Satanskuss (German Edition)
Beherrschung wieder zu finden. Er hatte kein Recht dazu. Er war noch nicht so verkommen, dass er Ariels Seelenheil für ein paar Minuten Frieden eintauschen würde.
Nicht jetzt und hoffentlich auch nicht in den nächsten Jahrtausenden.
Vorsichtig ließ sich Simon auf die tiefste Astralebene gleiten, in der er die wahre Farbe von Ariels Seele ergründen konnte. Nur hier konnte er einen Fehler in ihr finden. Eine Schwäche, die er eventuell gegen die Novizin benutzen konnte.
Der erste Blick genügte, um dem Dämon die Tränen in die Augen zu treiben.
Selbst mit geschlossenen Augen war Ariels Seele von faszinierender Leuchtkraft, deren Intensität der ihrer Unschuld in keinem Punkt nachstand.
Farblos! Sowohl Ariels Seele als auch ihre Unschuld sind farblos! Simon starrte das schlafende und pulsierende, vor Leben und Liebe glühende Geschöpf vor ihm ehrfürchtig an.
Langsam ließ er sich auf die Knie sinken und tat etwas, was er seit einer Ewigkeit nicht mehr getan hatte: Er dankte Gott. Er dankte Gott für diesen Abglanz seines ureigenen Wesens und seiner Liebe.
Vielleicht gibt es noch Hoffnung. Vielleicht auch für mich.
Ariel tauchte aus der Dunkelheit empor und in einen Traum hinein.
Sie lag in Simons Armen und verging in der Hitze seiner Sinnlichkeit. Zu träge, um sich zu bewegen, ihre Glieder noch von einer unbekannten Schwere gefesselt, blieb ihr nichts anderes übrig, als seine Liebkosungen zu registrieren.
Sie war nackt, lag auf einem weichen Lager vor einem Kamin, in dem ein fröhliches Feuer loderte, und stand selber in Flammen.
Obwohl sie träumte, war sie sich ihres Körpers bewusst wie nie zuvor. Er schien zu pulsieren und ein Eigenleben entwickelt zu haben, den sie mit ihrem Verstand kaum fassen konnte. Ariel nahm jede Berührungen Simons war, jedes Zittern und verlangende Kribbeln in jeder ihrer Faser; das Sehnen, welches sich in ihr ausbreitete und Simon zu mehr einlud.
In dem Wissen, einen Traum zu haben, überließ sie sich ihm.
Simon beugte sich zu ihr und presste seine Lippen auf ihre.
Ein wohliger Schauder rieselte durch Ariel. Simon küsste nicht nur, er offenbarte und nahm ihren Mund mit einer Eindringlichkeit in Besitz, als hinge sein Leben von ihren Küssen, von ihrer Liebe, ab.
Simon wusste, dass er eine Grenze überschritt. Nicht nur eine moralische Grenze, sondern auch eine, die all seine Pläne gefährdete. Aber es war ihm egal. Alles war egal, spielte keine Rolle mehr. Nur noch die Frau in seinen Armen.
Er erkannte seinen Fehler, wusste aber, wenn sie ihn jetzt annahm, würde er nicht nein sagen können. Dann würde er sie für ihre Vollkommenheit und für all das, was er nicht verdiente, mit Liebe und ewiger Hingabe bestrafen.
„Was willst du?“, hauchte der Dämon gegen Ariels Lippen. Seine Stimme forderte sie dazu auf, Dinge auszusprechen, die sie sonst niemals äußern würde. Geheime Fantasien, die sie in ihrem Herzen verschlossen hielt.
Ariel sagte nichts, sah ihn nur mit schläfrigem Blick an. Gedankenverloren in einem Traum.
Simon küsste sie noch einmal. Neckisch und fordernd. In seinem Inneren tobte ein verzweifelter Kampf. Einerseits wünschte er sich nichts mehr als Ariel und ihre Liebe, andererseits begehrte sein Verstand auf und wusste, dass er sie betrog, seine Pläne gefährdete und Ariel in unendliche Gefahr brachte.
„Was willst du?“, er atmete ihr die Frage zwischen die Lippen.
„Bitte!“, flehte Ariel leise, weil sie nicht wusste, wie sie ihre Wünsche in Worte fassen sollte. „Alles!“
Simon sog scharf die Luft ein. Plötzlich begriff Ariel, dass ihr Wunsch gefährlich war. Selbst für einen Traum war dies verbotenes Terrain. Und sie nicht Herr ihrer Sinne.
„Alles?“, flüsterte Simon heiser. „Alles, was ich will? Alles wovon ich träume? Willst du mir deine Unschuld schenken – ohne Vorbehalte?“
Ein Herzschlag verging, dann zwei.
Ariel schüttelte ihren Kopf.
Als sie die Verzweiflung und die traurige Wut in Simons Augen las, sah sie sich gezwungen, zu erklären: „Nicht im Leben und nicht im Traum, Simon!“ Sie überraschte sich selbst, indem sie einen sanften Kuss auf seine Lippen hauchte. „Ich gehöre Gott!“
Abrupt ließ Simon sie los und hastete auf die andere Seite des Raums.
Ariel sah ihm kurz nach und versank wieder tiefer auf eine andere Traumebene.
XXIII
Mariella stand in Flammen – schon wieder. Dieses Mal war der Teufel gekommen, um ihre Seele zu fordern.
Andros war der Teufel. –
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