Saturn
Unregelmäßigkeiten in dieser
Abteilung bemerken, informieren Sie mich sofort darüber.
Pronto. Don Diego ist aber ein Sonderfall. Lassen Sie ihn in
Ruhe.«
Vyborg erkannte, dass er verloren hatte. Er nickte und erhob
sich vom Stuhl. »Ich verstehe. Es tut mir Leid, Sie belästigt zu
haben.«
»Sie haben mich nicht belästigt«, sagte Berkowitz großmütig.
»Meine Bürotür steht Ihnen immer offen, Sammi.«
Vyborg schaute sich im Büro des Direktors um. Es war viel
größer als seins. Es hatte sogar ein Fenster, das auf den Park
und den dahinter liegenden schimmernden See hinausging.
Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und ging hinaus; ich
werde sie beide irgendwie loswerden müssen, sagte er sich.
Als er sich wieder in seinem Büro befand, hatte Vyborgs
Laune sich wieder beträchtlich gebessert. Berkowitz wollte
Don Diego erlauben, häretisches Gedankengut zu verbreiten,
sagte er sich. Dadurch wird Berkowitz genauso schuldig wie
der alte Mann selbst. Vielleicht kann ich beide mit einem
Streich erledigen.
Doch als er sich wieder an den Schreibtisch setzte, trübte
seine Stimmung sich erneut ein. Das heißt, dass ich warten
muss, bis wir den Saturn erreicht haben. Das dauert mir aber
zu lang. Ich kann nicht monatelang oder gar über ein Jahr
warten. Ich muss sie sofort loswerden.
318 Tage nach dem Start
Als Holly am nächsten Morgen in ihr Büro kam, hatte sie
bereits eine Nachricht auf dem Computerbildschirm:
KOMMEN SIE SOFORT ZU MIR. MORGENTHAU.
Holly grämte sich noch immer, Ruth Morgenthau an Eberlys
Schreibtisch sitzen zu sehen. Obwohl es nun schon fast zwei
Monate her war, seit Eberly das Büro verlassen hatte,
erwartete Holly noch immer, Malcolm dort zu sehen. Als sie
die Tür zum Büro des Direktors öffnete, saß allerdings
Morgenthau hinterm Schreibtisch. Ihr teigiges Gesicht war
düster und ausdruckslos.
»Wo waren Sie gestern Nachmittag?«, fragte Morgenthau
barsch, bevor Holly sich noch zu setzen vermochte.
Holly versteifte sich. »Ich habe mir den Nachmittag frei
genommen. Ich habe die Arbeit abends zu Hause erledigt.«
»Waren Sie krank?«, fragte Morgenthau.
Holly sagte sich, dass sie mit einer simplen Lüge diese
Unterhaltung zu beenden vermochte. »Nein«, erwiderte sie
stattdessen. »Ich… ich musste einfach mal für eine Weile aus
dem Büro 'raus; das ist alles.«
»Finden Sie, dass Sie zu hart arbeiten?«
»Mir gefällt meine Arbeit.«
Morgenthau trommelte mit ihren Wurstfingern auf der
Schreibtischplatte herum. Trotz der verabredeten
Kleiderordnung prangten Diamantringe an den Fingern der
Frau, und ihr Gewand leuchtete in allen Farben des
Regenbogens. Holly bemerkte, dass der Schreibtisch mit
Papieren übersät war. Malcolm indes war immer sehr auf
Ordnung bedacht gewesen.
»Bitte setzen Sie sich doch, Holly«, sagte Morgenthau.
Holly nahm einen der Stühle vorm Schreibtisch. Ärger
keimte in ihr auf. Ich habe das Recht, einen Nachmittag frei zu
nehmen, wenn ich das will, sagte sie sich. Ich leite schließlich
dieses verdammte Büro. Ich mache die ganze Arbeit. Ich kann
gehen und ein wenig Spaß haben, wenn ich will. Aber sie
sagte nichts und setzte sich brav hin.
Morgenthau schaute sie für eine Weile an und sagte dann:
»Sie wissen, und ich weiß, dass eigentlich Sie dieses Büro
leiten. Ich bin nur eine Galionsfigur für Malcolm, während Sie
die eigentliche Arbeit tun.«
Holly hätte ihr fast von ganzem Herzen beigepflichtet, hielt
aber an sich.
»Ich habe aber nichts gegen dieses Arrangement«, fuhr
Morgenthau fort. »Ich finde es sogar recht befriedigend.«
Holly nickte skeptisch und rechnete mit noch Schlimmerem.
»Aber«, sagte Morgenthau, »Sie müssen mich nicht mit der
Nase darauf stoßen. Sie müssen mir zumindest nach außen hin
den Respekt für meine Position erweisen.«
»Aber das tue ich doch!«
»Gestern haben Sie es jedenfalls nicht getan. Es steht Ihnen
nicht zu, sich den Nachmittag frei zu nehmen, ohne mir
vorher Bescheid zu sagen. Im Grunde müssten Sie mich sogar
um Erlaubnis fragen, aber ich will mal nicht gar so kleinlich
sein. Aber wie sieht das denn aus, wenn jemand wie Professor
Wilmot eine Auskunft von mir haben möchte und ich ihm
sage, meine Assistentin wird die Information beschaffen, aber
meine Assistentin ist überhaupt nicht an ihrem Schreibtisch?
Sie ist nicht einmal im Büro? Und ich weiß auch nicht, wo sie
ist?«
»Sie hätten mich doch anrufen können. Ich habe
Weitere Kostenlose Bücher