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Satori - Winslow, D: Satori - Satori

Titel: Satori - Winslow, D: Satori - Satori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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kurz vor dem Höhepunkt ins Ohr, dass ihr Mann längst tot ist. Das wird vorzüglich, ich verspreche es Ihnen.«
    Er ließ Woroschenin mit der Frau allein, verweilte aber draußen vor der Höhle, um die feinen Unterschiede in der Klangfärbung ihrer Schreie mitzuverfolgen, die in der Oper als wawa diao , als Arie der höchsten Emotionen, bezeichnet werden.

25
    D ie Speisen waren erlesen.
    Was die Überlegenheit der südlichen Küche gegenüber der des Nordens anbetraf, war Nikolai ein Snob, aber er musste zugeben, dass diese Mandarin-Gerichte überraschend gut waren.
    »Yushangfang« , erklärte Oberst Yu, als Nikolai das Essen lobte.
    »›Des Kaisers Küche‹. Es leuchtet ein, wenn man darüber nachdenkt – der Kaiser konnte die besten Köche in ganz China zu sich rufen. Sie kamen alle her, um zu kochen, und ihr Vermächtnis ist geblieben.«
    Allerdings, dachte Nikolai.
    Das Bankett begann mit einer scharf-sauren Suppe, Rippchen in süßem Chingkiang-Essig und zha xiao wan zi , kleinen gebratenen Fleischbällchen aus erstklassigem Schweine hack, und natürlich jiaozi , den für Peking typischen dim-sum . Yu hatte Nikolai den Ehrenplatz an dem runden Tisch direkt zu seiner Linken zugewiesen und suchte ihm persönlich mit seinen Essstäbchen die besten Stücke heraus.
    Auch das eine große Ehre.
    Jetzt prüfte der Oberst die Platte mit den kalten Schweineohren, wählte eines aus und legte es Nikolai auf den Teller. Anschließend nahm er sich selbst eins, kostete es und nickte zustimmend. »Ich stamme aus dem Süden«, sagte er zu Nikolai. »Ein Bergaffe aus Sezchuan. Und ich habe lange gebraucht, bis ich mich an das Essen hier im Norden gewöhnt hatte. Aber es ist ganz gut, nicht wahr?«
    »Es ist sehr gut«, antwortete Nikolai. Und Yu hatte nichts von einem Affen. Für einen Mann, der als General Pengs rechte Hand galt, war er überraschend jung, keineswegs ein Landei, sondern ein scharfsinniger kultivierter Stabsoffizier. Heute Abend trug er zivil: eine frisch gestärkte Maojacke mit akkuraten Bügelfalten an den Taschen. Sein volles schwarzes Haar war dem aktuellen Stil entsprechend kurz geschnitten.
    »Natürlich vermisse ich meinen Reis«, sagte Yu in die Tischrunde. »Diese ganzen Nudeln …«
    Die anderen Speisenden reagierten wie erwartet mit höflichem Gelächter.
    Woroschenin sagte: »Ein Mann Ihrer Stellung könnte sich doch sicher Reis aus dem Süden bringen lassen.«
    Nikolai war beeindruckt von Woroschenins flüssigem Mandarin und nahm auch den entspannt vertrauten Tonfall zur Kenntnis, den er dem Oberst gegenüber anschlug. Vielleicht lag es an den drei Maotais, die sich der Mann während der Begrüßungsrunde vor dem Essen genehmigt hatte. Nikolai hatte ebenfalls höflich mitgehalten und spürte jetzt den Alkohol.
    »Aber ich bin kein Kaiser«, sagte Yu freundlich, obwohl keinem der am Tisch Anwesenden der leise Seitenhieb gegen Mao, der sich den besten Reis kommen und von Hand verlesen ließ, entgangen war.
    Nikolai fand die Bemerkung bezeichnend – anscheinend fühlte Yu sich in seiner Stellung sicher genug, um gegen den Großen Vorsitzenden zu sticheln.
    Woroschenin beugte sich über den Tisch und spießte einen Schweinefuß auf. Er nutzte die Gelegenheit, um Nikolai zu fragen: »Sind Sie zum ersten Mal in Peking?«
    »Das bin ich.«
    »Zum ersten Mal in China?«
    »Nicht direkt«, entgegnete Nikolai. »Ich habe einen Teil meiner Kindheit in Hongkong verbracht.«
    »Gehört das nicht zu Großbritannien?«, fragte Woroschenin. Das war unhöflich, ein hinterhältiger Seitenhieb gegen seine chinesischen Gastgeber.
    »Das denken die Briten«, antwortete Nikolai. »In Wirklichkeit ist Hongkong so britisch, wie, sagen wir, die Mongolei russisch ist.«
    Yu lachte laut auf.
    »Nichts für ungut«, setzte Nikolai hinzu und sah Woroschenin dabei direkt an.
    »Kein Problem«, erwiderte dieser, obwohl beide Männer wussten, dass die Bemerkung als Spitze gemeint war und ihre Wirkung nicht verfehlt hatte. Er starrte Nikolai unverwandt an.
    Die anderen Speisenden waren Zeugen dieser sehr westlichen, sehr unchinesischen direkten Konfrontation, und Chen, der links neben Nikolai saß, war erleichtert, als die Kellner die Anspannung lösten, indem sie eine Platte mit gebratener Schweineleber zwischen Schwertlilienblüten servierten.
    Aber Woroschenin ließ nicht locker. »Ich meine gehört zu haben, dass die Franzosen in Asien Kolonien besitzen.«
    Nikolai bejahte. »Französisch-Indochina, um genau zu

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