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Satori - Winslow, D: Satori - Satori

Titel: Satori - Winslow, D: Satori - Satori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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sein.«
    »Genauigkeit ist wichtig.«
    »Exakt.«
    »Obwohl«, sagte Woroschenin und wagte sich noch einen Schritt weiter vor, »ich weiß nicht, ob die Franzosen, sagen wir, Vietnam noch lange werden halten können. Ho Chi Minh schlägt ein wenig über die Stränge, nicht wahr?«
    »Es ist nur eine Frage der Zeit«, sagte Yu.
    »Und der Waffen«, warf Woroschenin ein. »Würden Sie als Militär nicht auch sagen, dass der Aufstand der Viet Minh ohne verlässlichen Nachschub an modernen Waffen nicht in die nächste Kampfphase übergehen kann? Ich meine, mit dem, was sie im Moment haben, können sie den Franzosen kaum standhalten, schon gar nicht, wenn die von den Amerikanern mit Waffen versorgt werden.«
    »Um erfolgreich zu sein«, erwiderte Yu über die Schweineleberplatte hinweg, »muss jede aufständische Bewegung den Übergang vom Guerillakampf zur konventionellen Kriegsführung vollziehen. Das hat unser geliebter Vorsitzender uns gelehrt.«
    Er nahm ein Stück Leber und legte es auf Nikolais Teller.
    »Aber«, beharrte Woroschenin, »ohne Waffen ist das nicht möglich.«
    »Nein«, sagte Yu schlicht. »Das ist es nicht.«
    »Was führt Sie nach Peking?«, fragte Woroschenin Nikolai und wechselte damit ganz bewusst nur scheinbar das Thema.
    »Geschäfte«, antwortete Nikolai.
    »Landwirtschaftliche Maschinen?«, fragte Woroschenin mit gespielter Ahnungslosigkeit. »Bewässerungsanlagen, so was? Wegen des amerikanischen Embargos? Gut für Sie, Genosse. Aber, verdammt, Sie kommen mir bekannt vor, Michel. Irgendetwas in Ihren Augen. Waren Sie schon mal in Russland?«
    Nikolai sah, dass Woroschenin seine Reaktion genau beobachtete. Er wusste, dass er ihn ködern wollte, um ihn abschätzen zu können. Aber warum?, fragte sich Nikolai. Konnte er etwas ahnen? Gab es eine undichte Stelle? Kannte Woroschenin womöglich den wahren Grund für seine Anwesenheit in Peking?
    »Nein«, erwiderte Nikolai. »Waren Sie schon mal in Montpellier?«
    »Sie meinen die Stadt in Frankreich?«
    »Genau die.«
    »Ja, aber dort war es nicht«, antwortete Woroschenin. Dreist starrte er Nikolai einen weiteren Moment lang an und sagte dann: »Nichts für ungut, aber ich kannte mal eine Frau in Leningrad. Die hatte auch solche Augen. Sie … naja, wir sind ja unter Genossen, nicht wahr? Freunde?«
    Er erntete allgemeines Schweigen, und fuhr trotz der allseits bekannten Scheu der Chinesen, in der Öffentlichkeit über Sex zu sprechen, fort. »Sie war eine Tigerin im Bett. Ich nahm sie auf jede erdenkliche Weise, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    Das zögerliche Gelächter klang gekünstelt, man fühlte sich peinlich berührt. Woroschenin musste sich seiner Macht sehr sicher sein, dachte Nikolai, wenn er das Zartgefühl seiner Gastgeber so frech verletzte. Gewiss wusste er es besser – doch wie sein selbstzufriedenes, anzügliches Grinsen vermuten ließ, war es ihm offenbar egal.
    Und die geschmacklose Anspielung auf meine Mutter? Nikolai überlegte. Ein Schuss ins Blaue oder weiß er was? Stellt er mich auf die Probe?
    Am liebsten hätte Nikolai sofort zugeschlagen. Es wäre so einfach gewesen, er hätte ihm bloß ein Essstäbchen durchs Auge ins Gehirn bohren müssen. Blitzschnell, bevor Woroschenins Aufpasser, die wie Hunde an der Wand standen und lauerten, mehr tun konnten, als den Tod ihres Chefs feststellen.
    Aber das wäre Selbstmord gewesen.
    Also erwiderte er Woroschenins Blick lächelnd und fragte: »Können Sie ein Geheimnis für sich behalten, Genosse Woroschenin?«
    Woroschenin lächelte seinerseits. »Dafür wurde ich geboren.«
    Nikolai beugte sich leicht zu ihm hinüber, blickte ihm direkt in die Augen und sagte: »Mir geht’s um Mord.«
    Chen schnappte nach Luft.
    Nikolai lachte und sagte: »Tut mir leid. Mein Mandarin ist eingerostet. Ich meine natürlich, ein Mordsgeschäft.«
    Die Speisenden lachten, dann sagte Woroschenin, dunkelrot vor Zorn: »Dennoch eine gewagte Bemerkung an einem Tisch voller Kommunisten, mon ami .«
    »Ich bin das, was Sie wohl als einen ›nützlichen Kapitalisten‹ bezeichnen würden«, erwiderte Nikolai. Woroschenins Augen ließen keinen Rückschluss auf den Kenntnisstand des Mannes zu. Gewiss war er beleidigt und vor Wut rot angelaufen, doch als Nikolai seine vermeintlich ›falsche‹ Formulierung korrigierte, wirkte er auch erleichtert.
    »Das ist der gängige Ausdruck«, sagte Yu. »So, jetzt haben wir genug übers Geschäft geredet. Wir sind schreckliche Gastgeber, unseren Gast so

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