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Satori - Winslow, D: Satori - Satori

Titel: Satori - Winslow, D: Satori - Satori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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hatte – attraktiv genug war sie mit Sicherheit –, aber er befürchtete, die Antwort könnte sie traurig machen, und verzichtete darauf. Stattdessen schüttelte er zwei Zigaretten aus dem Päckchen, steckte beide in den Mund, riss ein Streichholz an und hielt es an die Spitzen der Zigaretten. Als eine der beiden glühte, reichte er sie ihr.
    »Formidable« , sagte Solange. »Paul Henreid wäre neidisch.«
    Nikolai hatte keine Ahnung, worauf sie anspielte, aber er inhalierte den Rauch und unterdrückte den Hustenreiz. Es schmerzte an den Stellen, an denen er genäht worden war. »Ist eine Weile her«, sagte er, als er sich davon erholt hatte.
    »Offensichtlich.« Sie lachte ihn aus, aber er fühlte sich nicht im Geringsten angegriffen oder beleidigt. Vielmehr amüsierten sie sich gemeinsam, und er fing selbst an zu lachen. Wieder tat es ein bisschen weh, und ihm wurde bewusst, dass er lange nicht mehr mit einer anderen Person zusammen gelacht hatte.
    Solange erriet seine Gedanken. »Das ist gut, non ? Ich denke, wir hatten in letzter Zeit nicht viel zu lachen, Sie und ich.«
    »Oder die Welt insgesamt«, sagte Nikolai.
    Sie schenkte erst ihm, dann sich selbst Wein nach, hob ihr Glas und sagte: »Auf bessere Zeiten.«
    »Auf bessere Zeiten.«
    »Sie müssen rauchen lernen, Nikolai«, sagte sie. »Alle Franzosen rauchen.«
    »Als ich klein war, in Schanghai, habe ich Zigaretten stibitzt«, antwortete Nikolai. »Die Chinesen rauchen wie die Schlote. Rauchen und spucken.«
    »Wir kommen ohne das Spucken aus, non ?«
    Nach dem Essen schlenderte er in den Garten.
    Er war wirklich mit viel Geschick angelegt. Ein Weg führte um einen Kiesbereich herum, der mit seinen sorgfältig gerechten Steinchen den Wellen des Ozeans nachempfunden war. Eine kleine »Insel« aus kurzgeschnittenem Gras und Steinen in der Mitte des »Meeres« stellte die Berge Japans dar. Um den Pfad herum waren ein paar Sträucher so platziert, dass sich an jeder Biegung eine neue Perspektive ergab.
    Wie im Leben, dachte Nikolai.

7
    Die nächsten Wochen folgten einer angenehmen Routine.
    Nikolai wachte früh auf und ging zum Meditieren in den Garten. Wenn er fertig war, hatte Solange bereits café au lait und Croissants für ihn vorbereitet, und obwohl es eine Weile dauerte, bis er sich daran gewöhnt hatte, Backwaren zum Frühstück zu essen, gefiel es ihm schließlich doch sehr gut. Nach dem Frühstück unterhielten sie sich, wobei sie seinen Akzent korrigierte und ihm die aktuellen umgangssprachlichen Ausdrücke beibrachte. Solange war eine anspruchsvolle Lehrerin, was Nikolai sehr zu schätzen wusste.
    Sie war sich ihrerseits bewusst, dass schon der geringste Fehler, ein achtloser Anachronismus oder ein einzelner förm licher Ausdruck im falschen Moment ihn das Leben kosten konnte. Deshalb spornte sie ihn an, bestand auf Perfektion, forderte seinen Intellekt und sein beträchtliches Sprachtalent. Er übertraf ihre Erwartungen – sein Stolz machte ihn zu einem ausgezeichneten Schüler.
    Sie führten die Unterhaltungen beim Mittagessen fort, und dann ging Nikolai, wie er es sich angewöhnt hatte, im Garten spazieren. Da sie wusste, dass er die Einsamkeit brauchte, war sie diskret genug, seine höfliche Einladung, ihm Gesellschaft zu leisten, auszuschlagen. Stattdessen ruhte sie sich kurz aus, bevor sie mit den Vorbereitungen für das Abendessen begann. Als er wieder zurück war, betrachteten sie Straßenkarten von Montpellier oder Fotografien von bestimmten Cafés, Restaurants und Sehenswürdigkeiten, die ein Einheimischer kennen würde. Sie fragte ihn aus über den Place Sainte-Anne, den Marktplatz, wo es die besten Pfirsiche gab und wo man eine anständige Flasche Wein zu einem vernünftigen Preis bekam.
    Nach dem Nachmittagsunterricht zog Nikolai sich auf sein Zimmer zurück, um sich auszuruhen, zu lernen und zu baden, was er in einer wunderbar heißen japanischen Wanne tat. Herrlich erfrischt stieg er aus dem fast siedend heißen Wasser und zog sich zum Essen an, das immer französisch und immer superb war. Nach dem Essen tranken sie Kaffee und Cognac, unterhielten sich zwanglos und hörten vielleicht ein bisschen Radio, bis Solange sich in ihr Zimmer verabschiedete.
    Danach zog Nikolai einen Gi an und ging hinaus in den Garten, um sein nächtliches Ritual zu zelebrieren. Am Anfang spähte Solange durch die Fensterläden ihres Zimmers, um ihn bei der Ausführung seiner komplizierten katas  – repetitiven Kampfsportübungen – zu

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