich.«
»Doch, tust du wohl. Ich habe es genau mitbekommen, wie du Lisa heimlich Negerküsse mitgebracht hast. Ihr Mundwinkel war noch verschmiert, als ich ins Zimmer kam.«
»Mensch Arno, da ist doch nichts dabei …«
»Lisa isst, was ich bestimme. Ist das klar?«
»Arno … bitte. Lass uns die Therapie bei der Ärztin fortsetzen. Sie wird dir erklären, dass deine Kontrolle zu weit geht.«
»Ich will nicht, dass mir einer was erklärt. Du nicht und auch kein Quacksalber. Ich weiß, was ich tue. Und damit basta.«
»So kannst du nicht mit mir umspringen.« Benni wollte hinzufügen, dass er ansonsten gehen würde, hielt sich aber im letzten Moment zurück. Was würde dann aus seiner kleinen Lisa werden? Er drehte sich um und verließ wortlos den Raum. Er wusste, dass mit Arno in dieser Laune nicht zu reden war. Aber wann war er überhaupt gesprächsbereit?
Auf dem Weg nach oben warf er einen Blick in Lisas Zimmer. Sie schlief tief und fest. Er trat an ihr Bett, zog die Decke zurecht und strich ihr über die Haare.
Träum süß, mein kleines Mädchen …
33.
Hasloch
Bayern, Deutschland
März 1964
I ch drückte meine Unterarme auf die hervorgebeulten Stellen des Kofferdeckels und
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