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Satori - Winslow, D: Satori - Satori

Titel: Satori - Winslow, D: Satori - Satori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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Adern gefror und sich sein Magen umdrehte. »Was?«
    »Bis jetzt ist er nicht an Punkt Null eingetroffen.«
    »Bis jetzt nicht oder überhaupt nicht?«, fragte Haverford.
    Der junge Agent zuckte mit den Schultern. Ein paar Sekunden später fragte er: »Wollen Sie Befehl zum Abbruch geben?«
    Der Befehl zum Abbruch würde genau das bewirken – das Fluchthelferteam in der Niujie-Moschee würde verschwinden, bevor es gefasst werden könnte, der Mönch, die Hui-Agenten, sie alle würden über die Grenze fliehen.
    Er ging sämtliche mögliche Erklärungen durch:
    Die banale – Hel hatte sich nur verspätet, war im Verkehr stecken geblieben.
    Die verräterische – Hel hatte den Schwanz eingezogen und sich aus dem Staub gemacht.
    Die katastrophale – Hel befand sich in der Gewalt von Kang Sheng.
    In letzterem Fall wäre der Befehl zum Abbruch definitiv gerechtfertigt.
    »Nein«, sagte Haverford. »Wir geben ihm noch ein bisschen Zeit.«
    Wo bist du, Nikolai?

68
    D rei Polizeiagenten zerrten Nikolai aus dem Wagen, drückten ihn auf die Motorhaube und fesselten ihm die Arme mit Handschellen auf dem Rücken.
    Er wehrte sich nicht. Es war nicht der richtige Moment.
    Sie richteten ihn wieder auf, und zwei von ihnen packten ihn jeweils an einem Ellbogen.
    »Spion!«, brüllte Chen ihm hinterher, doch seine Augen flehten um Vergebung. Winzige Spucketröpfchen trafen Nikolai im Gesicht, als Chen schrie: »Jetzt bekommst du den gerechten Zorn des Volkes zu spüren! Jetzt lernst du die Wut der Arbeiter und Bauern kennen!«
    Chen wandte sich um und wollte sich wieder in den Wagen setzen, doch der Fahrer war ausgestiegen, hatte eine Pistole gezogen und hielt sie nun Chen an den Kopf. »Li Ar Chen, ich verhafte dich wegen Verrats an der Volksrepublik.«
    Der dritte Polizist packte seine Arme, drehte sie ihm auf den Rücken und legte ihm ebenfalls Handschellen an.
    »Nein!«, schrie Chen. »Nicht ich! Er ist es! Ich doch nicht! Ich habe alles gemacht, was ihr gesagt habt!« Der Fahrer steckte seine Pistole ins Holster, ohrfeigte ihn mit voller Wucht und befahl: »Nehmt ihn mit.«
    Der Polizist schob Chen an Nikolai vorbei.
    Wortlos schleppten sie ihn durch einen Steingarten zu einer Öffnung, die an eine Höhle erinnerte. Einer der Polizisten klopfte an die massive Holztür, und einen Augenblick später vernahm Nikolai ein gedämpftes: »Herein.«
    Die Tür öffnete sich, und die Agenten stießen Nikolai hinein.
    Es war tatsächlich eine Höhle, oder zumindest hatte man versucht, eine solche in Beton nachzubilden. Kommunisten, dachte Nikolai, sie lieben ihren Beton. Die Decke war gewölbt und die Wände ungleichmäßig gestrichen, um geologische Schichten nachzubilden.
    Die »Höhle« war sehr geschmackvoll mit Tischen und Stühlen aus Rosenholz, einem gemütlichen Sofa und allerhand Folterinstrumenten ausstaffiert. Es gab eine Art Bank, offensichtlich zur Verabreichung von Schlägen, vielleicht auch für sodomitische Quälereien gedacht, eine verblüffende Auswahl an Peitschen und Flegeln, die an dafür vorgesehenen Haken hingen, und zwei fest am Boden verschraubte Stühle mit geraden Rückenlehnen, deren Sitzflächen entfernt worden waren.
    Die Polizisten stießen Nikolai auf einen der Stühle, nahmen ihm die Handschellen ab und banden seine Handgelenke mit dicken Lederriemen an den Stuhllehnen fest. Nikolai sah zu, wie sie Chen packten, ihn unsanft auszogen und an den Handschellen von einem Stahlrohr herunterhängen ließen, das an der Decke entlang quer durch den Raum führte. Dann banden sie seine Fußknöchel an Bügeln auf dem Boden fest, so dass er jetzt alle viere von sich streckte.
    Chen ließ das Kinn auf die Brust sinken und weinte leise.
    Eine Tür öffnete sich, und Kang Sheng hatte seinen Auftritt.
    Nikolai musste zugeben, dass es einer gewissen Dramatik nicht entbehrte – die Beleuchtung war perfekt, der Augenblick genau richtig abgepasst, und Kang hielt ein unheilvolles Requisit in Händen, das im Licht der Lampen glänzte.
    Ein Draht, vielleicht dreißig Zentimeter lang und an einem Ende spitz wie eine Nadel.
    »Guten Abend, Mr. Hel, nehme ich an?«
    »Guibert.«
    »Wenn Sie darauf bestehen.« Kang lächelte.
    Nikolai bekämpfte das Entsetzen, das sich in seiner Kehle breitmachte und zwang sich, einen klaren Kopf zu bewahren. Kang hat bereits seinen ersten Fehler begangen, dachte er. Er hat seine Eröffnungsposition auf dem Brett offenbart, indem er durchblicken ließ, dass er meine wahre Identität

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