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Sau tot

Sau tot

Titel: Sau tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Heinrichs
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ihr erst heute kommt?« Marlene Oberstes Augen wurden zu Schlitzen. »Seit zwei Tagen ermitteln wir in einem Mordfall und gehen davon aus, daß es der Mörder war, der die Parole an den Hochsitz geschmiert hat. Durch eure Aussage ändern sich doch die Gegebenheiten von Grund auf.«
    Die Mädchen schwiegen und schauten zu Boden. »Wir haben das mit dem Mord gar nicht mitgekriegt«, verteidigte sich schließlich die Schüchterne. »Wir sind nämlich am Freitagabend zu einer Freundin nach Affeln gefahren und sind dort bis Sonntagabend geblieben. Das hatten uns unsere Eltern erlaubt.«
    »Wenn ich eher von dem Mord gewußt hätte -«, das motzige Mädchen wand sich, »– dann hätte ich heute Nacht natürlich auch nicht mehr die zweite Aktion durchgezogen. Sie wissen schon, da in Renkhausen.«
    »Das wart ihr also auch?« Die Hauptkommissarin kochte.
    »Nicht wir. Ich allein. Steffi hatte plötzlich Schiß.«
    »Gesa hat sich mit den Namen vertan«, erklärte die Schüchterne jetzt. »Sie wollte eigentlich zum Hegeringleiter und dort die Parole anschmieren. Ich hatte ihr gesagt, der hieße Schüttler, aber sie hat Schnittler verstanden. Deshalb ist sie zu dessen Haus aufgebrochen, um den neuen Spruch anzubringen.«
    Marlene Oberste sah inzwischen aus, als wolle sie sich baldmöglichst in die Psychiatrie einweisen lassen.
    »Heute Morgen hat mir meine Mutter von dem Mordfall erzählt. Und dann habe ich noch in der Zeitung gelesen, daß die Polizei denkt -«, das Rasta-Locken-Mädchen hob die Augenbrauen, »– na ja, daß da eben ein Zusammenhang besteht zwischen unserer Parole und diesem Mord. Und deshalb sind wir jetzt hier, um zu sagen, daß das gar nicht stimmt. Ich meine, da wird ja den Jagdgegnern unrecht getan.«
    »Ach!« Marlene Oberste verzog ironisch den Mund. Dann riß sie sich am Riemen. »Also noch mal zum Freitag. Wann wart ihr da im Wald, am Hochsitz?«
    »Am Nachmittag«, sagte das schüchterne Mädchen. »So gegen vier Uhr.«
    »Da machen andere Kinder Hausaufgaben«, rutschte es Christian heraus.
    »Kommen wir auf den Freitag zurück«, machte die Hauptkommissarin weiter. »Habt ihr im Wald irgend jemanden bemerkt?«
    »Was heißt bemerkt? Ja, da waren schon noch andere Leute.«
    »Wie meinst du das, da waren schon noch andere Leute?«
    »Ein Mann mit einem Hund, aber vor dem haben wir uns versteckt.«
    »Und dann noch einer mit einem Auto. Aber auch der hat uns bestimmt nicht gesehen. Der hatte es nämlich ziemlich eilig.«
    »Ein Auto. Was für eins?«
    »So ein grünes. Keine Ahnung. Irgend so ein Geländewagen. Die sehen ja bei Jägern alle ähnlich aus.«
    »Habt ihr erkannt, wer in dem Auto saß?«
    »Um Gottes willen, wir haben das Auto von Weitem den Waldweg rauffahren sehen, und dann sind wir direkt ins Gestrüpp. Wir dachten, das ist der Förster, und wenn der uns mit einem Farbeimer erwischt, dann sind wir geliefert.«
    »Ihr könnt keine weitere Aussage machen, über das Auto, das Kennzeichen, den Fahrer – oder die Fahrerin?«
    Die beiden Mädchen schüttelten wortlos den Kopf.
    »Dann noch etwas: Warum habt ihr euch gerade diesen besagten Hochsitz ausgesucht? War das Zufall oder hatte das irgendeinen Hintergrund?«
    Die Mädchen schwiegen verlegen. Dann meldete sich die Selbstbewußtere wieder zu Wort. »Na, wir wußten von der Jagd, die da am nächsten Tag stattfinden sollte. Und eigentlich wollten wir sämtliche Hochsitze in der Gegend bemalen. Nur als wir das Gefühl hatten, der Förster fahre da rum, da haben wir Schiß gekriegt und bis zum Sonntag gewartet.«
    »Aha.« Marlene Oberste knetete wieder ihre Lippe. Schien sie gerne zu machen.
    Max meldete sich zu Wort. »Woher wußtet ihr denn überhaupt von der Jagd? Ich meine, so etwas steht doch nicht in der Zeitung.«
    Wieder Schweigen. Dann versuchte es das schüchterne Mädchen. »Nun ja«, sie spielte an ihrer Jacke herum, »das hängt mit meinem Vater zusammen. Rudolf Kleinsorge. Der war nämlich mit auf der Jagd. Und deshalb -«
    Alle waren fassungslos. Das war die Tochter eines Jägers. Die Sache wurde immer verrückter.
    »Deshalb konntest du ihm nicht zu Hause sagen, was du davon hältst?« Marlene Oberste war richtig sauer. »Deshalb mußtest du durch den Wald rennen und Hochsitze beschmieren?«
    Die Mädchen schauten nach unten.
    Rudolf Kleinsorge. Der Name sagte Marlene Oberste etwas. Der Mann war beim Vernehmen der Jagdgesellschaft aufgefallen, weil er die ganze Zeit irgendwelche Verschwörungstheorien aufgestellt hatte.

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