Satori - Winslow, D: Satori - Satori
Gespräch und die klugen Ratschläge.«
Antonucci nickte.
Als Nikolai gegangen war, wandte Antonucci sich an seinen Aufpasser: »Sag Yvette, ich will sie in der nächsten Pause sprechen.«
Fünfzehn Minuten später betrat die Saxophonistin das Büro.
»Du machst Fremden schöne Augen?«, fragte Antonucci.
»Nein! Ich wollte nur nett zu den Kunden sein!«
Er zog seinen Gürtel aus den Schlaufen und fasste ihn doppelt.
116
A ha, dachte Nikolai, als er hinausging und ein Taxi suchte, die Union Corse verlangt also einen Anteil.
Warum nicht? Geschäfte haben ihren Preis.
Er stieg auf den Rücksitz des blauen Renault, der ihn über den Gallieni Boulevard und die Dakow Bridge zurück nach Cholon brachte.
Das Taxi hielt in der Trun Hung Dao Street vor einem zweistöckigen Jugendstilgebäude mit bunter, grün und malvenfarbener Fassade. Nikolai betrat das Arc-en-Ciel, überquerte die lange, mit Granatenabwehrgittern geschützte Terrasse, ging in das Restaurant und die Treppe hinauf in den Nachtclub. Die Bar war brechend voll, attraktive chinesische Prostituierte in hautengen cheong-sams hatten Mühe, Kunden anzusprechen, weil das philippinische Orchester in ohrenbetäubender Lautstärke die Hits von Artie Shaw verunstaltete.
De Lhandes saß an der Bar.
»Was trinken Sie?«, fragte er Nikolai.
»Was soll ich trinken?«
»Nun, es gibt Tiger- und Kadling-Bier«, erwiderte De Lhandes, »sogar kalt, aber die mixen hier auch einen mittelprächtigen Gin Fizz.«
»Dann nehme ich einen«, sagte Nikolai und zog ein paar Piaster aus der Tasche. »Darf ich?«
»Sie sind ein Gentleman.«
Nikolai bestellte und bezahlte zwei Gin Fizz, lehnte anschließend höflich und auf Chinesisch das Angebot einer professionellen jungen Dame ab, die sich auf seinen Schoß gesetzt und ihm bislang völlig ungekannte fleischliche Wonnen in Aussicht gestellt hatte.
»Sie sind ein Mann mit einem eisernen Willen«, bemerkte De Lhandes. »Eine wahre Festung der Selbstbeherrschung.«
»Ich gestehe, es ist verlockend.«
»Geben Sie nach.«
»Nicht heute Abend.«
De Lhandes sah ihn lange abschätzend an, dann fragte er: »Oder sind Sie verliebt?«
Nikolai zuckte mit den Schultern.
»Ahhh«, sagte De Lhandes, »nicht nur ein Mann mit eisernem Willen und Selbstbeherrschung, sondern auch noch treu. Wie beeindruckend und anregend.«
»Freut mich, dass ich diese Wirkung auf Sie habe.«
»Aber ich werde trotzdem den Verlockungen des Fleisches nachgeben«, sagte De Lhandes, »später am Abend. Vorausgesetzt natürlich, dass ich über das nötige Bargeld verfüge. Ein höchst trauriger Zustand, wenn Größe und Umfang des männlichen Glieds von einer beklagenswerten Schmalheit der Brieftasche beeinträchtigt werden. Leider Gottes schließt meine ansonsten unverwechselbare Physiognomie libidinöse Verbindungen weniger kommerzieller Natur aus. Frauen halten mich für einen charmanten Gesellschafter bei Tisch, für einen Ausflug in ihre Gemächer aber weit weniger geeignet. Ich muss wohl nicht mehr sagen, als dass ich gezwungen bin, mich auf die Speisekarten zu beschränken, von denen ich wählen darf. Aufgrund dessen hängt meine sexuelle Zukunft von der flatterhaften Zuneigung des kleinen Rads im Grand Monde ab – Saigons feinstem, den Göttern des Glücks gewidmetem Tempel – wo ich unablässig den Versuch unternehme, ein Laster mit einem anderen zu finanzieren.«
»Und gelingt Ihnen das?«
»Selten«, sagte De Lhandes traurig. »Wenn Erfahrung der beste Lehrmeister ist, so bin ich ein außerordentlich schlechter Schüler. Wie lief das Gespräch mit Antonucci?«
»Gut«, erwiderte Nikolai. »Er wollte mich nur vor der Saxophonistin warnen.«
Beide wussten, dass das eine Ausflucht war.
»Er gehört zur Union Corse, wissen Sie«, sagte De Lhandes und beobachtete, wie Nikolai reagierte.
»Was ist das?«
»Halten Sie mich nicht zum Narren, mon pote «, sagte De Lhandes, »und ich werde Ihnen denselben Gefallen erweisen.«
»Dann sagen Sie mir, ob ich in Ihnen einen Freund oder einen Polizeispitzel gefunden habe?«
»Kann ich nicht beides sein?«
Sie lachten und Nikolai bestellte eine weitere Getränkerunde.
»Sie scheinen gut informiert zu sein«, sagte er.
»Das ist mein Geschäft.«
»Ich suche eine Gruppe französischer Filmschauspielerinnen«, sagte Nikolai.
»Wer tut das nicht?«
»Vergangene Woche sind sie hier eingetroffen«, fuhr Nikolai fort. »Sie wissen nicht zufällig, in welchem Hotel sie wohnen?«
»Ob ich das
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