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Satzfetzen: Kriminalroman: Ein Zürich-Krimi

Satzfetzen: Kriminalroman: Ein Zürich-Krimi

Titel: Satzfetzen: Kriminalroman: Ein Zürich-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Morf
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hinauf. »Ja, schon gut, Bäri, komm.« Der Hund zog sich zurück.
    Streiff fragte nach Leglers Chalet. Der Bauer reagierte misstrauisch. »Sind Sie von der Zeitung?«
    Streiff zeigte seinen Dienstausweis. Der Bauer stellte sich vor, »Danioth«, und wies ihm den Weg. Er wollte sich schon abwenden, aber die Neugier siegte. »Ist es wahr, dass Legler seine Frau getötet hat?«
    »Das wissen wir noch nicht«, sagte Streiff. »Haben Sie das Ehepaar Legler gekannt?«
    »Ja, sie waren seit Jahren regelmäßig hier. Haben ab und zu Milch oder Käse bei uns gekauft. Oder Eier.«
    »Haben sie sich gut verstanden?«
    »Ich denke schon. Streit hat man nie gehört. Sie waren beide sehr sportlich. Machten Wanderungen und Mountainbiketouren. Nur den Garten hielten sie nicht so gut im Schuss. Ich bin ihnen jeweils das Gras mähen gegangen. An Blumen hatten sie kein Interesse. Der Nachbar hat sich manchmal aufgeregt, bei dem ist alles perfekt. Ein Rasen wie auf einem Golfplatz. Rabatten, Ziersträucher. Eigentlich passt das gar nicht hier herauf. Daneben dann die Leglers mit dem Haselstrauch, den sie nie schnitten, und dem verunkrauteten Rasen. Aber die waren eben lieber unterwegs, wenn sie hier waren, als dass sie im Gärtchen herumgewerkelt hätten.«
    »Hatten sie auch manchmal Besuch?«
    »Nein, sie waren immer für sich. Wenn sie sonntags da waren, kamen sie in die Kirche, mit den Leuten von hier hatten sie schon Kontakt.«
    »Ist Ihnen vielleicht aufgefallen, dass sie in den letzten Monaten weniger häufig herkamen? Oder dass sie einzeln kamen oder mit jemand anderem?«
    Danioth war nichts dergleichen aufgefallen.
    »Haben Sie Herrn Legler letzte Woche gesehen?«
    »Ja, er ist am Mittwochabend gekommen. Später haben wir dann in den Fernsehnachrichten gehört, dass seine Frau ermordet worden ist. Ich dachte noch, ob er sich hier vor der Polizei versteckt. Aber das geht mich ja nichts an. Vielleicht ist er auch hergekommen, weil er seine Ruhe wollte vor den Zeitungsleuten. Wenn es ein anderer getan hat, ist der Legler natürlich ein armer Kerl.«
    »Haben Sie letzte Woche mit ihm geredet?«, wollte Streiff wissen. »Was für einen Eindruck hatten Sie von ihm?«
    »Nein, ich habe ihn nur von Weitem gesehen. Und gehört. Nachts. Jedenfalls glaube ich, dass er es war.«
    »Nachts?«
    »Ja, Bäri hat angeschlagen in einer Nacht. Zweimal. Das tut er nur, wenn jemand vorbeigeht. Und jetzt, im November, ist ja niemand oben außer den Küchlers und die liegen nachts im Bett. Die ganzen Häuschen stehen leer, jedenfalls unter der Woche. Das muss Legler gewesen sein.«
    »Haben Sie ihn gesehen?«
    »Nein, ich habe nicht nachgeschaut. Habe mich nur gefragt, ob die Trauer ihn nicht schlafen lässt. Oder ob das schlechte Gewissen ihn umtreibt.«
    »In welcher Nacht war das denn?«
    Der Mann zuckte die Schultern. »Weiß ich nicht mehr.«
    »Haben Sie mitbekommen, was Herr Legler tagsüber getan hat?«
    »Mit dem Velo habe ich ihn nie gesehen. Er ist jeweils frühmorgens zur Hüenderegg hinaufgegangen und im Laufe des Vormittags zurückgekommen. Dann hat er manchmal draußen gesessen. Abends hatte er Licht. Mehr weiß ich nicht, es hat mich auch nicht gekümmert.«
    Streiff verabschiedete sich und ging weiter den Weg hinauf. Hinter sich hörte er Reifengeräusche und ein Keuchen. Zwei Mountainbiker zogen an ihm vorüber, beide trugen enge Sportdresse, schmale Schuhe, Helm auf dem Kopf. Ein Mann und eine Frau mittleren Alters, er in Grün, sie in Violett. So waren vielleicht auch Leglers jeweils unterwegs gewesen, dachte Streiff. Allzu schlecht konnten sie sich nicht verstanden haben. Offenbar hatten sie gemeinsam viel Freizeit hier oben verbracht. Auch noch, als Angela Legler bereits ein Verhältnis mit Mario Bianchera gehabt hatte? Hatten sie überhaupt Freunde gehabt? Pfarrer Legler hatte natürlich seine Anhängerschaft in der Kirche. Angela Legler hatte als Politikerin einen großen Bekanntenkreis. Aber Freunde? Offenbar hatten sie im Ferienhaus keine Gäste gehabt. Waren sie ein Paar gewesen, das zusammengehalten wurde von der Tatsache, dass sie ohne einander sehr einsam gewesen wären? Hatte die Frau mit Mario Bianchera aus dieser Isolation auszubrechen versucht? War das für den Mann bedrohlich gewesen, abgesehen von der Demütigung? Paare, dachte Streiff, sind etwas Seltsames. Man weiß nicht, was im Inneren einer solchen Konstellation vor sich geht. Man bekommt vielleicht mit, ob sie sich streiten oder Händchen halten oder mit

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