Satori - Winslow, D: Satori - Satori
bin ich geschäftlich hier.«
Kang lächelte. Das sehe ich, dachte er, aber von mir aus. Ich will dir die Selbsttäuschung nicht verderben.
»Die Füchsin jault eine Oper«, sagte er zu seinem Assistenten und bezeichnete damit eine relativ milde, aber exzellente Foltermethode, die Woroschenin mit seiner Vorliebe für Schmerz und seiner Leidenschaft für die Pekingoper gewiss unwiderstehlich finden würde.
»Manban« , setzte er hinzu, was bedeutete, dass er die Schläge langsam ausgeführt haben wollte. Kang wusste, dass Woroschenin dies gefallen würde. »Wir können in mein Arbeitszimmer gehen.«
Woroschenin folgte ihm in ein angrenzendes Zimmer und bemerkte, dass Kang die Tür absichtlich offen ließ.
»Sie sagten, es ginge ums Geschäft«, begann Kang und freute sich über das sichtliche Unbehagen des Russen.
»Dieser Franzose, der heute angekommen ist«, sagte Woroschenin. Natürlich würde Kang bereits von ihm wissen. In Peking geschah nichts von Bedeutung, ohne dass dem Leiter der chinesischen Geheimpolizei davon berichtet wurde.
Woroschenin hörte die schrillen Schreie, die tatsächlich klangen, als würde eine Füchsin nach ihrem Fuchs jaulen.
Kang gab lächelnd zu verstehen, dass er wusste, von wem die Rede war und sagte: »Guibert?«
»Ich denke, so heißt er.«
»Und was ist mit ihm?«
»Was macht er hier?«, fragte Woroschenin.
»Es geht wohl um Waffenlieferungen für unsere revolutionären kleinen Brüder in Vietnam«, entgegnete Kang.
»Waffen für die Viet Minh?«
»Anscheinend.«
»Er ist Franzose«, sagte Woroschenin, »und verkauft Waffen, die gegen seine eigenen Landsleute eingesetzt werden?«
»Seit wann kümmern sich Waffenschmuggler um Nationalitäten?«, fragte Kang. »Oder Kapitalisten um Moral?«
Die Schreie der Frau fügten sich hervorragend in den Gesamtrahmen.
Woroschenin warf ein: »Aber Vietnam liegt im Einflussbereich der Sowjetunion.«
»Ein Blick auf den Globus würde etwas anderes vermuten lassen.«
»Sie haben sich doch nie einen Scheiß für die Unabhängigkeit Vietnams interessiert«, brummte Woroschenin und lauschte dem Stöhnen der Frau.
Auch Kang hörte es. Ihr Wimmern war jetzt zu einem durchgängigen Thema geworden.
»Das kränkt mich. Wir fühlen uns allen Menschen, die unter der imperialistischen Knute leiden, zutiefst verpflichtet.«
»Ist das Pengs Operation?«
»Scheint so.«
»Und Sie vertrauen ihm?«
»Ich vertraue niemandem.«
In höheren Geheimdienstkreisen war es ein offenes Geheimnis, dass Peng Mao verabscheute und stets nach einer Gelegenheit suchte, ihn vom Thron zu stoßen. Der General verdankte es allein seiner persönlichen Macht und Beliebtheit in der Armee, dass er noch am Leben und nicht in dieser Höhle gefangen war.
So sehr Woroschenin Pengs Abneigung gegenüber dem Großen Vorsitzenden auch teilte, ein Erfolg Pengs wäre eine Katastrophe für den Kreml. Schließlich hatten sie längst einen Mann in der Mandschurei auf Abruf bereitstehen. Eine Marionette, ganz im Gegensatz zu Peng, der unabhängig regieren und China vielleicht sogar zu einem Bündnis mit dem Westen treiben würde.
So weit durfte es nicht kommen.
Mit kristallklarer Stimme schlug die Frau nun einen sehr hohen Ton an.
Woroschenin stand auf. »Ich sollte gehen.«
Zehn Jahre, dachte Kang. Es war absolut lebensnotwendig, das Bündnis mit der Sowjetunion weitere zehn Jahre aufrechtzuerhalten. Die ultrageheime militärisch industrielle Entwicklung war im Südwesten bereits in Gang gesetzt worden und würde innerhalb eines Jahrzehnts abgeschlossen sein. Und bis dahin hätte China die Atombombe, wäre ein wirtschaftliches Machtzentrum, und der Wandel der Gesellschaft wäre abgeschlossen. Dann würde man mit den herablassenden, selbstherrlichen, neo-imperialistischen Sowjets abrechnen.
Aber in den nächsten zehn Jahren war man noch auf die Wirtschaftshilfe der Russen und auf ihren militärischen Schutz angewiesen, und da durfte nichts dazwischenkommen. Er stand also auf, nahm Woroschenin am Ellbogen, führte ihn in den Folterraum und fragte: »Wollen Sie sie haben?«
Der Russe antwortete nicht, und Kang verstand sein Schweigen als ein Ja. Er ging zu der Frau und fragte: »Willst du deinen Mann retten?«
»Ja.«
»Du kannst etwas dafür tun.«
»Alles, ich tue alles.«
Kang nahm Woroschenin beiseite.
»Nehmen Sie sie«, sagte er. »Wie Sie wollen. Sie ist mein Geschenk an Sie. Aber wenn Sie sich einen besonderen Spaß machen möchten, dann flüstern Sie ihr
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