Satori - Winslow, D: Satori - Satori
von diesem Guibert gehört. Jeder in Saigon hatte das. Er sagte: »Bedaure, Monsieur, aber mir war nicht bewusst, dass Sie ein Schließfach bei uns haben.«
»Das habe ich«, entgegnete Nikolai. »Unter dem Namen Juri Woroschenin.« Er schob Woroschenins Pass über den Tisch. Laval warf einen Blick darauf und sah anschließend wieder Nikolai an. »Mir wurde mitgeteilt, Monsieur Woroschenin sei kürzlich verstorben.«
»Wie Sie sehen«, sagte Nikolai, »handelt es sich dabei offensichtlich um eine Fehlinformation.«
»Das scheint mir nicht den Vorschriften zu entsprechen.«
»Monsieur Laval«, sagte Nikolai, »die ganze Banque de l’Indochine entspricht nicht den Vorschriften.«
Laval wirkte beleidigt. Er lehnte sich zurück und fuhr sich mit seinen langen Fingern über die hohe Stirn. »Haben Sie Dokumente dabei, die Ihre Identität bestätigen, Monsieur … wer auch immer Sie sind?«
Nikolai nickte, zog einen Umschlag aus seiner Jackentasche und überreichte ihn Laval. Der Bankier nahm ihn, öffnete ihn, wurde kreidebleich und stammelte: »Das ist ungeheuerlich.«
»Das sehe ich ähnlich«, erwiderte Nikolai. »Ich denke, Madame Laval würde dem ebenfalls zustimmen.«
»Wie sind Sie daran gekommen?«, fragte Laval, verblüfft über die Fotografien, die ihn mit einer jungen Kambodschanerin im Bett zeigten.
»Spielt das eine Rolle?«
»So benimmt sich kein Gentleman.«
»Und wieder bin ich ganz Ihrer Ansicht. Diese Abzüge dürfen Sie behalten, ich habe andere sicher verwahrt. Und falls Ihnen das als Nachweis meiner Identität nicht genügt« – er schob ein Bündel Piaster-Scheine über den Schreibtisch –, »werden diese Bilder hier Sie vielleicht zufriedenstellen.«
Laval zögerte. Dann nahm er das Bündel und stopfte es sich zusammen mit den Fotos in die Jackentasche.
Murrend führte er ihn in den Tresorraum und überreichte ihm den Schlüssel.
Nikolai öffnete die Stahlbox.
Sparbücher für Konten in der Schweiz und in den Vereinigten Staaten. Außerdem Aktien und Wertpapiere – ein bisschen ironisch für einen Kommunisten, dachte Nikolai. Er verstand nichts von alldem, hoffte aber, Woroschenin habe sich besser ausgekannt und das Vermögen der Iwanows klug angelegt. Dann waren da Codes für weitere Schließfächer. In Zürich, Bonn, Paris, New York, Buenos Aires.
Natürlich konnte Nikolai nicht wissen, was sie enthielten, aber das Geld hier genügte zur Finanzierung dessen, was er vorhatte, und für ein einigermaßen bequemes und abgesichertes Leben mit Solange.
Und was das Thema Sicherheit anging, so war Nikolai hocherfreut, das vorzufinden, was er sich erhofft hatte, und was jeder Mann mit Woroschenins Beruf an einem sicheren Ort aufbewahren würde …
Reisepässe.
Ein französischer und ein deutscher und – was für eine herrliche Ironie – auch einer aus Costa Rica, die Nationalität, die ihm die Amerikaner versprochen hatten. Und apropos Amerikaner, Woroschenin hatte sich sogar einen amerikanischen Reisepass verschafft.
Ein gewisser »Michael Pine«, wohnhaft in der Park Avenue in New York City.
Nikolai nahm den Inhalt der Box, verstaute ihn in seiner Aktentasche und verließ den Tresorraum.
Laval wartete auf ihn.
»Jetzt möchte ich bitte ein Konto eröffnen«, sagte Nikolai und überreichte ihm den amerikanischen Reisepass, »unter diesem Namen.«
Das Konto wurde eröffnet. Nikolai behielt genug für anstehende Ausgaben zurück, zahlte den Rest ein und wies Laval an, das Geld an die Filiale in Marseille zu überweisen.
Laval gehorchte.
Nikolai wünschte ihm einen guten Tag und ging.
124
Die Männer saßen in Antonuccis Büro.
Mancini, Antonucci, Guarini, Ribieri, Sarti, Luciani – die gesamte Führungsriege der Union Corse saß am Tisch und lauschte den Ausführungen von Capitaine Signavis Gast, einem amerloque , der sich »Mr. Gold« nannte.
»Dieser sogenannte Michel Guibert«, sagte Diamond, »ist ein Beamter der amerikanischen Drogenfahndung, und er hat den Auftrag, sich in die Heroin-Connection zwischen Indochina, Marseille und New York einzuschleichen.«
Die Männer schwiegen eine Weile.
Schließlich sagte Mancini: »Das kommt davon, wenn man Geschäfte mit Fremden macht.«
»Er schien ein respektvoller junger Mann zu sein«, erwiderte Antonucci, nahm eine Zigarre aus dem Humidor und zündete sie sorgfältig an, ohne sich seine Wut darüber, von dem jungen Guibert getäuscht worden zu sein, anmerken zu lassen.
»So sind die Zeiten«, versuchte
Weitere Kostenlose Bücher