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Satzfetzen: Kriminalroman: Ein Zürich-Krimi

Satzfetzen: Kriminalroman: Ein Zürich-Krimi

Titel: Satzfetzen: Kriminalroman: Ein Zürich-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Morf
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an diesem Morgen auf dem Sofa aufgewacht war, noch in den Kleidern, leicht verkatert, nach ein paar Stunden dünnen Schlafs, war sofort der gestrige Abend vor ihm erschienen. Mist, hatte er gedacht, ich habe Mist gebaut. Eigentlich hatte er es schon gewusst, als er Anikó ins Hotelzimmer gefolgt war. Wie konnte er bloß? Er hatte sich danach ziemlich schnell davongemacht, hatte ein Taxi genommen und daheim eine Weile auf dem Sofa gelegen, bevor er in einen Schlaf fiel, der von wirren Träumen gestört wurde. Am Morgen hatte er seine Wohnung in Ordnung gebracht, wenigstens das, wenn schon sein Inneres ein großes Durcheinander war. Er hatte sein Bett frisch bezogen, staubgesaugt, die Toilette gescheuert, die leeren Bierflaschen zum Entsorgen bereitgestellt. Dazu hatte er laute Musik gehört, Rock. Er wollte nicht nachdenken, aber der gestrige Abend war ihm in quälender Eindringlichkeit durch den Kopf gegangen, Bilder, Gedanken, seine ihm jetzt unverständliche Stimmung. Dann war er am Bahnhof einkaufen gegangen, Valerie würde ja zu ihm zum Essen kommen. Automatisch hatte er nochmals das Gleiche gekauft wie am Tag zuvor. Lammkoteletten, Dörrbohnen, Kartoffeln. Er hoffte, dass der Bettler, dem er seine gestrigen Einkäufe in die Hand gedrückt hatte, irgendwo über eine Kochgelegenheit verfügte. Nach dem Einkaufen war er einen Kaffee trinken gegangen, er hatte es nicht über sich gebracht, nach Hause zu gehen und dort alles für Valerie vorzubereiten, die gegen 18 Uhr kommen würde, schön und heiter, ausgeruht, mit Vorfreude auf einen gemeinsamen Abend. Sie war ja gestern mit Stucki aus gewesen, aber das, was ihn gestern so geplagt hatte, schien ihm jetzt ganz bedeutungslos. Er war scheinbar ziellos durch die Stadt gegangen, in der Hand die schwerer und schwerer werdende Einkaufstüte. Als es gegen 16.30 Uhr war, fand er sich in der Nähe von Valeries Wohnung und hatte geklingelt.
     
    »Ich möchte es dir erklären«, bat er, »wirklich. Aber ich kann es nicht, wenn du so in Aufruhr bist.« Hastig fügte er hinzu: »Natürlich hast du Grund, wütend zu sein.«
    Er brach ab und registrierte dankbar, dass sie nicht wieder ausrastete. Sie schaute ihn nicht an.
    »Ich war so komisch drauf gestern«, sagte er. »So enttäuscht, dass du schon etwas vorhattest. Dass du mit Lorenz ausgingst. Ich war, ich weiß, es ist dumm, ich war eifersüchtig. Ich dachte, dass ihr vielleicht wieder miteinander …«
    »So ein hirnverbrannter Blödsinn«, schrie Valerie. »Nichts war, gar nichts. Wir haben nur miteinander gegessen. Und was heißt das überhaupt? Wolltest du dich rächen, quasi vorbeugend? Spinnst du eigentlich?«
    »Nein, natürlich nicht. Ich habe mich einfach treiben lassen. Ich habe zu viel getrunken. In der letzten Zeit war ich nicht sicher, ob du mich noch liebst.«
    Alles klang so dumm, was er sagte.
    »Habe ich dir dafür einen Grund gegeben? Nicht, dass ich wüsste. Ich war glücklich. Ich dachte, wir seien beide glücklich.«
    »Bin ich doch auch. Mir ist selbst nicht klar, was mit mir los war.«
    Plötzlich schlug sie die Hände vors Gesicht und begann zu weinen. Beat wurde wind und weh. Sollte er versuchen, sie in den Arm zu nehmen, oder würde sie ihn zurückstoßen? Während er noch überlegte, klingelte sein Handy. Er verfluchte den Erfinder der drahtlosen Kommunikation. Ignorieren konnte er das Gedudel nicht und um das Ding abzustellen, musste er einen Blick aufs Display werfen. Das Kommissariat. Scheiße. Er musste sich melden.
    »Ja?«
    Er hörte eine halbe Minute zu. »Okay. Ich komme.«
    Valerie hatte sich umgedreht. Ihre Augen waren gerötet, die Wangen nass, ihr Blick nicht mehr so wild.
    »Valerie, es war das Kommissariat. Fritz Legler ist wieder aufgetaucht. Ich muss hin. Es tut mir leid. Alles.«
    »Es ist egal«, sagte sie müde, »ich will jetzt sowieso allein sein.«
    »Ich ruf dich an, sobald es geht«, versicherte Beat. Er zögerte, legte dann einen Moment seine Hand an ihre Wange. Sie ließ es geschehen. Er griff nach der Einkaufstüte und seinem Mantel und ging. Die Szene ging ihm durch den Kopf, als sie sich vor vier Jahren wiederbegegnet waren, nachdem sie jahrelang keinen Kontakt gehabt hatten. Damals, als im FahrGut ein toter Mann gelegen hatte. Keine romantische Wiederbegegnung, aber der Anfang ihrer Beziehung. Hatte er jetzt wirklich alles kaputtgemacht, wie sie ihm vorgeworfen hatte? Was war er nur für ein Trottel. Anikó hatte er nie betrogen, Liliane, die Frau, mit der er ein

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