Satori - Winslow, D: Satori - Satori
der drückenden Hitze schmecken. Die Temperaturen hatten mittlerweile Rekordwerte erreicht, und es war so feuchtschwül wie unter einer Dusche. Die Luft war schwer und der Monsun konnte jeden Tag losbrechen. Er hoffte, ihn nicht mehr zu sehen, hoffte, er und Solange würden dann bereits weit weg in einem Flugzeug sitzen. Vielleicht unterwegs an einen sonnigen, trockenen Ort.
Es war verlockend sich vorzustellen, sie könnten wieder nach Japan zurückkehren. Seine Auswahl an neuen Identitäten würde dies sogar zulassen, aber er wusste, dass sich das Land verändert hatte und nie wieder so sein würde, wie es einmal war. Japan war jetzt amerikanisiert, und das wollte er nicht erleben.
Außerdem gab es da noch eine bestimmte Angelegenheit zu regeln – drei, um genau zu sein –, und zwar in Amerika. Vorher konnte er nicht entscheiden, wo er sich niederlassen wollte. Aber Solange würde während seiner Abwesenheit irgendwo bleiben müssen.
Möglicherweise in Frankreich, vielleicht irgendwo im Baskenland.
Immerhin, dachte er, spreche ich die Sprache.
Nikolai trank aus, zahlte seine Rechnung und ging auf die Straße hinaus. Er war erst einige hundert Meter weit gekommen, als er einen Wagen hinter sich heranfahren hörte.
Der Motor des Renault stotterte, als der Fahrer die Geschwindigkeit auf Schritttempo drosselte. Nikolai sah sich nicht um – er wusste, dass sie es auf ihn abgesehen hatten, und es würde nichts bringen zu signalisieren, dass er sich dessen bewusst war. Ein rascher Blick in ein Schaufenster verriet ihm, dass es sich um einen blauen Renault mit einem Fahrer und zwei Passagieren handelte.
Nikolai ging weiter. Würden sie wirklich versuchen, ihn hier zu erwischen? Am späten Nachmittag, auf der Rue Catinat? Und sollte es eine Tracht Prügel, Mord oder Entführung werden? Er hielt sich die Paris Match vor die Brust, entzog die Zeitschrift damit ihren Blicken und rollte sie zu einem festen Zylinder zusammen.
Dann sah er die beiden Männer auf sich zukommen.
Einer von ihnen machte einen entscheidenden Fehler – er sah Nikolai in die Augen. Dann wanderte sein Blick über Nikolais Schulter, was ihm signalisierte, dass die Männer aus dem Renault jetzt direkt hinter ihm auf dem Bürgersteig waren.
Er würde es also mit Messern zu tun bekommen – falls sie auf einen Mord aus waren –, oder aber es ging um eine Entführung, denn der Wagen fuhr immer noch im Schritttempo hinter ihnen her, anstatt einfach davonzurauschen. Nikolai wollte nicht warten, bis er es sowieso herausfinden würde.
Zuerst kümmerte er sich um die Männer hinter sich. Er holte mit der zusammengerollten Zeitschrift aus, als würde er ein Ruder ins Wasser schlagen, traf den ersten Angreifer im Schritt, wirbelte herum, schwang sein Zeitschriftenrohr jetzt wie einen Kricketschläger und erwischte den zweiten Mann damit im Genick. Beide gingen zu Boden – der erste vor Schmerzen, der zweite war bereits bewusstlos, bevor er auf dem Bürgersteig aufkam.
Nikolai ging tief in die Knie, beugte sich vor und stieß die Zeitschrift über seine Schulter, traf so den nächsten Mann am Auge und löste den Augapfel aus seiner Höhle. Der vierte streckte die Arme aus und packte ihn an der Schulter. Nikolai ließ die Zeitschrift fallen, hielt die Hand auf seiner Schulter fest, drehte sich abrupt, brach so den Arm des Mannes und schleuderte ihn zu Boden.
Dann rannte er.
Er lief in eine Seitenstraße, die rechts von der Catinat abzweigte. Der Wagen folgte ihm. Kugeln zischten durch die Luft, als der Fahrer versuchte, durch den Verkehr zu steuern und gleichzeitig zu schießen. Fußgänger schrien, fielen zu Boden oder duckten sich in Türeingänge, versuchten, sich vor den schwirrenden Kugeln in Sicherheit zu bringen. Nikolai drängte durch die Menge.
Der Wagen raste an ihm vorbei und krachte vor ihm auf den Bürgersteig.
Der Fahrer stabilisierte seine Schusshand auf dem Rahmen des heruntergekurbelten Fensters und zielte. Nikolai warf sich zu Boden und rollte bis unter die Fahrertür, während der Schütze versuchte, die Pistole neu zu justieren, um erneut auf sein Ziel anzulegen.
Nikolai griff nach oben, umklammerte das Handgelenk des Schützen und zerrte ihn herunter, wobei er ihm den Arm am Ellbogen brach. Dann stieß er sich vom Boden ab, rammte seinem völlig überrumpelten Gegner den Pistolengriff ins Gesicht, packte ihn an den Haaren und donnerte ihn immer wieder mit dem Gesicht auf den Fensterrahmen. Schließlich öffnete er
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