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Satori - Winslow, D: Satori - Satori

Titel: Satori - Winslow, D: Satori - Satori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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zwölf?«
    »Er ist ein sehr vitaler kleiner Mann.«
    Die Saxophonistin warf Nikolai erneut Blicke zu.
    »Sie will nur nett sein«, sagte er.
    »Sie kassiert eine Tracht Prügel, wenn sie noch netter wird«, entgegnete De Lhandes. »Wenn Sie eine Frau wollen …«
    »Will ich nicht.«
    Der Zwerg streckte seine Hand aus. »Maurice De Lhandes, ursprünglich aus Brüssel, jetzt hat es mich in dieses kulinarische Hinterland verschlagen, wo sich der Charme der Frauen umgekehrt proportional zur Primitivität der Küche verhält. Bei den salzigen Tränen des heiligen Timotheus, wie ein kultivierter Gourmet hier Völlerei treiben und sich zu Tode fressen soll, ist mir schleierhaft. Was nicht heißt, dass ich es nicht trotzdem versuche.«
    »Michel Guibert.« Nikolai hob sein Glas. »Santé.«
    »Santé.«
    »Comment ça va?«
    »Den Umständen entsprechend«, maulte der Gnom, »wenn man bedenkt, dass ich gerade im Le Givral gespeist habe – vorausgesetzt, man will es überhaupt so bezeichnen. Ich kann nur sagen, wer auch immer sich verschworen und diese Aioli verbrochen hat, muss in den weniger aufgeklärten Regionen von Sizilien geboren worden sein – vermutlich in einem Dorf, dessen umnachtete Bewohner ohne Geschmacks knospen und Geruchssinn das Licht der Welt erblickten – denn die Unausgewogenheit des Verhältnisses von Knob lauch und Olivenöl schmeckte nach schierer Barbarei.«
    Nikolai lachte, was De Lhandes bewog, mit seiner Schimpftirade fortzufahren.
    »Der Umstand, dass es mir dennoch gelang, den gesamten gedämpften Fisch und anschließend eine Lammkeule zu verzehren«, sagte De Lhandes, »deren Mittelmäßigkeit selbst einem chronisch ans Bett Gefesselten Tränen der Langeweile in die Augen getrieben hätte, mag Beweis sowohl für meine Toleranz wie auch für meine Fresssucht sein, wobei Letztere sehr viel größer ist als Erstere.«
    De Lhandes war ein angenehmer Zeitgenosse. Er war als Korrespondent einiger Nachrichtenagenturen in Saigon stationiert, um über den »verfluchten Krieg« zu berichten. Bei ein paar Drinks brachte er Nikolai auf den status quo bellum .
    Die Viet Minh waren stark im Norden, wo auch die meisten Kämpfe stattfanden. Im Süden waren sie schwach, besonders im Mekong Delta, aber dennoch in der Lage, Guerillaangriffe und Terroranschläge – Bomben, Granaten und so weiter – in Saigon zu lancieren. Der legendäre Guerillaführer Ai Quoc war untergetaucht, aber Gerüchten zufolge plante er bereits eine neue Offensive im Delta.
    Politisch betrachtet war Bao Dai eine Marionette der Franzosen und interessierte sich sehr viel mehr für Bestechung, Glücksspiel und teure Callgirls als für die Regierungsgeschäfte, von dem Bemühen, Unabhängigkeit gegenüber Frankreich zu erlangen, einmal ganz zu schweigen. Wenn man den Gerüchten Glauben schenkte – und das tat De Lhandes –, dann verwendete Bao Dai die riesigen Staatszuschüsse, die ihm die Amerikaner zahlten, für den Erwerb von Immobilien in Frankreich. Er hatte sich außerdem mit Bay Vien und der Union Corse verbündet und kassierte einen beachtlichen Anteil am Geschäft mit dem Opium, das Bay Vien in Vietnam verkaufte und das später nach Frankreich verschifft und dann in Form von Heroin in die Vereinigten Staaten gebracht wurde.
    Im Gegenzug halfen ihm die beiden kriminellen Organisationen, in Saigon für Ruhe und Ordnung zu sorgen, auch in Cholon, dem chinesischen Viertel auf der anderen Seite des Saigon River.
    »Das ist die Heimat der Binh Xuyen«, sagte De Lhandes, »und dort gibt es das beste Essen, die besten Kasinos und die besten Bordelle.«
    »Und was noch?«
    »Rung Sat«, erwiderte De Lhandes. »Der Sumpf der Attentäter. Verirren Sie sich niemals dorthin, mon pote . Denn Sie würden nie mehr zurückkehren.«
    Die Unterhaltung verebbte, als sie sich zurücklehnten und am Anblick des sexy Orchesters erfreuten. Das ging nicht nur ihnen so. An der Bar stand eine große und lärmende Gruppe – dem Anschein nach französische Soldaten außer Dienst – und warf bewundernde Blicke auf die Mädchen, dankbar, europäische Frauen zu sehen. Die Männer an den anderen Tischen sahen aus wie Journalisten oder Regierungsbeamte. Oder wie Spione, dachte Nikolai, so wie De Lhandes einer war.
    Der »Korrespondent« ging für einen Europäer sehr diskret vor. Er hatte sachte versucht, Nikolai auszuhorchen und herauszubekommen, was er so tat, und Nikolai hatte ihm, abgesehen davon, dass er auf der Suche nach

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