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Sau tot

Sau tot

Titel: Sau tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Heinrichs
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dasselbe volle Haar wie sein Vater und auch die dichten Augenbrauen, die mir an der Leiche aufgefallen waren.
    »Ich habe ihn mit einer anderen Frau gesehen.« Mir stockte das Blut in den Adern. »In der Jagdhütte mit einer anderen Frau.« Und dann begann er zu weinen. Jetzt wußte ich, warum er gekommen war. Er war gekommen, um endlich, endlich zu weinen.
    Bestimmt eine halbe Stunde saßen wir da. Ich hatte meine Hand auf seine Schulter gelegt. Er schluchzte in den Ärmel seines Pullovers wie ein kleines Kind. Ich dachte an Paul und an Marie und daran, daß meine Kinder nie so etwas erleben sollten. Irgendwann hob Sebastian den Kopf und wischte sich über die Nase.
    »Ich muß jetzt nach Hause«, sagte er. »Meine Mutter macht sich bestimmt schon Sorgen.«
    »Wie du willst«, entgegnete ich. »Ich fahre dich zurück. Das ist kein Problem.«
    »Und dann wollte ich noch etwas fragen«, Sebastian zog sich seine Jacke zurecht. »Meinen Sie, ich fliege von der Schule?«
    »Von der Schule?« fragte ich. Ich begriff nicht so richtig.
    »Wegen der Jagdhütte, meine ich jetzt.«
    Dann endlich ging mir ein Licht auf.
    Und zwar ein ziemlich feuriges Licht.

36
    Auf der Fahrt erklärte Sebastian, warum. Um seine kleine Schwester Annika zu schonen. Und seine Mutter. Um das Bild zu verjagen, das in seinem Kopf herumgeisterte. Das war wohl der Hauptgrund. Er hatte die Hütte abgefackelt, um mit ihr dieses Bild zu verbrennen.
    »Alles wäre rausgekommen«, erklärte Sebastian mit Blick aus dem Seitenfenster.
    »Alles ist rausgekommen«, verbesserte ich ihn. »Die Polizei weiß, daß sich dein Vater mit einer Frau in der Hütte getroffen hat Sie hat dort Briefe gefunden. Und sie weiß von einem Auto, das bei diesen Treffen in der Nähe stand.« Ich schluckte, während ich das sagte. Immerhin war ich in die Sache ziemlich involviert. »Vermutlich wird der Name der Frau inzwischen bekannt geworden sein. Wahrscheinlich ist deine Mutter mit der Sache längst konfrontiert.«
    »Und Annika?«
    Ich sagte nichts. Sebastian starrte weiter aus dem Fenster.
    »Das ist immer so«, versuchte ich es irgendwann weiter. »Wenn ein Mord passiert, dann muß die Polizei jeden Stein umdrehen, um den Mörder zu finden. Und unter manchen Steinen sieht es eben nicht sehr appetitlich aus.«
    Ich wußte, daß meine Worte es nicht trafen. Sebastian war der Boden unter den Füßen weggezogen worden. Er wollte seine heile Welt zurück, wo er einen Vater hatte und eine Mutter, die eine Ehe führten, mit der man als Kind irgendwie leben konnte.
    Sebastian schwieg die meiste Zeit auf der Fahrt. Aber zumindest lotste er mich auf den letzten Kilometern. Als wir in die Waltermannsche Einfahrt einbogen, wagte ich es doch noch, eine Frage zu stellen.
    »Hast du die Frau gekannt, Sebastian?«
    Der Junge schaute mich nicht an. Er zögerte einen Augenblick.
    »Nein!« meinte er dann. Ich war mir nicht sicher, ob er wirklich die Wahrheit sagte.
    Waltermanns Haus war anders, als ich es mir vorgestellt hatte. Kein verkapptes Försterhaus, kein gemütliches Fachwerk, sondern ein moderner Bau, schätzungsweise aus den 90er Jahren, mit integrierter Doppelgarage. Das Ganze sah denkbar unbewohnt aus. Keine Dekoration in den Fenstern. Nichts, was den Eingangsbereich irgendwie schmückte. Alles wirkte überaus tot.
    Dann kam plötzlich ein Auto die Einfahrt hinauf. Eine grüne Limousine, darin ein älterer Mann mit Hut. »Oppa«, sagte Sebastian wie zur Erklärung.
    Ich nickte. Vom Oppa hatte ich schließlich schon gehört. »Sie brauchen nicht mitzukommen«, sagte Sebastian, als ich meinen Anschnallgurt löste.
    »Ich möchte aber gern.«
    Sebastian zögerte einen Moment lang unwillig. Dann öffnete er die Autotür und schälte sich hinaus. Sein Großvater hatte seinen Wagen nachlässig am Rand geparkt und stürmte herbei. »Sebastian!« rief er und nahm den Jungen in den Arm. Der ließ die Prozedur stumm über sich ergehen. Ich selbst ging schon mal zur Haustür hinüber. Sie öffnete sich, noch bevor ich geschellt hatte. Eine Frau, Mitte Vierzig, mit einer aufgelösten Dutt-Frisur und rot geweinten Augen fiel Sebastian um den Hals. Gleich dahinter stand ein Polizist in Uniform. Ich bemerkte, wie Sebastian durch die Umarmung hindurch zu ihm hinstarrte.
    »Sebastian, wir haben uns solche Sorgen gemacht.« Die Mutter ließ ihren Sohn gar nicht mehr los. »Wir haben die Polizei verständigt. Wir wußten ja nicht, wo du warst.«
    »Basti!« Jetzt drückte sich ein Mädchen an den

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