Satans Erbe (German Edition)
das Essen bringen. Du wirst sie nicht besuchen, der Unterricht fällt aus.«
Bevor Benni einen erneuten Versuch starten konnte, auf ihn einzureden, stand Arno auf und verließ den Raum. Die Haustür fiel krachend hinter ihm zu.
Plötzlich hörte er ein Geräusch von oben. Lisa sah aus ihrem Zimmerfenster zu ihm herab. Sie hatte das Fenster gekippt und sagte etwas. Arno konnte es nicht verstehen.
»Was willst du, Lisa?«
»Mummy hat heute Geburtstag. Es wäre ihr Fünfunddreißigster. Eine schöne Feier veranstaltest du ihr, echt.« Lisa schloss geräuschvoll das Fenster.
Kopfschüttelnd setzte Arno seinen Helm auf und stieg auf sein Motorrad. Vielleicht sollte er aus der einen Woche zwei machen …
57.
Deutschland
Hamburg
April 1980
P rofessor Doktor Heinrich König begrüßte mich überschwänglich an der Tür seines bescheiden wirkenden Reihenhauses, auf dessen bröckelige Fassade ich starrte, seitdem ich in Hamburg wohnte.
»Señor Lorenzo, wie ich mich freue, Sie heute zu sehen.«
Die Hand des Professors war verschwitzt und fühlte sich knochiger an als vor einem Jahr. Ich zwang mich zu einem wohlwollenden Lächeln.
»Zweifelsohne, schließlich werde ich Sie reichlich entlohnen, wenn Sie mir meine Fragen beantworten können.« Am liebsten hätte ich mir einfach meine Unterlagen geschnappt und wäre verschwunden – allerdings war ich auf das Ergebnis seiner Arbeit und auf sein Stillschweigen angewiesen, was die Sache ein wenig komplizierter machte. Jegliche unbedachte Aktion wäre in diesem Moment meinem Plan nicht zuträglich gewesen, also atmete ich tief durch und schob mich an ihm vorbei ins Haus. Ich wollte nicht noch länger im Schein der Straßenlaterne stehen, damit ganz Hamburg-Mitte mich sehen konnte. Er schloss die Tür hinter uns.
»Sie können mir doch Antworten geben, Professor?« Ich hob ungewollt die Stimme. Meine Geduld war begrenzt, ich musste mich beruhigen.
»Aber sicher, Señor Lorenzo. Deshalb habe ich Sie angerufen.«
Ich folgte König durch einen dunklen Flur. Ein uralter Perser, der wie ein Kirman-Schafwollteppich aussah, dämpfte unsere Schritte. Schaurig dreinblickende sowie unförmige Pferdeköpfe schmückten verstaubte Regalborde – wie in einem Gruselkabinett. Auf einem Beistelltisch stand ein Schachbrett, der weiße König war gefallen. Ich grinste in mich hinein.
»Möchten Sie«, er machte eine ausholende Geste, als wollte er die Flaschen hinunterwischen, »vorab einen Schluck?«
Nein, ich wollte nicht. »Gern.«
Nach dem doppelten Klaren ging es mir tatsächlich besser. Dem Professor ebenfalls, das sah man. Dies war heute gewiss nicht sein erster.
»Sie haben doch an das Telefonat gedacht?«
Heinrich schraubte den Deckel auf den Flachmann und nickte beflissen. »Gewiss, so wie Sie es verlangt haben. Die werden auf der Arbeit wohl mal ohne mich auskommen. Wir haben die nächsten Tage genug Zeit, ich erkläre Ihnen alles.«
Er wartete auf meine Zustimmung, aber ich schwieg. Wir stiegen hinab in den Keller und ich steckte unauffällig das Glas in meine Manteltasche.
»Wissen Sie, Señor Lorenzo, es war wahnsinnig spannend, gleichwohl unheimlich aufwendig. Ich hatte es Ihnen ja gesagt, es war wirklich eine harte Nuss.«
Ich verdrehte hinter seinem Rücken die Augen. Oh, wie der mir auf den Sack ging. Nicht nur, dass er ständig versuchte, meinen falschen Namen wie ein echter Italiener auszusprechen, sondern auch, weil ich ihn seit fast einem Jahr observierte, obwohl es nicht viel zu beschatten gab.
Ich kannte ihn besser als er sich selbst. Ein in seine Arbeit vernarrter, einsamer Mann, der es unter anderem seiner Schwäche für ein paar nette Stunden zu verdanken hatte, dass ich ihn ausgewählt hatte. Eine Kapazität auf seinem Fachgebiet. Seitdem er das Pergament angenommen hatte, trug er bei Tag und Nacht Sender von mir. Ich versteckte sie unter seinen ausgelatschten Schuhen, in seinem Mantel, der Jacke, dem Auto, seinem Fahrrad, dem Hut und dem Gürtel. Er war nie allein unterwegs. Ich hörte alles, was er sagte und tat, was nicht immer schön war.
Aber wer behauptete, dass Detektiv ein toller Job war? Am nervigsten war die geringe Reichweite der Sender. Ich musste deswegen in einer heruntergekommenen Souterrain-Wohnung im Block gegenüber der Reihenhäuser wohnen und wachte jedes Mal auf, wenn der Kerl mir nachts einen Asthmaanfall vorkeuchte oder aufs Klo musste und Selbstgespräche – oder Satan bewahre – Diskussionen mit seinem
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