Satori - Winslow, D: Satori - Satori
weiß?«, fragte De Lhandes. »Ich habe mich auf der anderen Straßenseite wie ein Hund auf die Lauer gelegt in der Hoffnung, einen Blick zu erhaschen. Sie sind im Eden Roc.«
Nikolai hätte am liebsten seinen Drink stehen lassen und wäre direkt zum Hotel gegangen. Sie war so nah. Doch er zügelte seinen Impuls und zwang sich, zunächst ans Geschäft zu denken. Das Wichtigste zuerst, sagte er sich, dann kannst du sie suchen.
»Haben Sie Interesse?«, fragte De Lhandes.
»Dasselbe wie Sie.«
»Nicht dasselbe«, bemerkte De Lhandes. »Sie haben eine Chance, mein Freund. Beim goldenen Schamhaar der Dorfjungfer, Sie haben eine Chance.«
Sie tranken aus und überquerten die Straße zum Grand Monde.
Das Casino befand sich in einem von einer hohen, verputzten und mit Stacheldraht bewehrten Mauer umgebenen Hof. Draußen patrouillierten Soldaten der Binh Xuyen zu Fuß und in Jeeps mit aufgebockten Maschinengewehren. Am Eingangstor wurden Nikolai und De Lhandes angehalten und flüchtig nach Waffen und Sprengkörpern durchsucht.
»Das moderne Saigon«, bemerkte De Lhandes, die Arme auf Schulterhöhe angehoben, damit der Türsteher ihn abtasten konnte. Er nickte De Lhandes durch, durchsuchte anschließend Nikolai und ließ auch ihn passieren. Dann traten sie durch die breiten Türen in das riesige weiße Gebäude.
Das Casino mit seinen hohen Decken und den Kronleuchtern konnte durchaus mit seinen Vorgängern an der Riviera und in Monaco mithalten. Die etwa dreißig Spieltische waren mit sattgrünem Filz überzogen und die Einrichtung dem Stil der Jahrhundertwende nachempfunden. Alles war sauber und gepflegt.
Die Gäste hätten – einmal davon abgesehen, dass es sich vorrangig um Asiaten handelte –, ebenso gut aus Südfrankreich stammen können, denn sie waren teuer und nach der neuesten Mode gekleidet. Die Prostituierten – und von ihnen gab es eine Menge – zeigten sich in ihrer aufreizenden Garderobe durchaus verhalten, und die Ehefrauen, Freundinnen und Mätressen der wohlhabenden Männer ignorierten würdevoll ihre Anwesenheit. Chinesische Croupiers in weißen Jacketts arbeiteten flink und effizient, während größere Männer, offenbar Sicherheitsleute, in den Ecken standen und alles wachsam beobachteten.
Der große Raum war von aufgeregtem Geplapper, Jubelschreien und Flüchen, dem Klackern der Würfel, dem Klappern der Chips und dem Knattern der Roulettescheiben erfüllt. Eine Wolke aus Zigarettenrauch schwebte wie eine schützende Glocke über den Triumphen und Enttäuschungen der Spieler.
Haverford saß an einem Roulettetisch. Er schenkte Nikolai nur einen flüchtigen Blick, schob ein paar Chips in die Mitte und beobachtete das sich drehende Rad.
Er gewann.
Bay Vien, glänzend herausgeputzt in einem Anzug aus grauer Kunstseide und mit einer wunderschönen Chinesin am Arm, stand dabei und beobachtete das Geschehen.
»Wer ist das?«, fragte Nikolai.
»Bay Vien«, antwortete De Lhandes. »Der Anführer der Binh Xuyen. Ihm und Bao Dai gehört der Laden. Möchten Sie ihn kennenlernen?«
»Nicht unbedingt«, sagte Nikolai.
»Früher oder später werden Sie nicht drum herumkommen«, sagte De Lhandes, »wenn Sie in Saigon Geschäfte machen wollen.«
»Im Moment«, sagte Nikolai, »möchte ich einzig und allein am Roulettetisch Geschäfte machen.«
Sie gingen zum Kassenschalter und erstanden Spielchips, dann kehrten sie wieder zum Tisch zurück, wo De Lhandes gleich bei seinem ersten Versuch prompt verlor.
»Beim haarigen Sack des heiligen Antonius!«, fluchte er. »Beim unersättlichen Appetit der Töchter der Dordogne! Bei der unaussprechlichen Abartigkeit der Schwestern von …«
»Läuft es nicht gut?«, fragte Nikolai.
»Die finanzielle Not zwingt mich zur Enthaltsamkeit«, erwiderte De Lhandes.
Nikolai trat näher heran und betrachtete das Spiel. Es schien recht einfach – die Spieler wetteten, auf welcher Zahl zwischen eins und sechsunddreißig die Kugel landen würde. Sie konnten zwischen schwierigeren »Innenwetten« und erfolgversprechenderen, wenngleich weniger einträglichen »Außenwetten« wählen, und entweder auf eine bestimmte Zahl, eine Gruppe von Zahlen, gerade oder ungerade, Rot oder Schwarz setzen. Die Kombinationsmöglichkeiten zwischen den jeweiligen Wetten schienen unendlich, doch selbst ein Kind würde bei näherer Betrachtung erkennen, dass die Spielbank immer die höchsten Gewinnchancen hatte.
»Ich hoffe, Sie haben mehr Glück als ich«, sagte Haverford. Er
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