Sau tot
Ein ganzer Pulk, die alle auf Britta gewartet hatten. Bestimmt zwanzig Leute. Die Sektkorken knallten. Und Britta wurde umarmt und geküßt und ich stand da hinter einem Pfeiler mit einem dämlichen Blumenstrauß in der Hand und wußte: Die braucht mich gar nicht. Die will mich nicht. Da passe ich nicht rein.« Georg atmete einmal tief durch. »Und dann bin ich nach Hause gefahren und hab’ mich voll laufen lassen. Und glauben Sie mir, das habe ich nicht zum ersten Mal wegen Britta gemacht.«
Max und Ina schwiegen. Der Mann vor ihnen wirkte völlig am Ende.
»Wir werden das überprüfen«, sagte Ina schließlich. Dann standen die beiden auf und gingen nach draußen.
Georg Bruns bekam das gar nicht richtig mit. Er hatte mit sich zu tun. Und zwar sehr.
»Was machen wir jetzt?« fragte Ina vor der Tür.
»Wie sollen wir das überprüfen?« murmelte Max. »Er war in Göttingen, sagt er. Hat niemanden gesehen und niemand ihn. Bestenfalls kann er eine Tankquittung vorweisen.«
Gewohnheitsgemäß faßte er in die Tasche und bekam sein Handy zwischen die Finger.
»Verflixt das Handy war aus«, brummelte er. Er drückte es an und wartete. Ein Meldung wurde angezeigt. Eine Handynummer, die er nicht kannte.
»Moment mal. Ich höre nur eben die Mailbox ab.«
Vincents Nachricht war kurz. Aber sie reichte.
»Wir fahren nach Wulfringhausen«, rief er Ina zu. »Alles andere kommt später. Erst nach Wulfringhausen. Aber schnell.«
44
Vierzig Minuten hatten wir gebraucht, und Sebastian sagte nichts mehr. Er grübelte, und ich grübelte auch. Was sollte ich dem Jungen sagen? Daß alles ganz anders sein konnte? Daß alles nur auf Spekulationen beruhte?
»Ich hab’ ihn gesehen«, sagte er, als wir in die Einfahrt zum Sägewerk einbogen.
»Du hast wen gesehen?« Ich hielt den Wagen an.
»Oppa.«
»Wo hast du ihn gesehen?« Ich versuchte ruhig zu bleiben.
Sebastian starrte nach draußen. »Am Freitag. Im Auto. Als ich vom Sport kam.«
»Und wo war das?«
»Bockumer Weg. Er bog in die Hauptstraße ein.« Sebastian wandte sich mir zu. »Diesen Weg fährt man nicht, wenn man direkt von der Firma zur Schützenhalle will. Bockumer Weg, das ist da, wo wir gerade langgefahren sind.«
Ich atmete tief durch. Sebastian war Zeuge. Er war Zeuge gegen seinen eigenen Großvater.
»Michis Mutter hat mich mitgenommen. Michi ist mein Kumpel«, erklärte Sebastian halblaut. »Ich saß hintendrin. Aber ich habe Oppa ganz genau gesehen.«
»Mit dem Geländewagen?«
Sebastian nickte. »Und noch was ist mir aufgefallen. Der Wagen war schweinedreckig.«
Langsam fuhr ich den Wagen über das Betriebsgelände hinüber zum Parkplatz. Sebastian starrte wieder hinaus. Ich konnte ihn jetzt unmöglich allein nach Hause fahren lassen. Ich mußte etwas unternehmen. Max erreichen. Oder diese Oberste.
»Da ist er.« Sebastian riß mich aus meinen Gedanken heraus.
»Wo ist wer?« Das Auto. Jetzt sah ich es auch. Schauerte war hier, auf dem Gelände. Sebastian riß die Tür auf und war mit einem Satz draußen.
»Warte!«
Verflixt, ich war noch angeschnallt Hektisch zerrte ich an dem Gurt. Sebastian war schon ein paar Meter weg. Ich stürzte hinterher.
»Sebastian!« Der Junge wollte mich nicht hören.
Ich sprintete hinter ihm her über den Platz. Er lief auf das Bürogebäude zu. Dann kam ein weiteres Auto auf den Platz gefahren. Ein Auto, das ich kannte. Max. Hastig stieg er aus, genau wie seine Beifahrerin.
»Er will zu seinem Opa«, schrie ich den beiden zu, »beeilt euch! Das hat seinen Grund!«
Sebastian war inzwischen im Bürogebäude verschwunden. Max’ Kollegin war von uns als Erste an der Tür. Im Empfangsbüro saß der verpickelte Azubi und blickte uns mit großen Augen entgegen.
»Was ist denn jetzt?« stotterte er.
»Wo ist Schauertes Büro?« brüllte Max’ Kollegin ihn an.
»Linker Gang, letzte Tür«, kam es wie aus der Pistole geschossen. Die Polizistin war schon durch die Tür, Max auch.
»Aber ich glaube, er ist beim Chef, also bei Herrn Waltermann, also, da wo sonst Herr Waltermann -«
»Welche Tür ist das?« Nur ich kriegte die Infos noch mit. »Na, rechter Gang, dritte Tür, neben Frau Brinkschultes Büro.« Ich lief nach rechts. Max und Kollegin waren in den linken Gang gestürmt. Ich selbst zählte durch. Die dritte Tür rechts war angelehnt. Ich lauschte einen Moment Nichts zu hören. Max und Ina waren weit weg. Vorsichtig öffnete ich sie und trat leise ein.
Schauerte wühlte gerade einen Büroschrank durch.
Weitere Kostenlose Bücher