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Saturn. Schwarze Bilder der Familie Goya: Roman (German Edition)

Saturn. Schwarze Bilder der Familie Goya: Roman (German Edition)

Titel: Saturn. Schwarze Bilder der Familie Goya: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacek Dehnel
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dann auf Papier. Dieser Mensch war eine Fabrik für Escudos, Realen und Dublonen, eine kleine Münzprägeanstalt mit ständigem Zugang zu Erz. Mit Geld gab es nie Probleme, seit ich mich erinnern kann – vielleicht im Krieg, als der König vertrieben wurde und niemand ihm sein Gehalt zahlte; aber selbst damals hat er gemalt, den Adjutanten von König Flasche, so einen französischen General, wie hieß er noch gleich … und diese ekelhafte Allegorie von Madrid, von der er sagte, sie habe, mit Verlaub, eine … ich sage nicht was, aus Marmor, und die später so oft überarbeitet wurde, jedes Mal, wenn jemand die Stadt eroberte; und danach Wellington, auf dem Pferd, oh, auf einem sehr misslungenen Pferd, oje – und wie misslungen. Und wie er sich aufregte wegen diesem Pferd, wie er mit dem Glas nach dem Dienstmädchen warf! Na ja, für Pferde hatte er einfach kein Händchen.
    Ich dachte, ich würde frei sein, doch er hing weiterhin über mir, wie eine große Leiche, in Spiritus konserviert – weit weg von hier verfaulte er auf dem Kartäuser-Friedhof, neben meinem schon stärker zersetzten Schwiegervater, aber über mir hing er heil, unangetastet, wie zu Lebzeiten. Mit offenen Augen und dieser Verachtung, dieser Enttäuschung im Blick. Vielleicht kam es daher, dass ich ihn nicht tot gesehen hatte, vielleicht hätte ich doch früher fahren und schauen sollen, wie er den letzten heiseren, pfeifenden Atemzug von sich gibt? Vielleicht hätte ich dann Ruhe gehabt? Oder wenn ich mit eigenen Augen gesehen hätte, wie sie ihn, als es vorbei war, in die Franziskanerkutte mit dem Schlitz auf dem Rücken hüllten – wie man das mit Toten macht – und in den Sarg legten, wie die feuchte Frühlingserde, berstend vor Leben, gegen den Deckel schlug?
    Und erst gut ein Jahr nach seinem Tod, eines Tages, als wir aus der Stadt hinausgefahren waren, in die Quinta del Sordo, als ich mit Gumersinda beim Essen saß, in dem Zimmer im ersten Stock … nein, Moment, nein, damals gab es ja dieses Stockwerk noch gar nicht. Im Parterre. Wir hatten den Tisch aufstellen und servieren lassen, was wir aus Madrid mitgebracht und was wir von einem Bauernburschen bekommen hatten; eine einfache, ländliche Mahlzeit: kaltes Hähnchen, Oliven, Gazpacho … ja, es muss ein Hähnchen gewesen sein, denn ich weiß noch, dass mir in den Sinn kam … Ja, ich erinnere mich genau an den Moment: Ich biss einen Flügel ab, schaute Gumersinda an, nein, nicht Gumersinda, sondern die Wand hinter ihr, die mit gelbem Perkal mit einem feinen goldenen Muster verkleidete Wand, und sie führte gerade das Glas zum Mund … Und da erinnerte ich mich, dass es damals ja auch so gewesen war, als der Alte nach Bordeaux abreiste: Leocadia waren wir schon los, sie war als erste gefahren, um ein Nest für sie beide zu finden und es entsprechend einzurichten, es gemütlich zu machen, mit Seide und Kissen auszulegen, tüttel-tüttel, als würde ihn so etwas interessieren; und sofort war es angenehmer hier, ruhiger, man konnte sogar einigermaßen normal mit ihm reden oder ihm zumindest zuhören, was er über Bilder murmelte, zusehen, wie er mit dünnem Stichel eine Linie auf der Kupferplatte zog; die Quinta del Sordo hatte er schon auf Marianito überschrieben, es war alles in der Schwebe. Sogar seine Gegenwart, die sich sonst immer über alle Häuser ergoss, in denen er wohnte, die jedes Staubkorn in der Ecke, jedes Haar des Sesselbezugs durchdrang, war schwächer jetzt, wie gedämpftes Licht. Und ich erinnerte mich, dass ich damals auch die nahende Freiheit ahnte, als müssten sich alle Dämme und Schleusen öffnen, die den großen, rauschenden Fluss in mir im Zaum hielten, der seit so vielen Jahren im Untergrund verborgen, eingemauert war. Er reiste ab – und nichts geschah.
    Aber ich musste Marianos Hochzeit ausrichten, und ich vergaß das alles.

Mariano spricht
    Es verband uns – wie soll ich es sagen? Es verband uns die Liebe zur Musik. Und zu … ja, eben … zum schönen Leben. Denn wir waren beide schön – das wollen wir ja nicht verbergen, denn es lässt sich gar nicht verbergen. Und schön war auch unsere Umgebung; bei allem, was einem in Spanien, dieser vergammelten Provinz von Paris, missfallen kann, hatten wir doch so viele wunderbare Dinge um uns; beide waren wir reich, und es sah aus, als würden wir von Jahr zu Jahr reicher werden; Concepción bekam von ihrem Vater eine Mitgift, um die sie viele unvergleichlich hässlichere Mädchen beneidet hätten, deren

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