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Sau tot

Sau tot

Titel: Sau tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Heinrichs
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haben will. Das sagte ich doch schon.«
    »Aber Sie können die Sache nicht verdrängen. So etwas rächt sich später, glauben Sie mir.«
    »Aha.«
    »Im Übrigen haben sich meine Theorien in Sachen Mordvarianten ein ums andere Mal als richtig erwiesen. Geben Sie’s doch zu!«
    »Na ja.«
    »Mehr oder weniger zumindest. In diesem Fall«, Gertrudis vertiefte sich noch einmal kurz in den Artikel, »in diesem Fall wurde das Opfer«, Gertrudis blickte entsetzt hoch, »mit einer Ladung Schrot ums Leben gebracht.«
    »So ist es.«
    »Schrot«, Gertrudis hatte schon wieder ihren Miss Marple-Blick drauf. »Bei Schrot handelt es sich um viele kleine Kügelchen, ein Meer von Geschossen. Das Ganze dürfte ziemlich unappetitlich ausgesehen haben.«
    »In der Tat.«
    »Wo hat es ihn getroffen?«
    »Im Bauch und – im Unterleib.«
    »Das ist interessant. Ich muß wohl nicht erklären, warum. Was war der Mann denn von Beruf?«
    »Er besaß ein Sägewerk«, antwortete ich resigniert Widerstand hatte bei Gertrudis sowieso keinen Zweck. »Sein Betrieb liegt in Wulfringhausen, gar nicht weit von dem Revier, wo wir ihn tot aufgefunden haben.«
    »Ein Sägewerk«, sagte die Sekretariatsnonne mehr zu sich selbst. Ich ahnte schon, welche Bilder sie vor Augen hatte. Kleinratzelnde Sägeblätter und wild geschwenkte Kettensägen. Hätte jemand Waltermann aus beruflichen Gründen ermordet, so Gertrudis’ Theorie, dann hätte er ihn in hundert Stücke geschnitzelt.
    »Schwester Gertrudis, darf ich Ihnen eine Frage stellen? Was wollten Sie mir ursprünglich sagen, eben, als ich am Kopierer stand? Sie sagten, Sie hätten gewußt, daß es wieder mich trifft. Was meinten Sie damit?«
    »Den Kopierer.« Schwester Gertrudis sah mich unschuldig an. »Papierstau. Ich höre das immer schon im Vorfeld. Die Maschine grunzt dann so komisch. Sehen Sie nur. In der Anzeige blinkt schon wieder alles wie wild.«
    Es stimmte. Sechzehn Blätter hatte das Monster kopiert den Rest wollte es einfach nicht ausspucken. Man kannte das schon. Unser Kopiergerät führte ein wundersames Eigenleben und entschied selbst wann es arbeiten wollte und wann nicht. »Ich werde ihm mal gut zureden«, sagte Schwester Gertrudis und machte tatkräftig einen Schritt auf das Ungetüm zu.
    »Leider kann ich Ihnen nicht zur Seite stehen«, brummelte ich, nahm meine Arbeitsblätter und ging zur Tür. »Ich muß dringend los. Müssen eben immer zwei zusammen aufs Blatt gucken.« Ich war schon fast hinaus, als Gertrudis’ Stimme mich noch einfing.
    »Waltermann«, sagte sie. »Haben wir nicht einen Schüler, der so heißt?«
    Eine hundertstel Sekunde später war ich wieder im Raum.
    »Einen Schüler?«, fragte ich irritiert. »Nicht daß ich wüßte.«
    »Ich kann mich natürlich täuschen«, murmelte Gertrudis hektisch, während sie zum Aktenschrank hastete und sich eine Kiste mit Karteikarten vornahm. »Aber eigentlich täusche ich mich selten, wenn es um Namen geht.« Eilig durchforstete Schwester Gertrudis die Karten. Dann verlangsamte sie das Tempo. »Volbert Vollmer. Wächter. Wagner. Waltermann. Da ist einer. Ich wußte es doch.« Sie zog die Karteikarte hektisch heraus. »Waltermann, Sebastian«, las sie stockend vor. »8d, das ist die Klasse von Frau Fischbach.«
    »Wo wohnt er?« Ernst ging ich zu Gertrudis hinüber.
    »In Henningloh, ich werd’ ja nicht mehr.«
    Mir fuhr ein Schreck in die Glieder.
    »Vater: Richard Waltermann. Das ist er!« Auch Gertrudis war das Entsetzen ins Gesicht geschrieben. »Der Junge hat seinen Vater verloren. Warum wissen wir das nicht?«
    »Woher?« gab ich zurück. »Wenn die Familie sich bislang nicht gemeldet hat! Die erste Stunde hat noch nicht begonnen, das heißt, Sebastians Freunde hatten noch keine Gelegenheit, davon zu erzählen. Ich nehme an, in einer Viertelstunde ist es wie ein Lauffeuer herum.«
    »Ich rufe im Lehrerzimmer an.« Gertrudis griff nach dem Hörer.
    Ich selbst ging wortlos aus dem Sekretariat hinaus. Mein Körper fühlte sich an wie gelähmt. Wenn ich mir auch bislang eingeredet hatte, ich hätte mit dem Mordfall emotional nichts zu tun. Jetzt war ein Schüler unserer Schule betroffen, da hatte sich alles deutlich geändert.

16
    Der nächtliche Einsatz am Haus von Vincents Schwiegereltern hatte ihm den Rest gegeben. Man mußte sich das mal vorstellen! Ommma Schnittler hatte mit einer Blumenvase einen Mörder in die Flucht geschlagen! Hörte sich an wie eine sauerländische Räuberpistole. War aber Ernst. Polizeialltag.

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