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Satori - Winslow, D: Satori - Satori

Titel: Satori - Winslow, D: Satori - Satori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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kennt.
    »Vielleicht«, sagte Kang, »zeigen Sie sich kooperativer, wenn ich erläutert habe, was wir mit Ihnen vorhaben.«
    »Die Möglichkeit besteht«, entgegnete Nikolai.
    »Die Möglichkeit besteht«, pflichtete Kang ihm freundlich bei.
    Hels Tapferkeit war entzückend, so typisch für einen sheng . Und wie aufmerksam von ihm, seine Rolle so schön zu spielen – der Fall eines Falken ist ungleich tragischer als der eines Spatzen. Er wandte zunächst Chen seine Aufmerksamkeit zu, der einen vortrefflichen chou abgeben würde, einen Clown. »Konterrevolutionärer Köter.«
    »Nein«, blubberte Chen. »Ich bin ein loyaler …«
    »Lügner!«, schrie Kang. »Du bist Teil dieser Verschwörung! Du hast ihm bei jedem seiner Schritte geholfen!«
    »Nein.«
    »Oh doch!«, schrie Kang. »Du hast ihn zur Kirche gebracht, oder nicht?«
    »Ja, aber …«
    Nikolai sagte: »Er hatte nichts …«
    »Sei still«, fuhr Kang ihn an. »Du kommst noch schnell genug an die Reihe, das verspreche ich dir. Aber jetzt ist das fette Schwein dran. Für wie viele Yuan isst du jeden Tag, pang ju ? Kümmerst du dich deshalb so gerne um ausländische Gäste, damit du dich auf dem Buckel des Volkes fett fressen kannst?«
    »Nein …«
    »Nein, sondern weil du ein Spion bist.«
    »Nein!«
    »›Nein‹«, sagte Kang. »Ich werde dir die Chance geben zu gestehen.«
    Das war der langweiligste Teil des Stücks. Die shangching , die Präambel. Gefangene gestanden zu diesem Zeitpunkt nie, da sie wussten, dass sie damit ihr eigenes Todesurteil unterschrieben. Sie wussten, welcher Schmerz ihnen bevorstand und dass sie sich schließlich des ihnen vorgeworfenen Kapitalverbrechens für schuldig bekennen würden, aber die menschliche Natur sieht nun einmal vor, dass man um sein Überleben kämpft.
    Chen schwieg.
    »Na schön«, sagte Kang.
    Nikolai sah, wie Chen fast die Augen aus den Höhlen traten, als Kang mit der Nadel auf ihn zukam. Kang kicherte. »Ich habe das noch nie gemacht, es ist also ein kleines Experiment.«
    Chen zuckte zusammen, als Kang einen seiner Hoden mit der Nadel berührte.
    »Das Problem ist die Flexibilität«, sagte Kang.
    Dann stieß er mit der Nadel zu.

69
    Xun Huisheng stimmte einen herrlichen Ton an, klangvoll und perfekt getroffen bis zum ze .
    Seht, meine arme Herrin legt jeden Tag die Stirn in Falten
Und der junge Mann ist krank und dürr.
Trotz der Strafen, die mir die Herrin auferlegt, werde ich,
die kleine Rote Magd, ihr helfen,
ihre Träume zu verwirklichen.
    Woroschenin klatschte, während die Zuschauer unten vor Begeisterung über die hervorragende Aufführung »Hao! Hao!« riefen.

70
    Oberst Yu saß mit sorgenvoller Miene in seinem Büro.
    Dieser sogenannte Michel Guibert war nicht in der Oper erschienen, in seinem Zimmer war er auch nicht und keiner seiner Beobachter kannte seinen Aufenthaltsort. Sie konnten nicht mehr sagen, als dass sie gesehen hatten, wie er vor dem Beijing Hotel in einen Wagen gestiegen war.
    Befand er sich in Woroschenins Gewalt?
    Oder Kangs?
    Auf jeden Fall war die Situation brenzlig. Wer wusste schon, was Kang aus ihm herauspressen würde? Falls Mao bereit war, sich gegen General Peng zu wenden, dann konnte dies der beste Augenblick dafür sein. »Guibert« würde gestehen, ein Mordkomplott gegen den russischen Oberbevollmächtigten geschmiedet zu haben, und Kang würde General Peng mit hineinziehen.
    Man hatte bereits Fluchtrouten in den Süden des Landes vorbereitet.
    War es an der Zeit, sie zu nutzen?
    Musste Operation »Südwind« aktiviert werden?
    Vielleicht, Yu verfluchte sich, vielleicht war der Schritt zu gewagt gewesen – möglicherweise voreilig –, die Amerikaner bei ihren Plänen zu unterstützen. Vielleicht hätte man Guibert unverzüglich nach seiner Einreise des Landes verweisen sollen. Aber der Gedanke, Stalin und Mao gegeneinander aufzuhetzen, war zu verlockend gewesen. Die Russen würden völlig verfrüht versuchen, Gao Gang zu installieren. Mao würde darauf reagieren müssen, aber er war nicht stark genug. Und General Peng würde das Machtvakuum ausfüllen.
    So verlockend, so voller Möglichkeiten …
    Und die Idee, Woroschenin in der Oper zu töten, war in ihrer subtilen Ironie einfach hervorragend. Sehr unwestlich, aber dieser »Guibert« …
    Sollte ich den General davon in Kenntnis setzen?, fragte sich Yu. Den Fluchtplan aktualisieren und ihn auffordern, unverzüglich aufzubrechen? Die Arbeit vieler Jahre wäre umsonst, alle Hoffnungen vergebens, die Träume

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