Saturn
Transportmittel?«
Holly lachte. »Sie wollen mir doch nicht etwa erzählen, dass
Sie schon müde sind!«
»Nee, eigentlich nicht. Ich sagte mir nur, dass es langsam
Abendessenszeit wird und dass ich vorher noch duschen und
mich umziehen sollte, wissen Sie.«
Holly spürte, wie ihr Puls sich beschleunigte. Versuchte er
vielleicht, mich in sein Apartment zu locken?
»Ich bin mit Dr. Cardenas zum Abendessen verabredet«,
erklärte er, »und ich will einen guten Eindruck bei ihr
machen.«
Hollys Gesicht verdüsterte sich. »Mit Dr. Cardenas?«
Er musste ihre Enttäuschung bemerkt haben. Sie wurde sich
bewusst, dass sogar ein Blinder sie gesehen hätte.
»Es geht bei diesem Gespräch darum, dass sie Nanoroboter
programmieren will, um meinen Anzug zu dekontaminieren«,
erklärte er. »Sie ist so sehr damit beschäftigt, ihr Labor
einzurichten, dass ich nur beim Abendessen die Möglichkeit
habe, mich mit ihr zu unterhalten.«
»Aha.«
»Es ist rein dienstlich.«
»Ja. Ich verstehe.«
Gaeta warf ihr einen verschmitzten Lausbubenblick zu.
»Möchten Sie mitkommen? Oder bringen Sie doch einen
Freund mit; dann wären wir zwei Pärchen.«
Plötzlich wurde Holly sich bewusst, dass sie gar keinen
Freund hatte, den sie zu dieser Verabredung mitbringen
könnte. Sie hatte wohl viele Bekannte, aber die meisten von
ihnen waren Kollegen aus dem Büro. Seit der Ankunft im
Habitat hatte sie ihr ganzes Denken und Handeln auf Eberly
ausgerichtet. Bis zu diesem Tag, als Gaeta in ihrem Büro
erschienen war.
Und nun das.
»Nein«, sagte sie mit fester Stimme. »Aber trotzdem danke.
Ich habe noch viel nachzuarbeiten.«
Er nickte zerknirscht. »Ich habe Sie von ihrer Arbeit
abgehalten, was?«
»Das ist schon in Ordnung«, sagte Holly. »Es war ein
schöner Nachmittag.«
Sie machte im Tunnel kehrt und ging in die Richtung zurück,
aus der sie gekommen waren. Gaeta holte sie schnell ein.
»Vielleicht möchten Sie morgen mit mir zu Abend essen?«,
schlug er vor.
Hollys Miene hellte sich wieder auf. »Morgen? Sicher, wieso
nicht.«
»Großartig«, sagte er und lächelte sie an.
Im Apartment angekommen zog Gaeta sich aus, duschte und
befand, dass der Epilationseffekt noch so weit vorhielt, dass
eine Rasur im Moment nicht erforderlich war. Während er sich
mit einem Auge auf die Digitaluhr neben dem Bett ankleidete,
wies er das Telefon an, eine Nachricht an Wendell Sloane in
Selene zu schicken. »Mr. Sloane«, sagte er leicht unbehaglich
wegen der formalen Anrede. »Status-Bericht betreffend Ms.
Lane. Keine besonderen Vorkommnisse. Sie arbeitet noch
immer in der Personalabteilung. Sie scheint keinerlei
persönliche Bindungen zu haben; keinen festen Freund und
auch sonst ein kaum ausgeprägtes Sozialleben. Ich habe heute
mit ihr zu Mittag gegessen. Sie ist wirklich eine patente junge
Dame: Sehr intelligent und sehr engagiert. Sie scheint mit ihrer
Arbeit hier im Habitat glücklich zu sein. Sagen Sie ihrer
Schwester, dass sie sich keine Sorgen zu machen braucht, was
sie betrifft. Aber ich werde sie wunschgemäß trotzdem im
Auge behalten. Ich wollte Sie nur wissen lassen, dass es hier
keine Probleme gibt.«
Das müsste die Großkopferten in Selene für eine Weile
zufrieden stellen. Ohne ihre Unterstützung wird dieser ganze
Titan-Stunt den Bach runtergehen. Die Astro Corporation war
nämlich der größte Geldgeber für Manuel Gaeta und sein
Team.
Sammi Vyborg saß steif am Schreibtisch und schaute durch
die offene Tür des winzigen Büros ins größere Büro auf der
anderen Seite des Gangs. Es gehörte seinem unmittelbaren
Vorgesetzten, Diego Romero.
Vyborg schaute auf die Digitaluhr in der Ecke des
Schreibtischs, die unablässig Zahlen abspulte. Es ist doch
jeden Tag das Gleiche, sagte Vyborg sich missmutig. Den
Morgen bringt er damit zu, Betriebsamkeit vorzutäuschen,
und dann macht er den ganzen Nachmittag blau. Ich sitze hier
vor einem Berg Arbeit, und er macht sich nachmittags einen
schönen Lenz. Er ist der zweite Mann in der Abteilung und
arbeitet nur halbtags ‒ wenn's hoch kommt.
Mach dich nicht verrückt, ermahnte Vyborg sich. Mach dich
locker. Es wird Zeit, diesen inkompetenten, faulen Hund
gegen den Direktor auszuspielen. Mit ein bisschen Glück
bringe ich sie beide zu Fall.
Romero trat auf den Gang hinaus und schloss die Bürotür
hinter sich. Als er sich umdrehte, sah er, dass Vyborg ihn
beobachtete.
»Buenos tardes «, sagte er mit einem Lächeln und
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