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Satori - Winslow, D: Satori - Satori

Titel: Satori - Winslow, D: Satori - Satori Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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sie als ihre Muttersprache bezeichneten.
    »Das bin ich.«
    »Hab unterwegs zwei Männer verloren.«
    »Sie werden in ein gutes Leben wiedergeboren werden.«
    Der Bootsmann zuckte ob der Vorstellung von Wiedergeburt gleichgültig mit den Schultern. Im Moment hatte er mit diesem Leben schon mehr als genug zu tun.
    »Ich bin Tasser.«
    Er bot ihm nicht die Hand an.
    »Michel Guibert.«
    »Weiß ich. Hast du Geld?«
    »Ja.«
    »Her damit.«
    »Die Hälfte jetzt«, sagte Nikolai, »die andere, wenn wir in Luang Prabang sind.«
    Tasser schnaubte abfällig und betrachtete den tosenden Fluss. »Ich will den Schotter jetzt. Vielleicht schaffen wir’s nicht bis Luang.«
    »Es ist deine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass wir es schaffen«, sagte Nikolai. Er zählte die Hälfte des Geldes ab und reichte Tasser ein Bündel Scheine.
    »Wo hast du Englisch gelernt?«
    Tasser presste die Fingerkuppen seiner rechten Hand aneinander und beschrieb einen fließenden Bogen in der Luft. »Amerikanische Flieger. Sind mit ihren Kisten gegen die Berge gekracht. Hab sie aufgekratzt, oder das, was von ihnen übrig war. Hätte der Krieg noch ein paar Jahre länger gedauert, säß ich jetzt im gemachten Nest.«
    »Wollen wir lieber Chinesisch sprechen?«
    »Ich mach mir doch den Mund nicht schmutzig«, sagte Tasser auf Chinesisch. Dann wechselte er wieder ins Englische. »Hast du anständige Kippen?«
    »Gauloises.«
    »Den französischen Mist? Nein danke.«
    »Wie du meinst.«
    »Mein ich«, sagte Tasser. »Also, was ist in den Kisten?«
    »Geht dich nichts an.«
    Tasser lachte, zerknäulte einen der Scheine und warf ihn ins Wasser. »Muss die Flussgötter schmieren«, erklärte er. Aber einer seiner Männer kletterte weiter unten in den Fluss, fischte den Schein wieder heraus und brachte ihn Tasser zurück.
    Nikolai zog eine Augenbraue hoch.
    »Sind Götter«, meinte Tasser. »Was sollen die mit der Kohle anfangen?«
    Nikolai ging weiter und fand Yu, der nervös auf den Pfad zurückblickte. Er nahm eine Zigarette und reichte sie dem Oberst.
    »Vorhin im Kloster«, sagte Yu, »da haben Sie nicht wie ein Mann gekämpft, den allein die Profitgier treibt.«
    »Doch, bei mir geht’s um nichts anderes.«
    »Machen Sie sich nichts vor«, sagte Yu. »Sie glauben an ein höheres Ziel, auch wenn sie vielleicht selbst noch gar nicht wissen, was es ist.«
    »Ich glaube an meine Freiheit.«
    »Individuelle Freiheit ist eine bürgerliche Illusion«, erwiderte Yu. »Von dieser Vorstellung sollten Sie sich verabschieden.«
    »Wenn Sie gestatten, werde ich daran festhalten.«
    »Bringen Sie einfach die Waffen an Ihren Bestimmungsort«, sagte Yu.
    »Sie haben mein Wort.«
    Darauf schüttelten sie sich die Hände.
    Nikolai ging wieder zu den Flößen zurück. »Los geht’s!«, rief er, und die Bootsleute stießen die Flöße vom Ufer ab.
    Der Fluss trug sie augenblicklich davon.
    Allmählich wurde der Lekang langsamer und flacher.
    Auf einer Strecke von etwa drei Kilometern nach Nikolais Schätzung floss das Wasser schnell, aber gleichmäßig, und er hatte Gelegenheit, sich Flöße und Mannschaft genauer anzusehen.
    Die Flöße waren ungefähr viereinhalb Meter breit und aus schwimmenden, fest miteinander verzurrten Stämmen gezimmert, die allerdings locker genug gebunden waren, um flexibel zu sein. Sie hatten kaum Tiefgang und schienen problemlos über seichte Stellen hinwegzugleiten. An den Seiten befanden sich lange Ruder, die die Mannschaft bei dieser Strömung allerdings nicht brauchte. Im hinteren Teil der Flöße war jeweils mit Stangen ein Verdeck aufgespannt, direkt davor befand sich ein Kohleofen. Die Kisten standen aufgestapelt in der Mitte und waren mit Hilfe eigens dafür gebohrter Löcher und Ösen fest vertäut.
    Die Bootsleute, vier auf jedem Floß, waren allesamt Tibeter, untersetzt, mit runden Gesichtern und sonnengebräunter Haut. Sie saßen mit überschlagenen Beinen an den Rändern in der Nähe der Ruder und genossen die Ruhepause, die ihnen dieser verhältnismäßig ungefährliche Flussabschnitt gönnte.
    »Ich hätte nicht gedacht, dass es in Tibet viel Flusshandel gibt«, sagte Nikolai zu Tasser.
    »Hast du richtig gedacht.«
    »Wo hast du das hier gelernt?«
    »Von den irren Briten«, entgegnete Tasser. »Wollen immer irgendwo rauf oder runter. Die Berge hoch und die Flüsse runter. Hauptsache durchgeknallt und gefährlich. Vor dem Krieg kamen ein paar Klugscheißer aus Oxford und wollten die Ersten sein, die den Lekang runterfahren.

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