Saubande: Ein Schweinekrimi (German Edition)
Gestell vor den Augen. Es hatte nie den Eindruck gemacht, als hätten Munk und dieser Mann sich gut verstanden, wie Kim nun einfiel.
Deutlich rümpfte der Mann die Nase, während er sich dem Haus zuwandte, als würde hier irgendetwas streng riechen. Ihnen auf der Wiese hatte er noch nie mehr als einen kurzen, angewiderten Blick zugeworfen. Statt sofort zur Haustür zu gehen, hielt er auf das kleine, vordere Fenster zu, durch das man vom Hof aus in das Atelier blicken konnte, falls Munk nicht den Vorhang zugezogen hatte, wie er es meistens beim Arbeiten getan hatte. Der Mann schob sich die Brille in sein schwarzes, leicht lockiges Haar und blickte durch das kleine Fenster. Dann pochte er gegen das Glas, als müsse er herausfinden, ob es noch genauso fest war wie bei seinem letzten Besuch. Schließlich stolzierte er, die Sonnenbrille wieder auf der Nase, zur Haustür hinüber und zog aus seiner Anzugjacke einen Schlüssel hervor, der in der Sonne blinkte. Einen Moment später hielt er jedoch inne. Kim konnte sehen, dass er nachdachte, aber dieses Nachdenken hinterließ einen Schmerz auf seinem Gesicht, als sei er daran nicht mehr gewöhnt.
Mit einer hektischen ärgerlichen Bewegung holte er einen von diesen silbernen Apparaten hervor, in den er einen Moment später mit unangenehm lauter Stimme hineinsprach. »Schredder hier, der Galerist von Munk. Was soll das?«, fragte er. »Ich stehe hier bei Munk und will ins Haus, aber an der Tür klebt ein Siegel. Wollen Sie mir etwa sagen, dass ich auf Sie warten muss, Herr Kommissar?«
Kim rückte ein Stück näher an den Zaun heran. Der Mann verströmte Ärger – mächtig viel Ärger. Wie es bei Menschen oft passierte, traten ihm Wasserperlen auf die Stirn, die er sogleich mit einem weißen Tuch abtupfte.
Ein anderer Mann kam auf einem schwarzen Fahrrad heran. Merkwürdigerweise hatte er seine Zunge herausgestreckt, als würde er schlecht Luft bekommen. Er hatte weiße Haare und war ebenfalls ganz in Schwarz gekleidet. Nur lugte unter seiner Jacke kein weißes Hemd hervor.
Der erste Mann bemerkte den anderen nicht. Er lauschte einen kurzen Moment in seinen Apparat hinein, dann sagte er wütend: »Hören Sie, ich bin ein viel beschäftigter Mann, ich habe meine Zeit nicht gestohlen. Robert Munk hat mich befugt, im Falle seines Ablebens unverzüglich seine Bilder an mich zu nehmen. Wissen Sie eigentlich, dass hier Bilder von unschätzbarem Wert lagern? Ich wette, Ihre Leute haben nicht einmal die Alarmanlage richtig eingeschaltet.«
Der zweite Mann hielt genau am Zaun an. Er hatte seine Zunge wieder eingeholt und stieg vom Fahrrad. Die Haut in seinem Gesicht war ganz zart und rosig, als würde er sich meistens in dunklen Häusern aufhalten. Lächelnd blickte er Kim an, während er sein Fahrrad an den Zaun lehnte. »Na, mein Ferkelchen«, sagte er mit einer sanften, wohlklingenden Stimme. »Genießt du auch das schöne Wetter, das der Herrgott uns gesandt hat?«
Kim lächelte zurück. So freundlich hatte lange niemand mehr mit ihr gesprochen.
Immer noch lächelnd, streckte der Mann seine Hand vor. Ein süßlicher Geruch stieg ihr in den Rüssel. Er hielt ihr etwas hin – etwas Rundes, Gelbes.
Kim schob ihre Lippen vor und packte das runde Etwas vorsichtig. Es schmeckte wunderbar süß, aber bevor sie dem Geschmack nachsinnen konnte, hatte sie das winzige Ding schon geschluckt.
»Na, schmecken dir Bonbons?« Der freundliche Mann beugte sich vor und tätschelte ihren Rüssel. »Friss schön, damit du rund und fett wirst. Bald ist Pfarrfest – da brauchen wir schöne Koteletts für den Grill.«
Grill? Kim schnaubte entrüstet auf. Was sollte das bedeuten? Wütend begann sie in der kargen Erde zu scharren, allerdings nur kurz, denn mittlerweile hatte der erste Mann den zweiten bemerkt und schritt auf ihn zu.
Die beiden Männer gaben sich die Hand, wobei sie sich aufmerksam musterten.
»Alfons Schredder«, sagte der Mann mit der Sonnenbrille. »Ich bin der Galerist von Robert Munk. Traurige Geschichte, die hier passiert ist.«
Der andere Mann nickte. »Ja, überaus traurig, eine schreckliche Tragödie. Mein Name ist Altschneider – ich bin der Pfarrer aus dem Ort, Munks Beichtvater.«
»Robert hat gebeichtet?« Der Mann namens Schredder wich einen Schritt zurück, als wäre er entsetzt. »Was hat er denn gebeichtet?«
»Nun.« Altschneider rieb sich seine Hände, die beinahe genauso rosig waren wie sein Gesicht. »Sie werden verstehen, dass ich darüber nicht
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