Satori - Winslow, D: Satori - Satori
Guarini zu trösten.
»Da ist noch mehr«, sagte Diamond. »Sein Betreuer ist ein Amerikaner, der in Saigon unter der Tarnung des USIS arbeitet.«
»Haverford«, sagte Mancini. »Ich hab’s gewusst.«
Wieder wurde geschwiegen, Espresso geschlürft und langsam und bedächtig geraucht. Dann sagte Mancini: »Die Sache mit Haverford muss nach was anderem aussehen. Ein Raubüberfall … nehmt ein paar von den einheimischen Jungs dafür.«
»Was ist mit Guibert?«, fragte Antonucci.
Signavi warf ein: »Der ist was anderes. Der weiß sich zu wehren.«
Die Männer überlegten.
Antonucci sagte: »Ich setz die Kobra auf ihn an.«
125
In der Lobby des Continental wartete ein mürrischer, übergewichtiger Franzose auf Nikolai. Während dieser am Empfang seinen Zimmerschlüssel abholte, schälte er sich langsam aus dem Sessel und ging auf ihn zu.
»Monsieur Guibert?«
»Ja?«
Der Anzug des Mannes hing an ihm wie nasse Wäsche. Dunkle Augenringe verstärkten den Eindruck kolonialer Trägheit.
»Patrice Raynal«, sagte er. »SDECE. Kann ich mit Ihnen sprechen?«
»An der Bar?«, schlug Nikolai vor.
»Vielleicht in Ihrem Zimmer?«, erwiderte Raynal. »Dort sind wir ungestörter.«
Sie zogen sich in Nikolais Zimmer zurück, wo Raynal den ihm angebotenen Drink ablehnte, sich in einen Sessel fallen ließ und direkt zur Sache kam: »Ich kann Sie nicht leiden, Guibert.«
»Die meisten Menschen«, erwiderte Nikolai, »lassen sich für eine solche Entscheidung ein oder zwei Tage Zeit.«
»Diese Leute hatten nicht den Vorteil«, sagte Raynal, »Telegramme aus Moskau und Peking zu erhalten, in denen Ihre sofortige Festnahme und Auslieferung verlangt wird, noch haben sie ebenso dringlich vorgetragene Anfragen aus dem Norodom Palace nach der Identität des Franzosen erhalten, der den Kaiser beleidigt und seiner Begleiterin unschickliche Avancen gemacht hat. Und ihnen sind keine Berichte zu Ohren gekommen, denen zufolge Sie den Binh Xuyen eine Fracht extrem tödlicher und wahrscheinlich gestohlener Waffen zugeführt und an einem Flug nach Cap St. Jaques teilgenommen haben sollen.«
»Die Bin Xuyen sind Ihre Verbündeten«, sagte Nikolai freundlich.
Raynals Stimme war müde. »Offiziell nicht, wie Sie wissen. Die französische Regierung macht sich nicht gemein mit Piraten und Drogenschmugglern. Und erst heute Morgen, Guibert, noch bevor ich Gelegenheit hatte, meinen Kaffee mit einem stärkenden Schuss Cognac zu versehen, erreichte mich die Nachricht, dass ein gewisser, zugegebenermaßen unbedeutender sowjetischer Funktionär, der ehemals der Delegation in Peking angehörte, tot in einer Absteige in Cholon gefunden wurde. Offensichtlich Selbstmord, aber als der abgebrühte Zyniker, der ich bin, komme ich nicht umhin, mich zu fragen, ob Ihre Anwesenheit dort einem reinen Zufall geschuldet war. Sie scheinen die Angewohnheit zu haben, sich ständig in der Nähe toter Russen aufzuhalten.«
Leotow tot? Nikolai überlegte, ohne dass seine Gesichtszüge etwas davon verrieten. Eine Überdosis oder die Russen oder die Chinesen? »Ich glaube, das habe ich mit einer Vielzahl von, sagen wir mal, Deutschen gemein.«
»Sehr witzig«, sagte Laval. »Meine Abneigung gegen Sie wächst von Minute zu Minute.«
»Sie verhaften mich also?«, fragte Nikolai, der die verbale Rangelei satthatte. Mit seiner Auslieferung an eine der kommunistischen Hauptstädte wäre natürlich alles vorbei.
»Nein«, sagte Raynal. »Wir nehmen keine Befehle aus Moskau oder Peking entgegen. Nicht einmal aus Washington, bis jetzt zumindest nicht. Aber Ihr Aufenthalt in Saigon ist beendet. Sie konnten sich gestern Abend im Kasino ein hübsches kleines Taschengeld sichern. Verschwinden Sie, Guibert, so schnell wie möglich.«
»Bay Vien hat mir dasselbe geraten.«
»Er hat Recht«, fuhr Raynal fort, »mir ist wirklich egal, was mit Ihnen passiert, Hauptsache, es passiert nicht in meinem kleinen Garten. Ohne um den heißen Brei herumzureden, hauen Sie ab. Va t’en .«
Er stemmte sich aus dem Sessel und wirkte jetzt noch zerknautschter als bei seiner Ankunft.
»Eins noch«, sagte er auf dem Weg zur Tür. »Lassen Sie die Frau Seiner Exzellenz in Ruhe.«
Nikolai ging zu dem Zettel, der auf seinem Tisch lag. Wenn er Raynal aufgefallen war, so hatte dieser es sich nicht anmerken lassen.
Er öffnete den Umschlag.
Ciné Catinat? À deux heures?
Nicht unterschrieben, aber es war ihre Handschrift.
Er sah auf die Uhr.
Er hatte gerade noch genug Zeit, um seine
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