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Saturn

Saturn

Titel: Saturn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova
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wurde.«
    »Gelöst?«, fragte Vyborg. »Wie denn?«
    Eberly lächelte im Bewusstsein des größeren Wissens und
    sagte: »Vor über hundert Jahren war Russland Teil eines
    staatlichen Gebildes, das als die Union sozialistischer
    Sowjetrepubliken bezeichnet wurde.«
    »Das weiß ich auch«, sagte Vyborg säuerlich.
    »Sowjetrussland hatte eine Verfassung, die die liberalste auf
    der ganzen Welt war. Sie garantierte jedem Bürger Freiheit
    und Gleichheit. Und doch war die Regierung eine der
    repressivsten weltweit.«
    »Wie haben sie das denn hingekriegt?«, fragte Jaan-sen
    interessiert.
    »Das war ganz einfach«, erwiderte Eberly. »Inmitten all
    dieser hehren Verfassungsgrundsätze von wegen Freiheit,
    Gleichheit und Brüderlichkeit aller Menschen gab es nämlich
    eine klitzekleine Klausel, die besagte, dass die Verfassung im
    Falle eines Notstands zeitweilig außer Kraft gesetzt werden
    könne.«
    »Ein Notstand«, sinnierte Kananga.
    »Zeitweilig«, sagte Vyborg.
    Eberly nickte. »Es hat auch ganz gut funktioniert. Die
    Sowjetunion befand sich in einem dauernden
    Belagerungszustand, und die Regierung herrschte durch
    Schrecken und Desinformation. Es funktionierte beinahe für
    ein dreiviertel Jahrhundert, bis die Sowjetregierung unter dem
    Druck der westlichen Welt, insbesondere der alten Vereinigten
    Staaten zusammenbrach.«
    »Nur dass wir keinen äußeren Feind haben, auf den wir uns
    berufen könnten«, sagte Vyborg.
    Eberly breitete die Hände aus. »Dann geben wir den Leuten
    eben die beste, gütigste und freiheitlichste Verfassung, die sie
    je gesehen haben. Aber wir werden dafür sorgen, dass diese
    Notstands-Klausel eingebaut wird.«
    Morgenthau lachte herzhaft. »Und wenn die Verfassung
    dann in Kraft ist, müssen wir nur noch einen Notstand
    ausfindig machen.«
    »Oder einen konstruieren«, ergänzte Vyborg.
    Nun lächelte sogar Jaansen. »Und wenn jemand
    protestiert…«
    »Stecken wir ihm eine neuronale Sonde ins Gehirn«, sagte
    Morgenthau, »und verwandeln ihn in einen Muster-Bürger.«
    »Ein Modell-Zombie«, murmelte Jaansen.
    »Oder noch besser«, sagte Kananga grinsend, »wir
    schmeißen ihn aus der Luftschleuse.«
    Drei Tage vor dem Jupiter-Swingby
    Eberly beauftragte Jaansen, sein Apartment mindestens einmal
    die Woche auf Wanzen zu überprüfen.
    »Meinen Sie wirklich, dass Wilmot Ihnen nachspioniert?«,
    fragte der große, blasse Norweger, während er mit einem
    elektronischen Detektor in der Hand durchs Schlafzimmer
    ging.
    »Ich würde das jedenfalls tun, wenn ich an seiner Stelle
    wäre«, sagte Eberly.
    »Haben Sie sein Büro denn verwanzt?«, fragte Jaansen mit
    einem Lächeln.
    »Natürlich.«
    »In drei Tagen fliegen wir am Jupiter vorbei«, sagte Jaansen.
    »Das ist ein Meilenstein.«
    Eberly pflichtete ihm mit einem knappen Kopfnicken bei.
    »Ich interessiere mich aber mehr dafür, was innerhalb als
    außerhalb des Habitats geschieht.«
    »Wir werden neuen Brennstoff bunkern«, sagte Jaansen,
    ganz der Ingenieur. »Ohne ihn werden wir den Saturn nicht
    erreichen.«
    »Ich habe andere Dinge im Kopf. Wichtigere Dinge.«
    »Zum Beispiel?«
    »Die bevorstehenden Wahlen.«
    »Sie sind sauber«, verkündete Jaansen und schaltete den
    Detektor aus. »Keine Kameras, keine Mikrofone und kein
    Spannungsabfall bis hinunter in den Mikrovolt-Bereich. Hier
    ist nichts, was nicht hierher gehört.«
    »Gut.« Eberly begleitete ihn ins Wohnzimmer zurück und
    bedeutete ihm, auf dem Sofa Platz zu nehmen.
    »Früher oder später müssen wir die Leute dazu bringen,
    über eine neue Verfassung und neue Anführer abzustimmen«,
    sagte Eberly und setzte sich in den Sessel.
    Jaansen nickte, steckte den Detektor in die Tasche und zog
    den unvermeidlichen Palmtop aus einer anderen.
    »Ich mache mir Gedanken über die Wahlen«, sagte Eberly.
    »Bis dahin ist es noch eine lange Zeit.«
    »Aber nicht einmal mehr ein Jahr. Wir müssen uns schon
    darauf vorbereiten.«
    Jaansen nickte und spielte mit dem Palmtop herum.
    »Die Wissenschaftler werden für jemanden aus ihren Reihen
    stimmen, wahrscheinlich für Urbain.«
    Wieder ein Kopfnicken von Jaansen.
    »Sie stellen einen großen Stimmenblock dar.«
    »Aber keine Mehrheit.«
    »An sich nicht«, sagte Eberly. »Aber angenommen, die
    Ingenieure und Techniker stimmen genauso ab wie sie.«
    Erkenntnis dämmerte in Jaansens Gesicht. »Das wäre dann
    freilich eine Mehrheit. Sogar eine große Mehrheit.«
    »Deshalb müssen wir irgendwie einen Keil zwischen

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